„Beiträge zur Geschichte von Wünschendorf/Elster und seiner Umgebung“
von Oberlehrer Otto Fischer


Inhaltsverzeichnis:


"Der Dachshügel bei Großdraxdorf "

Da, wo die Eisenbahn Weida - Werdau aus dem Elstertale in das Fuchstal einbiegt, und der Fußweg von Wünschendorf nach Großdraxdorf den Fuchsbach und die Bahngleise überschreitet, erhebt sich auf dem rechten Ufer der Elster eine mit düsterem Nadelwald bestandene schmale Bergnase; sie ist das Ende der zwischen dem Elster- und Fuchstal sich ausbreitenden Hochebene, auf der das Dörfchen Großdraxdorf liegt. Der Abhang zum Elstertal ist außerordentlich steil auf breiten Geröllrutschen und in tiefen Rissen der spitzen, hausgiebelähnlichen Felswände fristen Kiefern ihr kümmerliches Dasein, Füchse und Dächse hausen in den Felsspalten, und der Uhu fand einst dort sichere Nistgelegenheit.
Ganz allgemein ist diese schroffe Bergwand, an der sich unten, dicht neben der Elster, der Fußsteig von Wünschendorf nach Berga hinwindet, unter dem Namen „Schloßberg“ bekannt; und die Ebene oben führt die Bezeichnung „Burgstatt“, denn der Sage nach stand hier oben eine Burg, die im Bauernkrieg oder schon durch Kaiser Heinrich I. zerstört worden sein soll. Als der Burgherr bei der Erstürmung seinen Tod gefunden hatte, und die Burg in Flammen aufging, entfloh die Burgfrau samt ihrer Tochter durch einen unterirdischen Gang aus der Burg nach dem nahen mit dichtem Buschwald bestandenen Auberg, schlich durch den Wald zum steilen Schloßberg und stürzte sich mit ihrem Kindevon einer jäh vorspringenden Felsplatte, die noch heute den Namen Weiberstein führt, hinab in die Elster.

Der Ort, auf dem die Burg gestanden haben soll, heißt auch noch Dachshügel und war einst mit dichtem Gebüsch bewachsen, welches aber von dem Besitzer des Grundstücks namens Bräunlich, ausgerottet wurde, um Felder anzulegen. Bei dieser Arbeit mußte viel Brandschutt, vermischt mit Schlacken und angebrannten Knochen, weggeräumt werden; wertvolle Dinge wurden nicht gefunden, doch vermuten ältere Leute von Großdraxdorf im Dachshügel unterirdische Gewölbe, mit Schätzen gefüllt, und an machen Stellen des Weges klingt es hohl und dumpf, wenn man bei trockenem Wetter darüber hingeht.
Als Bräunlich im Jahre 1847 auf diesen Feldern pflügte, fand er, nachdem schon einmal ein Pferd

Steinbeile vom Dachshügel
tief in den Boden eingesunken war, ein Drahtgewirr an seinem Ackerpflug, das ihn bei der Arbeit störte; unwillig entfernte er dasselbe und wollte es wegwerfen; da merkte er aber, daß der Draht fest sei, darum nahm er ihn mit nach Hause und gab ihn seinen Kindern, die damit einen alten Vogelbauer ausbesserten. Nach längerer Zeit hörte der als Altertumsforscher bekannte Lehrer Beltz aus Mosen von dem Funde; der Draht wurde untersucht und festgestellt, daß er aus reinem, geschlagenem Golde bestand und wahrscheinlich ein Teil eines mit schwächerem Golddraht schön verzierten Urnenschmuckes gewesen sein mag. Der altertumsforschende Verein zu Reichenfels erwarb die Drahtreste für 25 Mark und fügte sie seinen Sammlungen ein. Als bekannt wurde, dass früher schon auf dem Dachshügel seltsam geformte Steine gefunden worden seien, in denen man Steinbeile und Steinhämmer erkannte, die auch in den Besitz des genannten Vereins übergingen, entschloß sich derselbe, auf dem Dachsfelde planmäßige Ausgrabungen vornehmen zu lassen. Im Herbst 1854 wurde mit der Arbeit begonnen; schon in geringer Tiefe stieß man auf Unmengen zerstreut liegender Scherben mit und ohne Glasur, von verschiedener Art, Farbe und Form, auf große Schlacken- und Aschelager, vermischt mit Knochenresten und Scherben; auch fand man eine Sandsteinplatte und einen feinen Reibestein, offenbar eine Handmühle. An einer anderen Stelle erschien eine ungefähr einen Meter dicke Schicht gebrannter Lehmstücke, von denen etliche noch die Abdrücke der Finger und Stückhölzer zeigten, ferner fand sich eine Menge Holzkohlen auf weißer Tenne ruhend; der Grundstücksbesitzer soll gegen neunzig Scheffel davon abgefahren und verbraucht haben.Endlich entdeckte man auch noch einen länglichen, ungefähr fünf Meter langen und halb so breiten Hügel, in dem man ein aus beinahe zweihundert einzelnen kleinen Abteilungen bestehendes Grab erkannt. Jedes einzelne von Steinplatten begrenzte Kämmerchen enthielt wohl vier Hände voll verbrannte Knochenreste; nur in einer Zelle stand eine zusammengedrückte, mit Asche gefüllte Urne. Grundmauern wurden nirgends gefunden. Alle diese prähistorischen Funde, die hier im Boden aufbewahrt lagen, lassen mit ziemlicher Sicherheit den Schluß zu, daß den Dachshügel wohl nie ein Schloß oder eine feste Ritterburg geziert hat, sondern daß er vielmehr im Laufe der Zeiten des grauen Altertums nach oder neben einander mancherlei Zwecken gedient haben mag. Vielleicht war er zu irgend einer Zeit einmal ein geheiligter Ort mit heidnischen Heiligtümern; ob dieselben nun die Teufelskanzel, jener altersgraue, zackige, fünf Meter hohe, auf der vordersten Bergkante emporragende Felsblock trug, oder ein Ort, da man Tode verbrannte und ihre Asche aufbewahrte.
Der Brandschutt und die Lehmstück scheinen von einem bogenförmigen Schutzwall herzurühren, der sich vom steilen Abfall der Höhe zur Elster bis zum dichtbewaldeten Berghang der Weßnitz hinzog und die Burgstatt gegen die übrige Hoch-ebene nach Großdraxdorf zu abgrenzte und abschloß. Mit großer Wahrscheinlichkeit läßt sich daraus schließen, daß die Bergzunge einst ein Burgwall (Wallburg) gewesen sein mag, die als Zufluchtsort in Kriegszeiten diente. Die zirka 70 Gegenstände, die vom Dachshügel im Altertumsmuseum zu Reichenfels liegen, lassen erkennen, daß die Burgstatt wohl gegen 2000 Jahre von Menschen zu oben genannten Zwecken aufgesucht und benutzt worden ist. Der größte der sieben dort gefundenen Steinkeile ist eine Spanne lang und aus Kieselschiefer, während der kleinste aus rötlichem Schiefer gefertigt ist.

Teufelskanzel
Ein Steinkeil besteht aus Grünstein, ein anderer aus Grauwacke, er ist ungefähr 400 Gramm schwer. Alle Steinbeile sind beiderseits gut zugeschliffen, haben gerundete Ecken, sind aber nicht durchbohrt, stammen also aus der ältesten Steinzeit; nur 3 beinahe kreisrunde, roh gearbeitete Schieferscheiben sind durchlocht, und zwar ist die Bohrung mit Vollbohrer von beiden Seiten aus vorgenommen worden, so daß die Oeffnung beiderseits trichterförmig erscheint. Vielleicht waren diese Scheiben Amulette, vielleicht auch nur Kinderspielzeug, wie auch die gefundenen 4 Tonkugeln von 4 cm Durchmesser.
Aus der Bronzezeit sind bei den Ausgrabungen nur 3 Gegenstände gefunden worden: ein kreisrunder Schildbuckel (?), eine Lanzenspitze und ein kunstvoll gearbeiteter Bronzemeißel mit lappenartigen Ansätzen zum Einschieben des Stieles von ungefähr 12 cm Länge und 4 cm Breite, im Gewicht von 500 g. Durch Handel mag er in unsere Gegend gekommen sein. Ob die mancherlei Eisenfunde auf dem Dachshügel alle aus der ältesten Zeit stammen, erscheint recht zweifelhaft, gewiß mag ihr aber die 8 cm lange eiserne Pfeilspitze, ein kleiner Ring u.a. mehr angehören. Der im Querschnitt quadratische 78 cm lange Eisenspieß mit Tülle, die Schlüssel u. a. mögen aus einer viel späteren Zeit stammen, vielleicht lagen diese Dinge ursprünglich gar nicht am Fundorte, sondern sind erst dahin verschleppt oder dort verloren worden. Das gewaltige rötliche Aschelager, die vielen schwarzglasigen, durchlöcherten Schlacken und die Unmenge kleiner Scherben, die zum Teil aus schwarzer, feiner Tonmasse hergestellt sind und an der

Durchlochte Schieferscheibe, Schildbuckel aus Bronze, Bronzemeisel, Bronze-Lanzenspitze
Außenseite zuweilen viele halmähnliche Furchen haben, legen den Schluß nahe, dass die Burgstatt lange Zeit als Zufluchtsstätte gedient haben mag; die reichen Vorräte noch brauchbarer Holzkohlen aber sind ein Beweis dafür, daß man die Wallburg auch noch längere Zeit zu ähnlichen Zwecken zu benutzen gedachte. Wodurch der Plan vereitelt worden ist, läßt sich wohl nie feststellen. Die Namen Unter- und Oberhammer, dazu die großen Mengen Schlacken und Holzkohle lassen auch die Vermutung aufkommen, daß einst auf dem Dachshügel im tiefen Waldesdunkel eine verborgene Eisenschmelze gewesen sein kann.
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"Der Hüttchenberg bei Wünschendorf"

Unter den Festen unserer heidnischen Vorfahren scheint das Julfest das größte und heiligste gewesen zu sein. Wenn nach den kürzesten Tagen die Sonne sich anschickt, ihre Tagebogen weiter und höher zu spannen, zogen festlich gekleidete Herolde durchs Land und verkündigten den Julfrieden, der drei Wochen dauerte. Gewaltige Feuer wurden auf Höhen entzündet und verkündeten, weithin leuchtend, Friede und Festfreude. Am ersten Tage des Julfestes, so gebot es die heilige Pflicht, versammelten sich die Priester, um nach den misteltragenden Eichen, die schon während des Sommers ausgesucht worden waren, zu ziehen; ein Priester schnitt mit vergoldeter Sichel die Mistelzweige behutsam ab, legte sie in ein weißes Tuch, und im festlichen Zuge ging es zu den geweihten Stätten, die Altäre der Götter zu schmücken. Waren die Opfer dargebracht, so wurden die Mistelzweige in geweihtes Wasser getaucht, als Schutz- und Heilmittel unter das Volk verteilt und von diesen sorgsam verwahrt. Wie die Sage berichtet, war der Hüttchenberg am rechten Elsterufer oberhalb Wünschendorf eine Stätte, da man den Göttern diente und Mistelzweige zum Julfeste weihte. Das häufige Vorkommen von Misteln auf Obst- und Waldbäumen in der Nähe dieser Bergkuppe bei Cronschwitz und ganz besonders in Großdraxdorf, dessen älteste Bewohner die Mistel noch heilig hielten und sich scheuten, sie von Obstbäumen zu entfernen, scheint die alten Überlieferungen zu bestätigen. Könnten jene zwei uralten Eichen am felsigen Südrand des Hüttchenberges, die wohl die ältesten der ganzen Umgegend sind, reden, vielleicht würden sie die Worte der Sage „Schone sie (diese zwei Eichen), es sind die zwei letzten von den heiligen Bäumen“, bekräftigen.
Waren alle heiligen Pflichten an den geweihten Stätten erfüllt, so ergab man sich in den Dörfern der Freude. Durch die Dorfstraße wurde das Julrad, ein Sinnbild der wiederkehrenden Sonne, gewälzt, vor fast jedem Hause bei einbrechender Dunkelheit ein Holzstoß angezündet, im Hause wurden die Jullichter angebrannt, die Julkuchen, das Sonnenrad darstellend, die die Urform der Brezeln sein sollen, gebacken, und Rücken von Wildschweinen, die die freien Männer noch vor Verkündigung des Julfriedens erlegt hatten, am Spieße gebraten. Ebensowenig wie Wildschweinbraten durfte Met fehlen, den man in gewaltigen Hörnern während des Gelages den trinkfesten Männern reichte.
In einer Hütte war eine handfeste Keule aufgehängt, wer nun auf ein gutes Jahr das größte Trinkhorn leeren und sich auch öffentlich als herzhafter Trinker zeigen wollte, trat unter jene Keule; in dem Augenblick, in dem der Trinkende das Horn ansetzte, wurde die Keule in kreisende Bewegung versetzt; stand die Keule still, ehe das Trinkhorn geleert war, so wurde die Probe als Strafe noch einmal wiederholt.
Dieses Trinkspiel nannte man Juelkeule. In einigen Dörfern in der Nähe Neustadts soll nach Fritzsche, Geschichte des Orlagaues, dieses Spiel noch um 1840 unter dem Namen Kuhlbertspiel oder Julbier bekannt gewesen sein. Vor Beginn des Festes wurde eine Korngarbe auf einen Pfahl gespießt für die notleidenden Tiere des Feldes und Waldes und eine Schüssel Hafergrütze den Hausgeistern vorgesetzt, damit sie die Festfreude ja nicht durch einen schlimmen Streich störten. Um Mitternacht des ersten Festtages verstummten Freude und Lärm, der große eichene Tisch im Hause wurde gedeckt, die besten Speisen wurden aufgetragen und die Türen geöffnet, damit die Götter in der heiligen Stille der Festnacht herabstiegen und sich an irdischen Genüssen labten. Mädchen stellten zur Mitternacht mit Lichtlein versehene Nußschalen auf ein ruhiges Wasserbecken.
Kamen nun 2 solcher besonders gekennzeichneter Schifflein zusammen, so bedeutete ihr Zusammentreffen glückliche Heirat. Jähes Erlöschen eines Lichtleins zeigte nahen plötzlichen Tod seines Eigentümers an. Mit der aufgehenden Sonne eilten am anderen Morgen Mädchen klopfenden Herzens zum Brunnen, denn er vermag ihnen in dieser Stunde das Antlitz ihres Bräutigams zu zeigen, und alte Leute schritten um die Mitternacht des zweiten Festtages bedächtig an denselben Ort: auf Nußschalen gesetzte Lichtlein bringen sie herbei und legen sie zaghaft auf die ruhige Wasserfläche, wessen Flämmchen zuerst erlischt, ist unrettbar in diesem Jahre noch dem Tode verfallen.

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"Die Sorben "

Von den elf Gemeinden, die zur großen Kirchfahrt Veitsberg gehören, sind wohl sicher folgende sorbischen Ursprungs: Wünschendorf, Pösneck, Untitz, Meilitz, Zossen, Cronschwitz und Zschorta.
In der Bestätigungsurkunde des Klosters Mildenfurth vom Jahre 1209 steht: slavia villa Mildenvorde; mit ziemlicher Sicherheit läßt sich wohl annehmen, daß damit Wünschendorf das alte Wenschendorf, Wendischendorf, gemeint ist. Die Dorfanlage des alten Dorfes zeigt das sorbische Anger- oder Straßendorf. Untitz ursp. Uneticy = Siedelung der Familie Uneta. Die Dorfanlage zeigt den deutlichen Rundling.
Meilitz urspr. Milicz = Siedlung des Mil.
Zossen urspr. Czossen - Zcozcan, vielleicht von sosna = Fichte. (Der Wald südlich von Zossen führt den Namen Fichtig.)
Cronschwitz - Cronswitz - Chronswycz = Sippe des Chronisa, chrona - Schutz, Bewachung; Cronschwitz etwa Siedelung des Schützlings.
Großdraxdorf - Trachinsdorf - Drachansdorf, altd. Name Thragwin - Drahwin; goth. tragjan = laufen, anges. tragu = Lauf, Dorf des Dragwin.
Zschorta von asorb. Certawa und Cortawa = Bach im sumpfigen , schilfreichen und dabei waldreichen Gelände. (Fr. Pfeifer S. 132.)
Unsere Heimat scheint in der ältesten Zeit entweder außerordentlich schwach bevölkert gewesen zu sein, oder war durch die Völkerwanderung menschenarm geworden. In den Sorben, einem slawischen Volksstamm, erhielt sie neue Ansiedler, deren Vorhandensein zwischen Elbe und Saale um das Jahr 534 durch alte Urkunden bestätigt wird. Aus dem Saaltal schob sich dieses Volk durch das Elstertal und Orlatal gewiß ohne heftige Kämpfe gegen vorhandene dünne Bevölkerung herein in unseren Kreis und nahm das meist dicht bewaldete Land mit den einzelnen zerstreut liegenden Gehöften in Besitz. Wohl schon während des Zuges hielten sich die Männer einer Verwandschaft (Sippe) mit ihren Familienmitgliedern zusammen. Fand sich nun eine Ort, der zum Bleiben einlud, so einigte man sich und schritt zum Bau einer Ansiedlung, meist in der bekannten Hufeisenform etwas abseits von den öffentlichen Wegen. Die ursprüngliche Dorfanlage von Untitz, Pösneck und Zickra läßt noch deutlich den Rundling erkennen, dichtgedrängt stehen die Hausgiebel und Hoftore um den Dorfplatz, auf dem das Weidevieh leicht zusammengetrieben und bewacht werden konnte, denn er hatte nur einen engen Eingang bzw. Ausgang, der schnell und sicher zu versperren und gut zu verteidigen war. Ob der Rundling eine nationale Eigentümlichkeit der eingewanderten Wenden oder mehr eine Wirtschaftsform des praktischen Lebens erst seßhaft gewordener eingewanderter Fremdlinge ist, mag dahin gestellt sein. So entstand an der Quelle oder an den Ufern eines Bächleins oder in den fruchtbaren Flußniederungen so manches Dorf - Gebirge, dichte Wälder und Sumpfgegenden mieden sie, - das nach irgend einem ihm eigentümlichen Merkmale seinen Namen erhielt, z. B. Döhlen von dolu-dol = Loch, Tal; Debra von drevo = Baum; Göhren von gora = Berg; Lausnitz von luza = Sumpf; Zadelsdorf von zadel = Umzäunung, Gehege. Häufig erhielt der Ort seinen Namen zu Ehren eines besonders angesehenen Mannes der ganzen Sippe. Vielleicht bedeutet Untitz = Dorf des Uneta, Uno; Meilitz = Dorf des Mil. Nachkommen der Bewohner der zuerst gegründeten Ortschaften legten später neue Ansiedlungen an, die aber alle untereinander im stetem Verkehr blieben. Und so entstanden die Supanien, über die der Supan (zupan) gesetzt war. Mehrere Jahrhunderte wohnten die Sorben in ihrer neuen Heimat. Ungestört bearbeiteten sie mit dem Hakenpflug (radlo) ihre beinahe eben so langen als breiten Felder, doch wurde der Boden von demselben nur durchgewühlt, nicht umgebrochen. In das gelockerte Erdreich säten sie Getreide und schnitten es zur Zeit der Reife mit der Sichel. Die Körner wurden auf Mühlen, die wohl aus zwei durchlochten Mühlsteinen bestanden, zu grobem Mehl zerrieben. Mit Sorgfalt wurden auch Hülsenfrüchte, Rüben, Hopfen und Flachs auf den Feldern angebaut. Rinder, Schafe und Pferde grasten beinahe das ganze Jahr auf den Triften; drohte irgendwelche Gefahr, so wurden sie schnell auf den gemeinschaftlichen Viehhof, den Dorfplatz getrieben, dessen Ausgang man verrammelte. Welche bedeutende Rolle die Viehzucht im Leben der Sorben spielte, verrät uns der Rundling. Zu den von den Sorben gepflegten Tieren gehörten auch die Biene. Nach Prof. Hey, Döbeln, gab es bei ihnen vollständig geordnete Genossenschaften von Zeidlern und abgegrenzte Bienenheiden unter "Obhut eines Bienenrichters". Die Bearbeitung und Verwendung des Flachses war den Sorben wohlbekannt. 
Aus den feinen Fasern fertigten sie grobe Leinwand und aus der Wolle ihrer Schafe "geringes Wollenzeug"; feineres kaufte man von fränkischen Händlern, die von Zeit zu Zeit durch das Land durchzogen. Aus Ton formten sie mit Hilfe der Töpferscheibe Töpfe und Schüsseln mit kreisrunder Bodenfläche für den täglichen Gebrauch und Urnen und Schalen für die Stätten der Totenverbrennung. In der Bearbeitung der Metalle waren sie nicht unerfahren; Sicheln, Schafscheren, kleine Messer und andere Werkzeuge schmiedeten sie, auch Ringe und Spangen, doch waren "die neuen Ankömmlinge nicht Träger einer höheren Kultur"*). Jeder Slavengau hatte seine besonderen heiligen Stätten, eine solche scheint der Ort gewesen zu sein, auf dem die Veitskirche steht.
Ein viel genannter Gott der Slaven war Svantovit; er regiert die Welt, bestimmt das Schicksal der kämpfenden Krieger und spendet die Feldfrüchte. Man stellte ihn gern als riesenstarken Mann mit vier Gesichtern dar, damit er die Kämpfer und Ackerbauer in allen 4 Himmelsgegenden leiten könne. Seine Rechte hielt ein Trinkhorn, die Linke dagegen den Bogen. Am Tage des großen Erntefestes betrat ein Prister den heiligen Ort, da des Götzen Bild stand, um zuerst das Horn zu beschauen. War dieses noch mit Met gefüllt, so brachte das nächste Jahr eine reiche Ernte; je mehr fehlte, desto geringer wird der Ertrag der Felder im nächsten Jahr sein, und dem Volke wurde dann die Mahnung zuteil, die Frucht wohl zusammenzuhalten. Während der Prister das Horn mit frischem Met füllte, "mußte er dieweil den Odem an sich halten, um den Abgott mit seiner Luft nicht zu erzürnen." Der heiligste Ort der Sorben des ganzen Elstertales war der Hain Zuetibure bei Lützen; er stand noch am Ende des 10. Jahrhunderts unverletzt, wurde von Bischof Wigbert aus Merseburg zerstört 1008. Die sorbischen Götzenbilder standen zuweilen in überdachten hallenartigen Räumen, von denen ein slavischer Chronist folgende Schilderung hinterlassen hat: Wir kamen in einen Wald, dort haben wir unter den alten Bäumen die heiligen Eichen gesehen, die dem Gott Prowe gewidmet waren; um dieselben lief ein mit viel Fleiß gemachter Zaun, welcher zwei Tore hatte. Dieser Ort, ein Heiligtum des ganzen Hauses, hatte seine verordneten Priester, Feiertage und Opfergebräuche. Vier Säulen, mit Hörnern geopferter Tiere geschmückt, trugen das Dach des Tempels, und Decken von bunten Stoffen bildeten die Wände.
Der Eingang zum Heiligtum war außer den Priestern niemand erlaubt, doch fanden die, welche "in Todesgefährlichkeit" waren darin eine sichere Stätte**)...

*) Über die Erzeugnisse slavischer Handfertigtkeit urteilt Professor Dr. J. Deichmüller:
"Roh sind die Erzeugnisse slavischer Handfertigkeit; in ermüdender Einförmigkeit wiederholen sie sich an allen Orten, wo einst Slaven gewohnt haben, mangelhaft sind ihre Gerätschaften, zu deren Herstellung meist Knochen, Hirschhorn oder Holz gedient hat, selten findet man ein Gerät aus Eisen. Nur in keramischer Technik zeigt sich ein großer Fortschritt; die Anwendung der Drehscheibe bei der Herstellung der Gefäße" (Wuttke, S. 47.) Die von den Sorben gefertigten Tongefäße unterscheiden sich von denen der Stein- und Bronzezeit ganz auffällig. Meist haben sie die Form eines abgestumpften, umgekehrten Kegels, dessen Mantelfläche ein wenig bauchig erweitert ist, sind mit Wellenlinien oder engen Furchen verziert und hart gebrannt. Den niedrigen, umgelegten Rand trägt ein schmaler durch Einschnürung entstandener Hals.

**) Der Glaube an Corneborg, den bösen Gott, und an Belobog, den guten Gott, scheint im Sorbenvolk ursprünglich nicht vorhanden gewesen zu sein, wahrscheinlich entstanden beide Götter erst durch die Einführung des Christentums.

Wer einen Gast (host) unbewirtet entließ oder ihm die Herberge verweigerte, sollte aus der Gemeinde ausgestoßen werden. An Festtagen sang man fröhliche Lieder, und wo die Töne der Tarakawa (Hoboe ist verbesserte Tarakawa), der Husla (dreisaitige Geige) und des Dudelsacks erklangen, da sammelten sich die Tänzer und Tänzerinnen. Während in Kriegszeiten die sorbischen Männer sich willig selbstgewählten Führern unterordneten, so lebten sie in Friedenszeiten in "wilder Unabhängigkeit". Nur bei Versammlungen , zu denen sie durch einen mit Zeichen versehenen Stab (heja*) der durch Boten von Hütte zu Hütte getragen wurde, geladen wurden, hatte der Supan einen Ehrenplatz und das Recht der Zeitung. Die Sorben erhielten sich neben Friesen und Sachsen am längsten ihre Unabhängigkeit und Selbständigkeit.
Der Frankenkönig Childebert versuchte wohl zuerst, das Wendenland zu gewinnen. In großen Haufen ergossen sich seine Krieger über die Saale und kehrten mit Beute reich beladen, in ihre Heimat zurück. Mit diesem Einfall beginnt der langwierige fränkischflavische Krieg. Doch nachdem sich um 630 die Wenden mit dem Herzog Rudolf von Thüringen verbunden hatten, vermochten sie bis zur Zeit Karls des Großen ihre Selbständigkeit zu behaupten. Gegen dessen kriegsgeübte Scharen konnten sie jedoch nichts ausrichten, wurden um 789 von ihm vollständig geschlagen, mußten Abgaben geben, dem Frankenkönig Krieger stellen, mußten im eigenen Lande feste Häuser bauen, "in welchen Grafen hausten, die den Tribut empfingen und die Schritte der unterjochten Wenden sorgfältig überwachten, und mußten das Schriftentum predigen hören".
Um 806 schickte Karl der Große seinen Sohn gegen die Sorben und Wenden, so des Orts der Saale und Elbe wohnten und in voriger Zeit den Nachbarn allerlei Schäden zugefügt hatten. In einem Treffen wurde ihr König und Herrführer Miloduch nebst vielen seiner Krieger erschlagen, "andere mußten Christen werden, viele in das Elend ziehen"**. Ihre eigene Verfassung erhielten sie sich bis zum Jahre 843. Irregeleitet durch falsche Schlüsse, die aus der Teilung des Reiches im Jahr 843 zogen, griffen sie 848 abermals zu den Waffen und kämpften bis 851 gegen die Franken.
Allein der Herbst dieses Jahres brachte ihnen völliges Verderben. Ludwig trieb sie zurück, "und die Frucht ihrer Felder im Orla- und Weidagau wurde gänzlich vernichtet". Aber die Wenden trieb "angeerbte Pflicht" und nie verjährender Haß immer von neuem zum Krieg gegen die Franken für ihre alten Rechte und ihre Götter.

*Das obere Ende des Stabes bildete eine Hand, die einen Ring hielt. Der Stab soll in fünffacher Form gebräuchlich gewesen sein, als Hammer (klapatz), als Hammerkeule (hejka), als Haken (kokula), als Kegel (pupa), als Tafel (tafla). (Tetzner S. 301.)

** Wohl nach diesem Siege ließ Karl der Große den "limes sorabicus" (eine Reihe zusammenhängender Schanzen) im Saalgebiet erbauen und übergab ihn Gaugrafen zur Bewachung.

Nichts konnte Frieden bringen, als die Vernichtung des einen Stammes und dieses Schicksal traf die Sorben. Im Jahre 869 wurden sie mit Hilfe der Thüringer, Sachsen und Harzbewohner zweimal vollständig besiegt. Der Orla- und Weidagau wurde zu Thüringen geschlagen, die beiden starken Festen Slowitz, wohl Schleiz, und Weida wurden ihnen genommen, als Zwingburgen gegen sie benutzt, und Herzog Tachulf wurde zum Markgrafen der sorbischen Mark ernannt*.
Unter den letzten Karolingern gelang den Sorben wohl noch mancher glückliche Raub- und Kriegszug. Aber sie waren zu sehr entkräftet, ihre Reihen allzusehr gelichtet, um die alte Selbständigkeit wieder erlangen zu können, und endlich nach fast dreihundertjährigem Kampfe erlagen sie ganz und gar den Königen aus dem Geschlecht der Sachsen und verloren alles: ihr Land, ihre Sprache und ihren Glauben und wurden Leibeigene der deutschen Ansiedler.
Nach der völligen Besiegung und Niederwerfung des Sorbenvolkes fügten sich viele Edle aus sorbischem Geschlecht der neuen Herrschaft, wurden Lehnsleute und blieben im Besitz ihrer Güter. Einzelne Besitzungen wurden aber auch als Kronland eingezogen und treuergebenen deutschen Rittern und Heermännern verliehen, die sich im Sorbenlande ansiedelten. Zu dieser Zeit mögen manche Rittergüter entstanden sein**.

Die sorbischen Bauern mußten Abgaben entrichten, Frondienste leisten und wurden verachtet. "Ohne Verfügungs- und Erbrecht saßen sie nur auf Gnade des Herrn, der sie jederzeit von ihren Gütern entfernen konnte. Als Zubehör des Bodens wurden sie zugleich mit diesem vergabt." 1288 erschien das Gesetz des Weglosens oder Zurücklosens .
Von jedem ehrlichen Handwerk waren (ihre Kinder) sie ausgeschlossen und durften in keine Stadt verziehen. In einer Urkunde der Fleischhauerinnung zu Dresden heißt es von einem Gesellen, der das Fleischerhandwerk erlernen will: ".. das er von fromen erlichen Eldern auch rechter dutzscher Zunge und Art sy".
In einem Lehrbrief standen die Worte: "Der Lehrling sei aus gutem deutschen Blut und nicht wendischer Nation".

* Seine und seiner Nachfolger Regierung kennzeichnet ein alter Chronist mit folgenden Worten: Herzog Rudolf und Erzbischof Luitbert von Mainz zogen 874 über die Saale, verheerten das Sorbenland ganz, raubten und verbrannten alles, was das Schwert nicht fraß. Indem man ihnen das Irdische nahm, wollte man sie mit dem christlichen Himmel entschädigen; sie wurden eifrig in den christlichen Glaubenssätzen unterwiesen. Hauptsächlich wurden ihnen die Lehren von den Pflichten gegen ihre Zwingherren mit Knutenschrift zwischen die Schultern geschrieben." (Fritzsche, Orlagau) Ein Beispiel zur Bekehrung: Bischof Otto von Bamberg kam mit Priestern und Dienern, sieben Tage lang wurden die Leute gelehrt, auch mit Vorsagen und Nachsprechen von Gebeten, namentlich des Vaterunser und des Glaubensbekenntnisses. Nach einem Fasttage wurden sie getauft, nachdem sie die gelernten Stücke hergesagt hatten. Der Bischof taufte Jünglinge und Knaben, seine Priester Männer und Frauen. Wer ihre Sätze noch nicht wußte, wurde einstweilen noch nicht getauft.

** Im 9. Jahrhundert siedelte sich zu Endschütz ein Ritter an; er erhielt viel Land für treue Dienste.

Da, wo die sorbische Sprache nicht von selbst verschwand, wurde sie unterdrückt. Ein Befehl des Papstes verbot bei Strafe des Bannes die Abhaltung des Gottesdienstes in wendischer Sprache. In Leipzig, Zwickau und Altenburg war sie bei Todesstrafe verboten. Den Geistlichen in Preußen gebot Friedrich Wilhelm I. streng, wendische Brautleute nicht eher zu kopulieren, als bis sie ein deutsches Examen bestanden hätten.
Wendische Sprachreste: Kaule, Kien, Kumt, Quark, Plauze, Marunke, Rosinke, pomale, pietschen.
Nur eine einzige Klasse von Ortsnamen deutet mit Sicherheit auf slavische Gründung zurück. es sind dies die Bildung patronymischer Formen, die auf Geschlechts- oder Sippendörfer hinweisen, entsprechend der sozialen Verfassung der Slaven z. Z. ihrer Einwanderung (Ed. O. Schulze). So kann Untitz bedeuten: die Sippe des Uno, aber auch die hörigen Leute des Uno, Meilitz: die Sippe des Mil, aber auch die hörigen Leute des Mil, die zu bestimmten Diensten verpflichtet waren.
Die von den Deutsche neu gegründeten Niederlassungen erhielten wohl meist deutsche Namen, die mit der Zeit sich aber auch änderten; zuweilen mögen sie mit dem Namen des erbauers gebildet worden sein: Burkersdorf, Burgkhardistorff, vielleicht Burkhards-Dorf: Liebsdorf, Luppoldstorff, vielleicht Dorf des Luppold; Kundorf, Cunegesdorf, vielleicht Dorf des Kun, Konrad; Seifersdorf, Siefredesdorf, vielleicht Dorf des Seifried, Siegfried; Uhlersdorf, Ulrichsdorf, vielleicht Dorf des Ulrich; Wetzdorf, Weczelstorf, vielleicht Dorf des Wezel; Albersdorf, Albrechtsdorf, vielleicht Dorf des Albrecht; Dittersdorf, Dytherichsdorf, vielleicht Dorf des Dietrich.
Heinrich von Gera gab 1308 dem Kolonisten Eberhard 60 Hufen Land, der gründete Eberhardsdorf, und dem Kolonisten Konrad 40 Hufen Land, welcher Konradswalde stiftete.
Andere Ansiedlungen erhielten ihren Namen nach irgend einem besonderen Merkmal dieser Gegend, vielleicht: Birkigt, ahd. bircha = Birke; Bocka, ahd. buocha = Buche; Markersdorf, ahd. marca = Grenze; Rohna, ahd. rono, mhd. rone = Baumstamm; Struth, ahd. strod, struoth = Gebüsch, Bach, sumpfige Gegende; Grochwitz von Groch = Erbse.
Es scheint fast so, als ob die Orte mit "Klein" , z. B. Kleinfalka, die älteren wären. Bei der Erorberung des Sorbenlandes durch die Deutschen waren sie vielleicht schon vorhanden. Ein Ritter ließ sich hier nieder, zog dann, um ritterlich leben zu können, noch deutsche Ansiedler herbei, gab ihnen eine großen Teil seiner Flur zu Lehen, siedelte sie in diesem an, und so entstand ein neues deutsches Bauerndorf mit dem Namen "Groß", Großfalka.

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Das feste Haus zu Veitsberg

Im Sorbenlande siedelten sich nach und nach deutsche Bauern an und verrichteten "harte Hinterwäldlerarbeit". Nachdem schon zur Zeit der Karolinger eine Reihe "fester Häuser" an den Ufern der Saale errichtet worden war, wurde auch über das Land an der mittleren Elster ein Vogt gesetzt, der seinen Wohnsitz auf dem Berge unmittelbar über der Mündung der Weida in die Elster nahm. Weil sich die Verwaltung des Sorbenlandes für den deutschen König kaum lohnt, vielleicht aus finanziellen Gründen, überließ er dasselbe den Vögten als Lehen. Nach den Vögten erhielt dasselbe den Namen Vogtland - terra advocatorum. Heinrich der Aeltere von Weida nennt sich 1209 advocatus (advocates - vocat - voget - vogt).
Wo in Veitsberg die Burg stand, läßt sich mit voller Sicherheit nicht mehr feststellen. An der Südseite des schmalen nördlichen Eingangs in den alten Friedhof standen noch bis 1927 Mauerreste aus behauenen Sandsteinen, ungefähr 4 m hoch, mit scharf vorspringender Ecke und sauber gearbeiteten Gesimsen, die von manchen Forschern als Reste der einstigen Burg angesehen werden.
Doch auch da, wo das Gehöft des Hans Fischer (jetzt K. Plietsch) stand, wurden starke Grundmauern, alte Gewölbe und Gänge gefunden. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird angenommen, daß hier das feste Haus gestanden haben mag oder wenigstens ein festgebauter Wachtturm desselben, der den engen, hohlwegartigen nördlichen Eingang, die jetzige Dorfstraße, in die Befestigung deckte. Zum Schutz der Burganlage scheinen ausgedehnte Mauern vorhanden gewesen zu sein, deren Überreste auf der Bergkante entlang der alten Bergaer Straße bis zur Dampfziegelei hin vor ungefähr 50 Jahren aufgefunden wurden. Ein kleiner aber tiefer Teich im Garten des genannten Gehöftes, der von Zulaufgräben aus den Wiesen gespeist wurde, scheint die Burginsassen mit dem nötigen Wasser versorgt zu haben, vielleicht war auch die ursprüngliche Quelle am Bornberg mit in die Befestigung einbezogen.
Warum ließ Graf Attribo die Burg gerade auf diese nach Süden hin doch so wenig gedeckte und keinen natürlichen Schutz bietende geringe Höhe setzen? Zunächst läßt sich die Vermutung, daß das feste Haus und die Kirche in einen schon vorhandenen alten Burgwall hinein gesetzt wurden, nicht ohne weiteres von der Hand weisen. Doch mögen wohl noch gewichtigere Gründe bei der Wahl des Platzes mitgesprochen haben. So wie Wünschendorf jetzt Eisenbahnknotenpunkt ist, so waren die Flußniederungen in der Nähe der Weidamündung in alter Zeit bedeutsame Weg- und Straßenknotenpunkte, hier trafen und kreuzten sich uralte Handelswege und Wanderstraßen von Norden und Süden, von Ost und West; bot doch die Talniederung beider Flüsse mit ihren hier flachen Ufern und seichten Furten eine selten günstige Gelegenheit zur Überschreitung der sonst meist steilwandigen Flußtäler. Eine Hauptstraße alter Zeit aus der Richtung Zwickau, Ronneburg oder Gera kommend, führte durch Wünschendorf, durch die Elsterfurt, 40 m unterhalb des Wehres, das jetzige Bett des Bendelbaches aufwärts nach Greiz - Plauen - Böhmen. Vielleicht war es die berühmte Salzstraße selbst, oder eine Abzweigung derselben.
Aus dem salzarmen Böhmen und dem südlichen Vogtlande führte in alten Zeiten eine Straße nach den vielbegehrten Solquellen von Sulza und Kösen, um die im Jahre 58 n. Chr. die Catten und Hermunduren grimmige Grenzkriege führten. (Tacitus Annl. L. XIII. 57.) eine 2. Furt wird die Elster wohl kurz unterhalb der Weidamündung durchquert haben. Ebenso führten ziemlich nahe beieinander etliche Furten durch die Weida, die eine 150 m oberhalb der Einmündung der Weida, mag wohl demselben Zweck gedient haben wie die heutige Schafbrücke, eine andere unmittelbar neben dem Schafstall von Mildenfurth ermöglichte den Straßenanschluß nach Greiz und Plauen und endlich noch eine solche unterhalb des Mildenfurther Wehres dient wohl mit dazu, auch eine Verbindung über Weida mit dem Straßenzug Auma - Schleiz oder Neustadt - Saalfeld herzustellen.
Die Straßenkreuzungen und Flußübergänge zu beherrschen und zu beschützen, dürfte für den Burgherrn eine Pflicht, sogar wohl eine Notwendigkeit gewesen sein, daher die Wahl des Ortes der Burg.
Dieselbe scheint vom Feind mehrere Male zerstört worden zu sein, das letzte Mal vielleicht um 1030; da sie nicht genügend Schutz bot, überließ sie Erkenbert II. von Weida ihrem Schicksal und siedelte mit samt der deutschen Kolonie von Wünschendorf, der Stadt so jenseits der Elster lag, und allen Burgleuten auf seine neue Burg, die nach Ansicht des Geh. Archivrates Dr. B. Schmidt vor der Widenkirche an der Nordostecke der Stadtbefestigung lag, über.

Der Graf Hainrich ist der erste von Weyda genannt, dorumb das er und sein vater graff Eckebert das Schloß von sankt Veitsberg, den man erstlich den Gleisberg genannt hat, um sie davon die graffen von Gleißberg mit sampt der stadt, vormals gensten (jenseit) der Elster gelegen ahn iczigen orth gebawet haben. (Arnold v. Quedlingburg)
... diese herschaft hat erstlich iren sicz auf dem Glensberg an der Elster, numals Veitsberg genannt. (Zeitzer Chronik 1486.)
Wir haben auch gehört, dasc ein Sloß vor der Kirchen Veitsberg gelegen hat und eine stadt, do das Wünschendorf liegt
... der von dannen hin auf Weyda Schlosz und stadt geleget und gebauet hat. (Weidaer Geschichte III, S. 21. Dr. B. Schmidt)

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Die Veitskirche

Von den bekannten Glaubensboten kam keiner in unser Elstertal; Bonifatius * drang nur bis zum Saaltal vor und errichtete in Saalfeld (Salvelt) eine Art Missionsstation. Der erste christliche  Bote des Glaubens war der Mönch Boso aus St. Emmeran in Regensburg, der im Elstertale die Gleichnisse, die Wunder und das Leiden und Sterben des Herrn verkündigte. Wahrscheinlich ist, daß er auf  dem Berg, da die Veitskirche steht, oder dem Hüttchenberge eifrig lehrte. Vor der Hunnenschlacht auf dem Lechfelde (955) hatte Kaiser Otto I. das Gelübde abgelegt, im Wendenlande Bistümer und Kirchen zu errichten, wenn ihm der Herr den Sieg verleihen würde. Um sein Versprechen zu erfüllen, ließ er  962 in Magdeburg ein Münster erbauen und stiftete das Erzbistum Magdeburg, dem die Pflicht und das Recht zustehen sollte, im Wendenland Bistümer zur planmäßigen Ausbreitung des Christentums zu errichten. Mit Genehmigung der Synode zu Ravenna (968) wurden die Bistümer Meißen, Zeitz und Merseburg gestiftet und Mönch Boso zum Bischof von Merseburg ernannt.
Aber bald erkannte man, daß ohne einen bestimmten Sammelort, ohne ein Heiligtum oder einen heiligen Ort in der Bekehrung der Wenden des Elstertales nur geringe Fortschritte zu machen seien, und so entschloß sich Graf Attribo, neben seiner Burg eine Kapelle bauen zu lassen, im Jahr 974, wie uns Arnold von Quedlinburg berichtet. Ein besserer Ort für dieselbe konnte wohl schwerlich gefunden werden, als die Höhe des Dreiecks oberhalb der Weidamündung, mitten zwischen den beiden heidnischen Stätten, dem Hüttchen- und dem Zoitsberg. Der nordöstliche Teil der heutigen Veitskirche zu Veitsberg, der unter dem Namen „Klatschwinkel“ den älteren Leuten bekannt ist, in dem die kurze Reihe Frauenbänke sich befindet, soll nach Aussage des Baurates Mothes aus Zwickau (einem gründlichen Kenner kirchlichen Bauwesens, der auch 1896 die Veitskirche erneuerte) an der Stelle stehen, da Graf Attribo einst sein Holzkirchlein erbauen ließ.
Kaum war der Bau des Grafen fertig und seiner Bestimmung übergeben, so war er von den Wenden, die zähe an ihren Göttern hingen, aufgestachelt von wutentbrannten Priestern, wieder zerstört ecclesiam s. Viti tercio desolatam et igne crematam. Im 1140  erhoben sich die heidnischen Wenden abermals und zerstörten alle christlichen Stätten. Wenn sie dann auf den heiligen Orten ihren Göttern opferten, schrieen sie: „Heil uns, Pripegala hat gesiegt, Christus ist überwunden.“

Erst der vierte Bau, errichtet von Erkenbert II. von Weida, geweiht am 21. Oktober 1168 durch Bischof Gerung von Meißen, ist uns erhalten geblieben. Es ist der älteste Bau des ganzen Vogtlandes, der noch kirchlichen Zwecken dient. Nicht nur wegen seines Alters, sondern auch wegen seiner Bauart ist er sehenswert. Da aber viele Besucher der Kirche achtlos an diesem Werke alter Baukunst vorübergehen, seien ihm einige Zeilen gewidmet. An den vier Pfeilern auf je einer Abschrägung der Mauerecken, und zwar auf einem aus Sandstein roh gearbeiteten Menschenkopf setzen sich in Höhe von zwei Metern vier Diagonalbogen an, die das Kreuzgewölbe tragen. Diese vier starken Bogen kreuzen sich nicht in einem gemeinschaftlichen Schlußstein, sondern der eine Bogen geht durch, bildet also fast einen Halbkreis, während der andere Bogen aus zwei Stücken besteht, die in der Höhe des ersten Bogens an diesen anstoßen. Diese Art Wölbung, die in alten apulischen Gewölben zuerst auftritt, findet sich in Deutschland recht selten, in ähnlicher Form nur noch zu Quedlinburg. Die Bogen sind als Rundstäbe sehr scharf und sorgfältig ausgearbeitet und treten halbkreisförmig aus dem Gewölbe heraus, dessen vier Felder nicht zwischen den Bogenstäben eingespannt, sondern auf den Rundbögen liegen. Während einzelne Sachverständige behaupten, dieses romanische Kreuzgewölbe sei ursprünglich eine offene Halle gewesen, ähnlich den wendischen Tempeln, die nur Mönche und Priester betreten durften, neigen andere zu der Ansicht, daß die Kapelle ein geschlossener Raum war mit einem Eingang und größeren kirchlichen Bauten auf seiner Südseite.

* Bonifatius schrieb dem ein ausschweifendes Leben führenden Frankenkönig Ethibald, daß man schon ein solches noch tief im Heidentum versunkenes Volk (Wenden) eheliche Treue so hoch halte, er als Christ zur Heilighaltung derselben noch viel mehr verpflichtet sei. (Hahn, S. 24.)

Die Bekehrung der Wenden ging recht langsam vonstatten, da, wie es scheint, es der Kirche an „lebendigem Missionssinn“ fehlte. Sie fühlte keine Verpflichtung, unter den Slaven Mission zu treiben; das Stift Köln kannte die ihm gehörige Pflege „Salaveld“ wohl als Bärenjagdgründe aber nicht als Missionsland. Erzbischof Anno v. Köln befahl: „Wer seinen Honigzins nicht pünktlich bezahlt, wird in Haft genommen; dem Diebe werden Weib und Kind in die Sklaverei verkauft.“ Mit der Zunahme der Christen im Elstertale, die meist als fränkische Bauern einwanderten, machten sich an der Kapelle Erweiterungsbauten nötig. Aus romanischer Zeit stammt der westliche Teil der Kirche, dazu auch der schmälere mit dem Glockenturm.

Mehr als hundert Jahre vor Luthers Geburt scheint ein größerer Umbau stattgefunden zu haben; es wurde wahrscheinlich das prächtige Ostjoch angebaut. Die Rippen desselben, sowie die des anstoßenden älteren Jochs ruhen auf Wandkonsolen, Kragsteinen, sind mit Kehlen versehen und vereinigen sich in zwei Schlußsteinen; im Schlußstein, der mit einer Rosette geziert ist, treffen 4 Rippen zusammen, während im östlichen Schlußstein, der die drei verschlungenen Buchstaben I. H. S. zeit, 6 Rippen sich vereinigen. Das Ostjoch, welches den schlanken Spitzturm trägt, wird an seiner Außenseite von fünf starken Strebepfeilern mit Pultdächern gestützt, an denen die Leidensgeschichte dargestellt ist: Gebet am Oelberg, Geißelung, Kreuztragung, Kreuzigung und Auferstehung.
Der verhältnismäßig „ziemlich ungeschickten Bildhauerarbeit“ nach zu urteilen, stammt die Darstellung aus der Zeit um das Jahr 1360. Andere interessante Steinmetzarbeiten zeigt der spitzbogige Haupteingang im Westen; die Gewände tragen drei durch Kehlen von einander getrennte, teils runde, teils eckige durch Schrägfasern verbundene Stäbe mit gewundenen, gerippten Untersätzen auf glattem, abgeschrägtem Sockel, die sich oben in verschlungener Weise kreuzen; ein Schildchen lässt die Jahreszahl 1466 erkennen. Die Glasmalerei der Chorfenster ist sehr alt, die ältesten Teile können aus der Zeit der Einweihung, 21. Oktober 1168, stammen; ein Glasbild zeigt den segnenden Christus, das andere das Bild eines Fürsten, der in der rechten Hand drei Blätter trägt, vielleicht das eines Herrn von Weida, denn die Blätter können als Weidenblätter gedeutet werden. Das Chorgewölbe zeigt als Deckengemälde zwischen den Rippen vier Engel mit altertümlichen Blasinstrumenten, die aus den vier Himmelsgegenden die Toten zum Weltgericht rufen, welches an der Westseite des Triumphbogens in recht anschaulicher Weise dargestellt ist. Die Emporen sind mit den Bildnissen der Jünger und Darstellungen aus dem Leben des Herrn geschmückt.

Auf dem Altar steht ein Altarschrank mit der frommen Maria, der „Gottesmutter“, in der Mitte, die den Fuß auf den Halbmond setzt, mit dem Jesuskinde auf dem Arm, zur Linken die heilige Barbara , zur Rechten die heilige Katharina. Auf der Rückseite der Flügeltüren befinden sich neben andern Bildnissen heiliger Frauen auch das des heiligen Veit, eine stattliche Jünglingsgestalt mit lockigem, wallenden  Haar, mit Buch, Hahn und Palme. St. Veit soll von der Insel Sizilien stammen, war Christ, erlitt während der Christenverfolgung den Märtyrertod, seine Peiniger warfen ihn in einen Kessel mit siedendem Oel. Über dem südlichen Eingang der Kirche ist ein Sandsteinrelief eingemauert, St. Veit im Oelkessel, es soll aus der Zeit der Einweihung 1168 stammen; ihm wurde das Kirchlein gewidmet, daher der Name Veitskirche. Veit galt als Wundertäter an Menschen und Tieren, niemand rief ihn vergeblich um Hilfe an, und die an der nördlichen Kirchentür angebrachten Hufeisen sollen von dankbaren Fuhrleuten herstammen, denen er und den Pferden aus schlimmer Not und schwerer Krankheit geholfen oder die im Kirchlein vor gefährlicher Weiterfahrt ein kurzes Stoßgebet verrichteten.

Auf dem Heiligenschrein, inmitten einer Strahlensonne, sitzt Christus mit der Dornenkrone, das müde Haupt auf den linken Arm gestützt. Als die Kirche der Reformation ihre Türen öffnete, mag der fromme Dulder mit der Dornenkrone auf den Altarschrein aufgesetzt worden sein.
Der untere Teil des Altarschrankes zeigt Joseph und Maria, die an der Krippe knieen, über der drei Engel, aus einem Notenbuch singend, schweben. Die Verkündigung der Geburt und die Anbetung durch die drei Weisen zeigen zwei kleine Bilder. In der Glockenstube des Glockenturmes hingen bis zum Sommer 1917 in ihren Stühlen vier Glocken: die große Glocke, die jetzt noch vorhanden ist, die Taufglocke, die Mittagsglocke und die Zeichenglocke. Am ältesten war die Mittagsglocke; nach Oberpfarrer Liebeskind soll sie am Anfang des 13. Jahrhunderts, kurz nach der Einweihung der Kirche durch Bischof Gerung, in einer klösterlichen Gießstätte, vielleicht in Naumburg oder Zeitz, gegossen worden sein; sie hatte 58 cm Durchmesser und 52 cm Höhe, trug am Halse zwischen Bandstäben den lateinischen Glockenspruch (Hexameter):

Die Gefäß, Gott woll` es weihn,
dem Volk sei Heil, im Wetter Gedeihn.

Die Flanke schmücken sehr verschiedene Reliefs. Die Anschrift mit ihren seltsam schönen Buchstaben und der Bildschmuck verdanken ihre Entstehung sicher der kunstgeübten Hand eines Mönches.
Während eines Trauergeläutes im Februar 1915 zersprang sie, ein Riß in ihrem Metall verwandelte ihre helle Stimme, die so manches  Jahrzehnt den Frönern und Arbeitern in Feld und Wald die oft langersehnte Mittagsstunde laut ansagte, in ein schauerliches Wimmern.
Als im Juli 1917 Glocken und Orgelpfeifen aus Zinn abgeliefert werden mussten, wurde sie zwar durch ihren kulturhistorischen Wert vor dem einschmelzen bewahrt, musste aber ihre alte liebe Veitskirche, der sie in Treue so manches Menschenalter gedient, verlassen; man brachte sie in ein Museum nach Eisenach, dort hängt sie vereinsamt, stumm und ungekannt.

Nach dem großen Umbau der Kirche scheint dieselbe sowohl äußerlich als auch im Innern wenig Veränderungen erfahren zu haben; ein glücklicher Stern waltete in Kriegszeiten über ihr, und unversehrt steht sie noch heute. Nur eine gewaltige Windsbraut riß ihr am 1. Mai 1779 das Dach zum Teil ab und trug Knopf und Wetterfahne nach Wünschendorf, wo beide auf der Gebind niederfielen. Das Jahr 1896 brachte der Veitskirche innerlich eine gründliche Erneuerung und Verschönerung unter Leitung des sehr sachverständigen Baurates Mothes aus Zwickau.

Über Veitsberg schreibt Archivrat Schmidt: 
Dieser graff Ekeberth und sein sone haben wiederumb vernewert und erbawet Sanct Veitskirchen, dreymal xcuvor zcustört und verbrandt, und haben gebeten Bischof Uthonen, die Kirche zu weihn ...
... die Kirche auf St. Veitsberg, als die abe brante, weit sie Bischof Gerungus.
Graf Attribo und graff Zisca sein beyde mit beyden iren gemhalm kurez nach einander verstorben und alle sambt vorm hohen altar sankt Veits begraben.
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Das Kloster Mildenfurth

"Roh und mit der christlichen Relegion noch unbekannt, und unkundig der göttlichen Abkunft, befand sich die Bevölkerung noch im Heidentum und Eitelkeit“, so schreibt um 1070 ein Chronist von den Bewohnern unserer Heimat und 1127 erteilt Papst Honorius dem Kloster Saalfeld Vollmacht, im ganzen Lande Orla zu predigen, Tote zu begraben, Kranke zu besuchen, Beichte zu hören und zu taufen, da das Volk, das ehemals heidnisch gewesen, noch halb heidnisch zu sein scheine.

Dem ersten Pfarrer zu Plauen wurde bei seiner Berufung im Jahre 1122 ausdrücklich zur Pflicht gemacht, die Gaubewohner von ihrem heidnischen Irrtum völlig auf den Weg der Wahrheit zu führen. Freilich war das nicht leicht, denn die Heiden im ganzen Sorbenlande lebten zerstreut, vielleicht auch verborgen  in den großen Wäldern, voller Widerwillen gegen den neuen Glauben, der ihnen zudem auch den Zehnten auferlegte. Ob auch Voigt Heinrich der Reiche zu Weida eine ähnliche Anregung bekommen hat, ist nicht bekannt, doch entschloß er sich, ein Mönchskloster, das Kloster Mildenfurth, bauen zu lassen.

Gründungssage, durch Arnold von Quedlingburg überliefert:
Heinrich spielte einst als Knabe mit seinem Bruder Bernhard vor der väterlichen Burg. Im Spiel davoneilend, lief er in die Burg und schlug hinter sich eine Tür zu, nicht bedenkend, daß sein Bruder ihm nachfolgen könnte. Leider traf die Tür den mit Ungestüm nachspringenden Bruder, verletzte ihn so schwer, daß er krank und gebrechlich wurde und nach einiger Zeit starb.

Der Gedanke, den Tod des Bruders verschuldet zu haben, lastete zentnerschwer auf Heinrichs Gemüt, und als er im Jahr 1193 sich zu Magdeburg aufhielt, hatte er im dortigen Prämostratenserkloster einen schrecklichen Traum. Ihm träumte, daß er wegen Brudermords zum Tode verurteilt sei, und eine Schar Teufel wolle ihn zum Ort der ewigen Qual schleppen. In der Todesangst rief er die heilige Mutter an, und siehe, sie erschien ihm mit einer Anzahl Heiligen, ihn zu erretten, „damit er nit in der Hölle Glut ewig gequälet würde“. Tiefbekümmert erzählte Heinrich am nächsten Morgen seinen Traum dem Bischof, und dieser bestimmte, daß Heinrich zur Sühne ein Kloster bauen lassen möge, „von wegen des gesichts im slaff und seines bruderlichen mords halber“. Diesem Winke gläubig vertrauend, eilte Heinrich fröhlich nach Weida und ließ noch in demselben Jahre den Grundstein zu dem prächtigen Prämonstratenserkloster Mildenfurth legen.

Der Prämonstratenser Orden wurde um 1120 von Norbert, dem Sohn eines Grafen zu Xanten a. Rhein, der später Erzbischof von Magdeburg wurde, gestiftet. Er erwählte sich, durch ein Traumgesicht bestimmt, einen öden, einsamen Platz in einem Walde in der Champagne, den er Prämonstratum, französisch Premonté (praemonstratum = den vorhergezeigten oder, pratum monstratum, d. h. gezeigte Wiese), nannte und ließ daselbst das erste Kloster erbauen. Die Ordensgenossen waren Geistliche. Norbert wird der Luther Sachsens für das 12. Jahrhundert genannt.

Nach den noch vorhandenen wohlerhaltenen Bauten, die ein Gemisch aus alter und neuer Zeit sind, den Grundrisszeichnungen und Messungen von Aster und Mothes zu urteilen, muß das Kloster ein prächtiger Bau aus der Blütezeit des romanischen Stils gewesen sein, und „Bewunderung und Trauer“ erfüllt den Beschauer der Ueberreste.

Der jetzige innere Gutshof war einst vollständig von Gebäuden eingeschlossen: die Klosterkirche bildete die Nordseite des Klosterhofes, die drei anderen Seiten wurden von dem Kreuzgang eingeschlossen.

Der östliche Teil der Kirchenruine ist zu Wohn- und Wirtschaftsgebäuden umgewandelt; aus den Gebäuden der Südseite, dem Speisesaal (Refectorium) und dem Beratungssaal (Capitelsaal) wurde das jetzige Brauhaus; die Gebäude der West- und Ostseite sind meist verschwunden. Sie enthielten die Wohnungen (Zellen) der Mönche. Besonders schön gebaut war die Kirche. Ihr Haupteingang lag nach Westen, ist tief eingeschüttet und zugemauert, so daß von seiner einstigen Schönheit wenig mehr zu sehen ist.

“Das Westportal war eines der reichsten und schönsten romanischen der Gegend“ (Prof. Dr. Lehfeld Baudenkmäler S. 336). Die Kirche war eine „romanische kreuzförmige Pfeilerbasilika“ mit mächtigen Kreuzgewölben, getragen von schön verzierten Pfeilern, die zum Teil noch samt den Gewölben erhalten sind. Sie zeigen oft reizende Verzierungen von Ranken, Rosen und Blättern.

Von den Glocken, die einst auf den Türmen hingen, ist nur noch eine vorhanden, die das Hofgesinde zu den Mahlzeiten zusammenruft*. Vielleicht um die Mitte des 16. Jahrhunderts wurde das Gotteshaus zum ritterlichen Wohnhaus hergerichtet, in das später kurfürstliche Beamte einzogen;  die Mühle, die jetzt Privateigentum ist, gehörte noch im vorigen Jahrhundert zum Klosterbesitz. Alle Gebäude des Klosters wurden einst von einer im Rechteck gebauten hohen Schutzmauer umgeben, an deren Ecken sich runde Wehrtürme erhoben, von denen noch die Reste der beiden an der nördlichen Mauer nebst dieser selbst zu sehen sind; kreuzförmige Schießscharten in ziemlicher Höhe der dickenMauer und der Wehrgang auf der Innenseite derselben lassen leicht ihren Zweck erkennen. Wie groß muß die Unsicherheit in jener Zeit gewesen sein.

*Sie ist von dem berühmten Gießer Marcus Rosenberger in Schleiz gegossen, trägt die Inschrift: + anno. domini. m. ccccc. xxv. (1525) iar + O Jhesv. rex. glorie veni. com. pace.

In das neue Kloster zogen Prämonstratensermönche aus Magdeburg ein. Ihre Ordensregel verpflichtete sie zu ganz besonderem Dienst der Jungfrau Maria und zur Abtötung des Fleisches durch Fasten und Geißelungen. Die Kasteiungen des Leibes gingen soweit, daß sie sich jede Fleischspeise versagten. Ihre Ordentracht war weiß und bestand aus Tunika, Stapulier und viereckigem Barett, darüber im Chor ein weißen Hemd und gingen sie aus, so trugen sie einen großen Mantel und einen breitkrämpigen, runden Hut, daher auch weiße Mönche genannt. Taglich versammelten sich die Mönche mehrmals in der Klosterkirche zum Gottesdienst, die meiste Zeit des Tages saßen sie in ihren Zellen bei den Büchern, sie lebten nach der verschärften Regel Augustins.

Entsprechend dem Zwecke des Klosters: Ausbreitung des christlichen Glaubens, zogen die Mönche nach den Ortschaften der Umgegend, um in den daselbst erbauten Kapellen Gottesdienst zu halten. Mosen hatte 1288 schon eine „Hofkapelle“, aber erst 1478 berief der damalige Herr von Mosen, Heinrich von Wildenfels, seinen eigenen Kaplan, Joh. von der Hol *). In Meilitz stand 1294 schon eine Kirche, in der Mönche von Mildenfurth Gottesdienst hielten, auch Untitz, Großfalka, endschütz, Letzendorf, Köckritz, Wolfersdorf, Clodra usw. besaßen zeitig eigene Kapellen. Ein Fußweg von Mildenfurth über Endschütz nach Wolfersdorf zu führt noch heute den Namen „Mönchssteig“, und eine alte Sage berichtet, daß Mönche von Mildenfurth nach Endschütz kamen, um im dortigen Kirchlein zu predigen, wegen großer Unsicherheit (viel Wölfe) führte jeder Mönch auf seinem Gang dahin zwei große Hunde mit sich; ein Haus zu Endschütz musste die Hunde füttern, ein anderes für den Mönch die Schuhe, ein drittes die Schnallen dazu, ein viertes die Mahlzeit für den frommen Bruder geben usw.

Daß die Mönche Bücher abschrieben mit Kielen von Gänse- und Rabenfedern und die Anfangsbuchstaben der einzelnen Kapitel verzierten, ist allbekannt, die Altertumssammlung zu Reichenfels besitzt solche Bücher.

Ein in der Heilkunst damaliger Zeiten erfahrener Bruder sammelte heilsame Kräuter, bereitete Tee, Arznei und Salben und pflegte nicht nur kranke Klosterinsassen, sondern wurde zuweilen auch in die Ritterburgen (Rittergüter), deren fast jedes Dorf eine hatte, gerufen, dort Kranken Hilfe zu bringen.
Die im Handwerk erfahrenen Laienbrüder fertigten nicht nur Kleider, Schuhwerk und Hausgeräte, sondern auch Ackergeräte, vor allem Ackerpflüge mit eiserner Pflugschar; denn das Kloster musste sich selbst durch Feldbau und Viehzucht ernähren. Land wurde urbar gemacht zu Gärten und Feldern und der große Obstgarten um das Kloster angelegt. Schon die Römer brachten mit anderen Kulturerrungenschaften auch den Apfel über die Alpen (in der späteren Kaiserzeit waren ihnen 29 verschiedene Apfelsorten bekannt) in die germanischen Länder, wo es zwar schon kultivierte Apfelsorten gegeben haben soll, jedoch nicht so feine, wie bei den verwöhnten Römern; doch erst durch die Mönche, die gern und mit gutem Erfolg der Obstpflege widmeten, fanden die Aepfel größere Verbreitung.

*) In einer Urkunde von 1478 steht: „Dasselbige gedreide soll uffn felde so lange bleiben, daß man den Priester dazu geführt und im abgezelt die zende Mandel und niemand soll uns keins davon nehme.“

Aus den Klostergärten gelangten sie nach und nach auch in die Bauerngärten. Die graue Reinette wurde durch Mönche in das kölnische Gebiet gebracht, und Zisterzienser Mönche sollen auf dem Gut bei Dornburg den einst berühmten Borsdorfer gezogen haben. Ob man im Kloster zu Mildenfurth auch einen magister pomi, einen Obstmeister , hatte, lässt sich nicht mehr feststellen. Auch Weinrebe und Hopfen mögen durch Klosterbrüder in unsere Täler gekommen sein; so manche nach Süd geneigte Grundstücke, die jetzt noch den Namen Weinberg führen, mögen wohl in jenen Zeiten wirkliche Weinberge gewesen sein, um selbst Wein zur Messe zu haben. Denn unter den Mönchen gab es auch einen Bruder Kellermeister; und die Grundstücke, die oft noch heute den Namen  Hopfen und Hopfenrand führen, dienten einst dem Hopfenbau, weil deren Besitzer dem Kloster Hopfen liefern mußten.

Der Gründer des Klosters bedachte dasselbe mit reichen Stiftungen; er schenkte ihm Güter in Deschwitz, Untitz, Wälder zwischen Schömberg und Burkersdorf und die Fischerei in der Weida von ihrem Einfluß in die Elster bis an die Weidaer Flurgrenze, welche Schenkungen Heinrichs Söhne ausdrücklich bestätigten *). Andere Leuten folgten seinem Beispiel. An Aufmunterung zur Beschenkung des Klosters ließen es auch die Mönche selber nicht fehlen, Päpste und Bischöfe unterstützten sie und gewährten freigebig dem Kloster Ablaßbriefe, kraft deren die Mönche Ablaß auf 40, ja sogar 80 Tage erteilen konnten.

So wurde Mildenfurth bald ein besuchter Wallfahrtsort, zumal es auch ein Büchlein besaß, das die Lebensgeschichte des heiligen Levin enthielt, welches nach Angabe der Mönche unter Aufsicht Gottes mit Hilfe der Mutter Maria und des heiligen Geistes geschrieben worden sei. Dem Abt Berthold habe es Maria eigenhändig überbracht, nachdem er oft „mit hitziger Andacht darum gebeten“.

Dem Volke wurde es hinfort zur Anbetung ausgestellt, und dem Kloster flossen dadurch reiche Einnahmen zu. Der Pirnaer Mönch Joh. Linder bemerkt dazu: Gott tat hernach so große Zeichen durch St. Levin, daß eine merkliche Wallfahrt entstund; da war im Kapitalhaus Getreide gleichmessig in der Schwere – nach einem Gelöbnis den Leuten gewogen. Der Ertrag des Ablasses des Bischofs von Würzburg 1440 diente vermutlich zur Erbauung des Kreuzganges und Refektoriums. Selbst die alten abgetragenen Mönchskutten wußten die Mönche gut zu verwerten, um ihren Reichtum zu vergrößern. Es galt in jener Zeit für ausgemacht, daß die Mönchskutte schnell durch das Fegefeuer helfen könne, darum ließ sich so mancher Laie in einer Kutte begraben, die er rechtzeitig von den Mönchen erwarb.

*) Es besaß Grundbesitz in Birkigt, Burkersdorf, Cronschwitz, Culmitzsch, Debschwitz, Dittersdorf, Döhlen, Draxdorf, ebersdorf, Falka, Köfeln, Liebsdorf, Mildenfurth, Piesigitz, Rohna, Rußdorf, Schömberg, Seifersdorf, Steinsdorf, Untitz, Veitsberg, Weida, Wittchendorf, Wolfsgefährt, Wünschendorf, Zossen.

So sollen in Waltersdorf z.B. Leichen mit Mönchskutten, die eine Sichel in der Hand hielten, bei der Anlage neuer Gräber gefunden worden sein. Zuletzt besaß das Kloster 380 weidaische Scheffel Feld, die schon genannten Waldungen, baute jährlich 85 Fuder Heu und besaß sonst noch ganz bedeutende Gerechtsame.

Laienbrüder pflanzten und pflegten wohl Obstbäume und Weinstöcke, kümmerten sich auch um die Arzneipflanzen und den Gemüsebau, allein die gesamte Feldarbeit überließen sie anderen Leuten unter der Aufsicht eines Verwalters, d. h. sie legten ihnen Frondienste *) auf, und in mehr denn 60 Ortschaften gab es Häuser, die dem Kloster zu Mildenfurth fronpflichtig waren. Was das einzelne Gehöft zu leisten hatte, war genau schriftlich festgelegt.

Wünschendorf, welches 22 Fronhäuser hatte, mag als Beispiel dienen:
1. Heu- und Krummetfrone
A. In Mildenfurth: Die 22 Häuser müssen mit den Frönern zu Veitsberg das Heu und Krummet auf der Jungfern-, Kraut-, Geßner-,   Spittel und den drei Schafwiesen (Leede, Teich und krumme Wiese) streuen, in Brech-, Wind- und große
Schober bringen und dürre machen, dazu Weizen und Korn ausjäten.
B. Auf Vorwerk Deschwitz: Genannte 22 Häuser müssen das Heu und Krummet auf der Löbiger-, Born- und Hammerwiese
dürre machen, auch Weizen und Korn ausjäten.
C. Auf dem Vorwerk Wünschendorf: Die 22 Fröner müssen mit den Frönern zu Veitsberg das Heu und Krummet auf sämtlichen Wiesen dürre machen **)
D. Für diese Arbeiten ist denselben: 1. das Grasen in dem Sommer- und Wintergetreide, 2. desgl. in Weidigten zu Veitsberg und Wünschendorf, 3. das Lesen des dürren Holzes und 4. das Laubrechen in den herrschaftlichen Hölzern erlaubt.

2. Erntefronen.
Unter den 22 Häusern mit Heu- und Krummetfronen waren acht auch noch zu folgenden Erntefronen bestimmt: die acht Häuser aus Wünschendorf müssen den Dünger breiten, Bänder machen, sommer- und Wintergetreide abschneiden und hauen, aufwerfen und in die Mandel bringen: dafür wird ihnen das zehnte Schock und eine Tonne Erntebier verabreicht. (Diese Vergünstigung scheint erst in späterer Zeit gewährt worden zu sein.)

*
) fro   der milde, gnädige Herr; Adj. fron = das, was den Herrn betrifft, ihm gehört, herrschaftlich. (Bär II 143.)
**) Von Fron; graß Hauen und derre Machen; wer mit der Senßen oder dem Rechen zu lange außen ist, so ist die Buße von jedem Schwaden so er versäumt 3 Pf.; kommt er gar nicht, so ist die Buße 5 Pf. (Letzendorfer Gemeindebrief von 1690.)


Jedoch wollen solche acht Häuser nur befugt sein zum Kornschneiden aus dem Haus drei Mann bei dem Sommergetreide aber nur zwei Mann zu stellen.

3. Handfrone.
Auf dem Kloster (Kammergut) Mildenfurth nebst den Vorwerken Deschwitz und Wünschendorf sind noch 61 Tage Handfrone zu tun, und zwar „wobei man sie brauchet und was man ihnen heißet“. Diejenigen fronpflichtigen Häuser zu Wünschendorf, die keine Erntefrone zu leisten hatten, waren mit dieser Handfrone, die aber nicht gleimäßig verteilt war, belastet; Gottlob Zipfel hatte zwei Tage, Joh. Müller 10 Tage Handfrone im Jahre zu leisten.

Die Fröner zu Waltersdorf mußten auch Wein in Lobeda holen, Wolle fortfahren, Fische auf drei Meilen Wegs fortfahren, Fischholz hauen, und was zum Röhrwasser gehörig, wenn man die Teiche, so zum Rittergut gehören, fischt, mit helfen ziehen und fischen, nach Hafen gehen und Netze aufstellen, Klötze für die Mühle auftreiben, Hopfen abnehmen, Hopfenstangen hauen, die Braupfanne, Braugeräte und Fässer holen.

Von Jahr zu Jahr nahm der Reichtum des Klosters zu und die Strenge, mit der die Ordensregeln befolgt wurden, ab, so daß die Mönche, frei von allen Sorgen, ein angenehmes Leben führen konnten,, bis zur Reformation, der sie am liebsten die Tore verschlossen hätten.

Luther aber beantragte bei dem Kurfürsten eine Kirchenvisitation. Als Kommission wurden dazu ernannt: Hieronymus Schurf, Melanchton, Hand edler von Planitz und Asmus von Haubitz; im Juli 1526 erschienen sie auch zu Mildenfurth. Doch da der Abt vorher eine Anzahl Mönche fortgeschickt hatte, so „gaben die Mönche zu Mildenfurth zu Klagen keinen Anlaß“. Im Jahre 1529 fand eine zweite Visitation statt; bald darauf wurde das Kloster aufgehoben, und am 5. Januar 1544 mit dem Vorwerk Wünschendorf und den Besitzungen an den Hauptmann Matthes von Wallenrodt von Koburg für 12000 Gulden verkauft, von denen 9000 fl bar bezahlt und 3000 fl  durch drei Ritterpferde verdient werden sollten.

Das Vorwerk Meilitz wurde auch am 5. Januar 1544 von der kurfürstlichen Regierung an Alexander  v. Eichicht auf Langenberg als ein Mannlehngut, welches „mit einem gerüsteten Pferd in unser Amt Weida zu verdienen“ ist, um 2000 fl verkauft. Die hohe Jagd in den Fluren und Wäldern der Vorwerke behielt sich der Kurfürst vor.

Die vorhandenen Bücher sind wahrscheinlich der Bibliothek in Jena einverleibt worden.

Die Besitzer der 22 Häuser waren: Gottlieb Baumgärtel, Gottl. Müller, Joh. Bergner, Heinrich Schlutter, Gottl. Crienitz, Gottl. Schumann, Joh. Männel, Gottl. Teller, Joh. Feustel, Gottl. Trautloff, Gottl. Friedrich, Gottl. Weyrauch, Gottl. Fischer, Joh. Obenauf, Friedrich Geßner, Aug. Zinkeisen, Mich. Dix, Gottl. Zipfel, Gottfr. Knolle, Gottf. Zippel, Chr. Löscher, Joh. Zschäck.

Kaufbrief

Von Gottes Gnaden Johannes Friedrich, Herzog von Sachsen, Churfürst und Burggraf ... bekennen vor uns und unsre Erben und tun kund männiglich. Nachdem unser Heyland Jesus in seinem heil. Evangelio spricht, daß eine jede Pflanze , so aus Befehl seines him. Vaters nicht geschicht, ausgerottet soll werden, dieweil Gott sein gnadenreiches und allein seiligmachendes Evangelium lauter und hell der Welt wiederumb hat erscheinen lassen, daß die Klosterordnung Gott zuwider, nunmehro gänzlich gefallen, also haben wir nachdem die Sequestration gefallen, solche Klostergüter erblich zu verlassen und unseren lieben Getreuen Matthesen von Wallenroth, Amtmann zu Corburg, das Kloster Mildenfurth mit allen Zugehörungen, gänzlich übergeben. Weimar 1544, und in unseren Landen und Fürstentume, weil es Gottes Wort zuwider und uns als dem Landes-Fürsten und Patron die Administration derer Güter, so in vorigen Zeiten und dafür es zu halten aus Unverstand und Irrtums dazu gestiftet und gegeben worden, heimgegangen, dieselbe der Notdurft in andere und christliche mildere Wege, zuförderst zur Unterhaltung rechtschaffener Pfarrer, Prediger und Kirchendiener, auch Lehr- und Zuchtschulen und den Armen zu gut zu verordnen; Inmassen wir dann auch eine tapfere und redliche Summe aus dem ierlichen Einkommen berührter Stifte und Klöster bereiten, dazu verschafft und gewidmet. Also haben wir, nachdem die Sequestration so nun etliche Jahre hergewest, wiederumb gefallen, mit vorhergehender Bewilligung unserer Landschaft mit etzlicher Kondition und - zu unserer Handen genommen mit Rat unsrer fürtrefflichen Räte bedacht, solche Klöster und Stifts-Güter einesteils und sonderlich, damit künftiger zeit die vorigen abgöttischen Orden darinnen nicht wieder aufgerichtet werden mögen, erblich zu verlassen. Und unseren lieben Getreuen Matthesen von Wallenroth, Amtmann zu Corburg, des Klosters Mildenfurth und seiner zugehörungen halben eines rechten, beständigen und unwiderruflichen erblichen Kaufs vereinigt und verglichen, urkundlich mit unserm hier angehangenem Insiegel wissentlich besiegelt und gegeben zu Weimar, Sonnabends den neuen Jahrestag anno Do. 1544.
(Nach Joh. Chr. Günther 1754.)

Aus irgendeiner Ursache verlaufte Wallenroth schon 1557 die "Obergerichtsbarkeit über Wünschendorf, Unditz und Falkau" an den Herrn von Wildenfels auf Schloß Ronneburg.

Aus dem vielen Seiten langen Kaufbrief mögen einige Stellen wörtlich folgen:
"Des Herren von Wildenfels Kaufbrief über die Obergerichte zu Wünschendorf, Unditz und Falkau. Wir, Heinrich, Herr zu Wildenfels und Ronneburg bekennen hiermit vor uns und unseren Leibeserben und Erbnehmern kraft dieses unseres offenen Briefes gegen alle und tun kund, daß wir mit gnädiger Bewilligung und Wissenschaft der Durchlauchtigen und Hochgeb. Fürsten und Herren ... Herzögen zu sachsen, Landgrafen in Thüringen ... auch sonstem gutem zeitigem recht und zuvorgehabten Bedenken und um sonderlichen, scheinbaren unseres Nutzens willen, eines rechten beständigen aufgerichteten erblichen und ewigen Kaufs dem Gestrengen und Ehrenwerten Matthes von zu Mildenfurth, Hauptmann zu Koburgk und seinem Lebenserben verkauft haben und hiermit verkaufen die Obergerichte über Hals und Hand an uns auf den Dörfern Wünschendorf samt dem Vorwerk daselbst, Falkau und Unditz soweit sich in ihren Fluren rein (Rain) und Stein erstrecken ... für Achthundert Gülden, je einundzwanzig Groschen gerechnet ... Als nämlich Falkau, des Dorfes Einwohner geben jährlich neben denen zu Wünschendorf zehn Gulden Frohngeld wegen des Holzhauens, so sie zum Feuerwerk jährlich ins Amt Ronneburg tun müssen, doch steht und allerwege frei das Geld zu nehmen und das Holz hauen lassen. Item sieben Männer zu Falkau müssen jährlich das Amt Ronneburg scheuern im Schloß auch andere, so in zu Zeiten Amtsverweser zuständig sein, ausfegen, und das Stroh daraus, wohin man sie bescheidet, doch nicht außer den Hof tragen. Ferner müssen sie, neben denen zu Wünschendorf allen Hafer so zu Ronneburg auf des Amts Uegkern (Ueckern) in zu Zeitenerwachsen ist, alle Jahre aufrechnen, binden und die Seile dazu machen von des Amtes Stroh. Item es muß auch ein jetzlicher (jeglicher) eine Tag Schafe scheren; letztlich müssen auch ins Schloß Ronneburg und anderen dazugehörigen Gebäuden; auch den Schafstall, so oft sie verordnet und von nlten ist, die alten Wände kleiben, zimmere und wiederum anrichten. Darüber muß noch einer Barthel Hoßner (oder wer auf demselben Gut Nachfolger ist) so er jetzo besitzt, jährlich eine Tag Gerste rechen.
Die zu Wünschendorf geben zehn Gulden Frongeld, vor das Holzhauen wie oben bei Falka; drüber geben sie jährlich zwei neue Schock sechs Groschen und 8 PFG Geschoß, halb Walpurgis und halb Michaelis. Item 24 Groschen jährlich von 6 kleinen Häuslein Zins auf genannte zwei Termine, und gehen jährlich auf Michaelis fünfzehn Zollscheffel und fünfthalb Viertel Zollhafer. Weiter müssen sie neben denen zu Kalkau jährlich allen Hafer, so auf Amtsteil zuzeiten erwachsen aufrechen, binden, und vom Amtsstroh die Seile selbst dazu machen. Es muß auch ein jeglicher Einwohner zu Wünschendorf einen Tag Schafe scheren, und letztlich müssen alle Männer daselbst im Schloß Ronneburg auch den Schafstall so oft sie verordnet und von Nöten ist die Wände kleiben, stücken, Zäune flicken und wiederum anrichten.
Des Dorfes Undiz Einwohner geben jährlich zwei neue Schock dreißig Groschen Geschoß, darüber auch zwölf Viertel Zollhafer zu Michaelis. Weiter frohnen sie jährlich dreißig Tage mit ihren Pferden und pflügen die Ronneburger Schloßfelder. Darüber noch drei Tage mit der Sense Getreide zu hauen, ihrer neune helfen zu Ronneburg Schafe scheren; weiter müssen sie 12 Tage mit der Hand frohnen, wann sie verordnet werden, tun, was sie heißt ...
Alles getreulich und ohne Gefährde zu Urkunden und Glauben haben wir Heinrich zu Wildenfels und Ronneburg vor uns und unseren Lehenserben unser angeborenen Insiegel an diesen Kauf- und Lehnbriefwissentlich zu tun hangen, auch mit eigener Hand unterschrieben, gegeben nach Christi unseres Erlösers und Seligmachers Geburt im tausenfünfhundert und darnach im siebenundfünfzigsten Jahr am Mittwoch nach Luciaen."

Die Gemeinde Wünschendorf scheint mit dem Verkauf aber nicht einverstanden gewesen zu sein, und es wurde ein langer Streit geführt. Erst durch einen Vertrag vom 20. Dezember 1794 wurden die Streitigkeiten wegen der drei Dörfer beigelegt; sie wurden mit allen Rechten vom Herzog an den Kurfürsten von Sachsen gegen eine Entschädigungssumme abgetreten. (H. G. Franke, 26. Bericht). Es hatten nun in Wünschendorf zwei Herren die Obergerichte inne: im Dorfe und den Gutsgebäuden M. von Wallenrodt, dagegen in den Wäldern und der Flur des Vorwerks der Kurfürst bez. der Amtmann v. Weida.
Im Hofe des Kurfürsten scheint man aber den Verkauf von Mildenfurth bald bereut zu haben, und schon Kurfürst Joh. Georg I. kaufte 1617 den gesamten Klosterbesitz (von David von Raschau) zurück und verwandelte das Kloster Mildenfurth in ein Amt*) mit Jagdschloß; denn die großen Waldungen waren außerordentlich wildreich; später wurde daraus ein Kammergut mit den Vorwerken Wünschendorf und Deschwitz.
Alle Fronen blieben bestehen, die Gefälle an Getreide mußten auf den Rentamts-Zinsgetreideboden**) zu Weida abgeliefert werden an den alten Zinstagen: Walpurgis, Michaelis, Weihnachten. Angenommen wurden nur gute, trockene Körner. "Ergötzlichkeiten werden bei Ablieferung der Gefälle observantsgemäß nicht gereicht."

Geschoß-, Fron-, Erb-, Hafer-, Haferrechzins und Cronspitzer Zins wurden von dem Steuereinnehmer der Gemeinde vereinnahmt und an das Rentamt abgeliefert.

Was der einzelne Landwirt zu geben und zu leisten hatte, mögen zwei Beispiele aus Wünschendorf zeigen:
Haubesitzer Zsch. mit einem Grundbesitz von 19 Ackern war belastet mit Heu- und Grummetfrone zu Mildenfurth, Deschwitz und Wünschendorf, mit der Erntefrone und gibt ferner:
10 Groschen 3,33 Pfennige Geschoß- und Frongeld zu Walpurgis,
10 Groschen 3,33 Pfennige Geschoß- und Frongeld zu Michaelis.
2 Viertel 2 Metzen Hafer, Ronneburger Maß,
5 Groschen 5,521 Pfennige Erbzins zu Walpurgis,
5 Groschen 5,521 Pfennige Erbzins zu Michaelis,
1 Huhn zu Fastnacht oder 5 Silbergroschen 1,667 Pfennige
2 Hühner zu Jakobi, 1 Huhn 2 Silbergroschen 6,833 Pfennig
2 Kannen Mohn zu Michaelis, oder 1 Silbergroschen 3,417 Pfennige
1 Scheffel 2 Viertel Hafer, Dresdner Maß , dazu 5 % Lehngeld.

* )Im Jahr 1815 wurde das Amt Mildenfurth mit dem Amt Weida vereint.
**) 1813 verkaufte der Rentboden zu Weida an das Etappen-Fourage-Magazin daselbst 500 Scheffel für 619 Thaler (Regierungsblatt 1820 Nr. 6).

Alle Zinspflichtigen von Wünschendorf gaben zusammen 1667:
10 Taler 22 Groschen 3 Pfennige Erbzins zu Walpurgis,
13 Taler 13 Groschen 1 Pfennig Erbzins zu Michaelis,
1 Taler 1 Groschen 0 Pfennige am Abend vor Weihnachten,
17 Stück Hühner zu Fastnacht,
60 Stück junge Hühner zu Jacobi,
14 Kannen Mohn zu Martini, Dresdner Maß,
1 Scheffel Korn zu Martini, Dresdner Maß,
1 Scheffel Gerste zu Martini, Dresdner Maß,

Alle Zinspflichtigen von Wünschendorf gaben zusammen 1834:
1 Taler 8 Groschen 6 Pfennige Cronschwitzer Zins zu Walpurgis,
2 Taler 2 Groschen 11 Pfennige Cronschwitzer Zins zu Michaelis,
7 Taler 9 Groschen 8 Pfennige Geschoß- und Fronzins zu Walpurgis,
7 Taler 9 Groschen 8 Pfennige Geschoß- und Fronzins zu Michaelis,
0 Taler 7 Groschen 8 Pfennige Haferrechzins zu Michaelis,
16 Scheffel 1 Viertel 2 Maß Hafer (Ronneburger Maß).
11 Taler 11 Groschen 5 Pfennige Erbzins zu Walpurgis,
17 Taler 8 Groschen 5 Pfennige Erbzins zu Michaelis,
0 Taler 5 Groschen 1 Pfennige Erbzins zu Weihnachten,
17 Stück Hühner zu Fastnacht,
60 Stück junge Hühner zu Jacobi,
14 Kannen Mohn, 1 Kanne 7,8 Pfennige
15 Scheffel Hafer zu Martini (Dresdner Maß),
1 Scheffel Korn zu Martini (Dresdner Maß),
1 Scheffel Gerste zu Martini (Dresdner Maß),
1 Ronneburger Scheffel = 1 Scheffel 2 Viertel 3 65/73 weimarische Kannen.
1 Dresdner Scheffel = 1 Scheffel 1 Viertel 2 5/6 weimarische Kannen.

Ehegatten haben das hergebrachte Lehngeld zu zahlen von Grundstücken, welche sie durch Testament erben oder dergleichen auf den Todesfall geschenkt erhalten, teils in fünf, teils in zehn von Hundert. Das Besthaupt ist im Lehngeld eingeschlossen.
Vergleicht man die Übersciht von 1667 mit 1834, so ergibt sich, daß Zins und Abgaben sich vermehrt haben, was sich daraus erklären läßt, daß einzelne Besitzer anfingen, Fronen und Abgaben abzulösen, so entstand Geschoß-, Fron-, Haferechzins.
Die Ablösung läßt erkennen, wie der verschiedene Zins überhaupt entstanden ist.

Untitz gab 1767:
6 Taler 12 Groschen 11,5 Pfennige Erbzins zu Walpurgis,
6 Taler 19 Groschen 13,5 Pfennige Erbzins zu Michaelis,
5 Viertel Salz oder 1 Taler 21 Groschen,
2 Stück Füllhühner, je 18 Pfennige,
3 Scheffel Korn, 3 Scheffel Gerste, 15 Scheffel Hafer,
10 Tage Pferdefrone, 8 Tage Handfrone.

Altgommeln Erbzins, dazu:
2 Aßo 2 Mandeln 6 Stück Eier,
30 Scheffel Hopfen, je 16 Groschen, 2 1/2 Viertel Mohn,
24 Tage Handfrone.

Linde gab Erbzins, dazu:
27 Käse, je 1 Pfennig, macht 2 Groschen 3 Pfennige,
67 Stück Eier, je 1 Pfennig, macht 5 Groschen 7 Pfennige,
11 1/2 Napf Mohn, je 4 Pfennige, macht 3 Groschen 10 Pfennige.

Veitsberg gab Erbzins, dazu:
15 Stück alte Hühner, 58 Stück junge Hühner,
22 Groschen Schafschergeld.
Zadelsdorf ähnlich, noch 3 Kapaunen,
Weida ähnlich, noch 2 1/4 Scheffel Salz oder 1 Viertel 9 Groschen, Cronschwitz ähnlich, noch 44 Tage Weiberfrone,
Döchwitz (Teichwitz) ähnlich, noch 1 Stein Unschlitt oder 2 Taler 13 Groschen,
Piesigitz ähnlich, noch 28 Scheffel Hopfen,
Schömberg ähnlich, und ackert noch 24 Scheffel Feld.

Die Güter der Fröner zu Köckritz waren Klostereigentum und gaben 10 vom Hundert Lehngeld.
Einzelne Gehöfte und Grundstücke, die dem Kloster geschenkt worden - "im 15. Jahrhundert wurden aus übertriebener Andacht sehr viele Güter geschenkt" - und deren Besitzer gestorben waren, gab das Kloster irgend einem Verwandten oder Frommen nicht als Eigentum, sondern zu Lehen, und dafür mußte die betreffende Person Frondienste leisten und Abgaben an Getreide, Hühnern, Hopfen, Geld ... geben.
Nach großen Ablaß- und Wallfahrtstagen war die Klosterkasse reichlich gefüllt; da kaufte das Kloster dann Gehöfte und gab sie irgend einem Landwirt zur Bewirtschaftung in Erbpacht *); das Geld blieb gewissermaßen als unkündbare Hypothek darauf stehen, und der Erbpächter zahlte statt Zinsen Erbzins, leistete Fronen und gab Gefälle.
Güter in Orte, die vom Kloster weit entfernt lagen, wurden, solbald der Schenker starb, mit 10 Ellen langen Stangen ausgemessen und verkauft; nur unter besonderen Umständen wurden sie gegen Erbzins zu Lehen gegeben.

Noch einige Beispiele, wie Erbzins und Abgaben entstanden:
Michael Fischer zu Wünschendorf erhielt durch Vertrag vom 30. Dezember 1749 einen Platz vom früheren Klosterbesitz zur Anlage eines Weinberges und zahlte jährlich 12 Groschen Zins. Joh. Zinkeisen in Wünschendorf erhielt laut Vertrag vom 4. September 1732 einen Platz an der Kühkorbfichte zur Anlegung von Gartzenbeeten und zahlte jährlich 3 Groschen Zins. Rosina Fischer in Wünschendorf erhielt einen wüsten Fleck laut Vertrag vom 12. Dezember 1764 zur Erbauung eines Hauses und zahlt 12 Groschen jährlich Zins. Joh. Schreck zu Wünschendorf erhielt laut Vertrag von 1773 einen wüsten Platz am "Forwegk Felle" am Mosener Weg und zahlt 2 Groschen Zins am Abend vor Michaelis. G. Grünitz zu Wünschendorf erhielt laut Vertrag von 1767 neben seiner Mühle einen Schleifplatz und zahlt jährlich 1 Thlr. zu Michaelis.

* Der Staat gab Mühlen in Erbpacht. Die Gräfin Jutta kaufte für ihr Kloster zu Cronschwitz Wiesen oberhalb Mildenfurth, wälder bei Greiz und Saara.

Nachdem der Neustädter Kreis 1815 zu Sachsen-Weimar gekommen war, begann man, Erbzins, Abgaben und Gefälle ganz abzulösen mit Ausnahme der Erntefrone in den Mildenfurth benachbarten Dörfern. Alle Angaben wurden kapitalisiert und als Hypothek auf das betreffende Gehöft eingetragen, sobald der Besitzer dieselbe tilgte, war er aller Frondienste, Abgaben und dergleichen frei. Ein Gutsbesitzer zu Gr., der 5 Thlr. 14 Gr. 6 Pfennige Erb- und Lehngeld jährlich zahlen mußte, löste seine Verpflichtungen mit 114 Thlr. ab.*)
Wenn die Erntefröner von Wünschendorf, Veitsberg und Cronschwitz zur Arbeit kommen sollten, so schrie der "Zaunmeister" zu ganz bestimmter Stunde auf dem Hainacker und Bornberg, und die Kinder mußten genau acht geben, ob und wie geschrieen worden sei, damit man die Frone nicht versäume. Im Sommer arbeiteten die Fröner von früh vier bis um elf Uhr und von eins bis acht Uhr. Die eigene Feldarbeit wurde nebenbei mit besorgt, zuweilen in der Nacht. Fischer, Gutsbesitzer zu Veitsberg, fuhr einmal seine Gerste zur Nacht ein; seine Tochter leuchtete mit einer Laterne; jeder seiner beiden Knaben führte eine Kuh, die Mutter langte Garben, der Vater lud das Fuder, und als es auf der Wiedenkirche zu Weida Mitternacht zwölf Uhr schlug, wurde gerade das letzte Fuder gebäumt. Die Fröner zu Veitsberg ließen sich zur Ernte ihre zehnten Mandel durch Gespanne des Kammergutes (wofür sie die große Wiese mähten) nach dem Dorfplatz fahren und verlosten sie dann; die Wünschendorfer taten es gleich auf dem Felde und jeder der acht Erntefröner fuhr seinen Teil selbst heim.
Als der Staat um 1868 auch die Erntefrone abschaffen wollte, waren die Fröner von Wünschendorf nicht zufrieden und mußten mit Geld abgefunden werden; natürlich durfte nun auch kein Gras mehr aus den Weidichten, kein Holz und Laub mehr aus den Wäldern geholt werden, und die soviel Freude bereitende "Kratzhamenfischerei" bei Eisgang und Hochwasser in der Elster und Weida hörte auf.
Die Handfrone wurde schon 1832 abgelöst und die Handfröner in Wünschendorf mußten die Summe von 2.816,40 Mark dafür zahlen. 
Eine sehr drückende Einrichtung war der Gesindezwang oder der Zwangsdienst. Mildenfurth hatte 26 zwangsdienstverpflichtete Dörfer: Cronschwitz, Döhlen, Dörtendorf, Großkundorf, Großfalka, Kleinbocka, Kleindraxdorf, Markersdorf, Merkendorf, Neundorf, Piesigitz, Rohna, Schüptitz, Seifersdorf, Teichwitz, Untitz, Unterröppisch, Veitsberg, Wiebelsdorf, Wittchendorf, Wünschendorf, Zadelsdorf, Zedlitz, Zickra, Zossen und Zschorta, mit zusammen 223 dienstpflichtigen Familien.

*) Die Gemeinde Pohlen löste die Verpflichtung zur Zahlung des Lehngeldes an die Gerichtsherrschaft zu Klein- und Wüstfalke ab mit 16 % des im letzten Kaufbriefe ausgedrückten Lehnwertes und zahlte 4039 Taler: manche Besitzer entrichteten 400 bis 500 Taler, dazu zwei bis vier Siegeltaler. Die Weidaische Schloßkrone wurde mit 13685 Talern von den Frönern, die in 44 Dörfern wohnten, abgelöst.

Zum besseren Verständnis dieser Einrichtung mag ein Abschnitt aus der Zwangsdienstordnung für Mosen folgen:
"Kein Sohn oder Tochter eines Untertan soll, ehe und bevor sie sich bei dem Erb- oder Gerichtsherren des Ortes, wo sie geboren und erzogen sind, angeboten, sich anderweit zu vermieten: auch jedes der selben der Gerichtsherrschaft, zu welcher Zeit es verlangt wird, zwei Jahre lang, um dieser Ordnung angefügten Zwangslohn (wo nicht noch mehr und geringerer Lohn rechtmäßig eingeführt sind), nicht minder diejenigen, welche ihre Zwangsjahre abgedient und sich anderweit vermieten dem Gerichtsherren um den angezeigten freiwilligen Lohn vor anderen zu dienen schuldig sind ..."
Die Erlernung eines Handwerkes war keine Befreiung vom Zwangsdienst. Es darf kein Handwerker einen Sohn in die Lehre nehmen bei 20 Taler Strafe, es habe dieser seine ausgehaltenen vier Dienstjahre durch obrigkeitliches Zeugnis bescheinigt. Der jährliche Zwangs-Dienst-Gesinde-Lohn für Mosen:
1 Schirrmeister, so das Geschirr machet und schwere Arbeit hat 15 fl, 1 Großknecht 13 fl, 1 Kleinknecht 10 fl, 1 Ochsenjunge 7 fl, 1 Hausknecht, der mit brauet, 12 fl, 1 Kuhjunge 3 fl, 1 Gänsehirt 2 fl, 1 Köchin 5 fl, 1 Kindermäglein 3 fl, 1 Kinderfrau 5 fl, 1 Käsemutter 5 fl, 1 große Viehmagd, so auch backet 6 fl, eine andere große Viehmagd so auch backet 6 fl, eine andere große Viehmagd 5 fl, 1 Hausmagd, so Branntwein brennt, Federvieh besorgt 5 fl, 1 Hausmagd so es nicht kann 4 fl, 1 Kuhmägdlein 2fl (Mosener Schulchronik.).
Wünschendorf hatte 37, Untitz 11 Familien, die in Mildenfurth zwangsdienstverpflichtet waren, im Jahre 1833 zahlte jede dieser Familien 6 Taler, und so löste die Gemeinde Wünschendorf den Zwangsdienst mit 222 Talern ab.
Aus alten Zeiten bestand noch die Hutgemeinde, d. h. die Hirten des Kammergutes (Klosters) Mildenfurth hatten das Recht, alle Grundstücke der Bauern abzuhüten, und die Gemeindehirten durften ihr Vieh auch auf Klosterbesitz treiben. Durch Vertrag vom Jahre 1852 wurde auch dieses Recht aus Klosterzeiten auf ewige Zeiten aufgehoben. Wünschendorf zahlte 500 Taler, Zschorta 405, Großfalka und Untitz je 200, Weida 371, Teichwitz 98, Zossen 67 Taler, dagegen erhielten Veitsberg 270 und Cronschwitz 175 Taler, da diese 2 Gemeinden durch den Hütungsvertrag infolge ihrer kleinen Fluren mehr Nutzen hatten als der Staat.

Lehnschein
Vom Königl.-Polen und Kurfürtsl. Amt Mildenfurth ist dato die Gemeinde Untitz außer bis auf Caspar F., welcher denen Gemeinde-Nutzungen und seinen daran anher zu fordern gehabten Anteil gerichtlich renunciieret, mit ihrem commun Hütern als dem Hirtenhaus, dem Anger vom Dorfe am Pösnecker Weg, welche zusammen zwar auf 200 Taler taxiert, aus consideration aber der dem Amt Mildenfurth auf berührten beiden Angern zustehenden Schaftrift ratione, das Lehngeld quanti auf 150 Thaler herabgesetzt ist, durch deren hierzu bestätigten Lehnträger Christoph Schmidten nach angelobter Lehnspflicht und gegen Entrichtung von 7 Thaler 10 Gr. 6 Pf. gebräuchlich. Lehnware zum 20. Pfennig beliehen und ihnen darüber gegenwärtiger Lehnsschein unter gwöhnlicher Amtsvollziehung ausgestellt worden. So geschehen: Mildenfurth, den 16. Februar 1725, Königl. Polen und Kurf. S. Amt. (gez.) Siegmund Mentzel

Das Rittergut Klein- und Wüstfalke hatte die Triftgerechtigkeit in mehreren umliegenden Dörfern. Die Gemeinde Pohlen löste dieses Recht 1849 mit 900 Talern ab. Die Einwohner von Burkersdorf mußten Frohndienste leisten auf dem Rittergut Burkersdorf, auf Schloß Weida und Kammergut Zossen, 1826 lösten sie Frohn-, Lehn-, Siegelgelder und Erbzinsabgaben mit 12034 Talern, den Zwangsdienst mit 124 Talern ab. Die Gemeinde Pohlen erhielt die Brau- und Darrgerechtigkeit von ihrem Gerichtsherren, dem Besitzer von Klein- und Wüstfalke zu Lehen, Lehensträger war irgend ein Einwohner des Ortes, z. B. Dir. Fuchs u.a. Aus dem Lehensschein, der noch 1833 erneuert wurde seien folgende Stellen mitgeteilt:

Von jedem Gebäude sind 8 Groschen Brau- und Darrzins in die Gemeindekasse zu entrichten. Keiner der Brauberechtigten wolle und solle eher Bier auftun, bis der, welcher vor ihm gebraut, sein Bier ausgeschenkt hat, daß auch jeder, der einmal den Bierausschank aufgegeben, hintendrein, wenn bereits ein anderer aufgetan, bei 12 Groschen Strafe, kein Glas Bier mehr verschenken soll. Der Lehnträger zahlt zuförderst im Namen der brauenden Gemeindemitglieder das Sterbegeld nebst dem Siegelthaler, auch Lehn- und Schreibgebühren; ferner drei Thaler Lehngeld, den Siegelthaler auch Lehn- und Schreibgebühren und liefert den auf dem Brau und Darrhause haftenden jährlichen Erbzins von 8 Groschen zu Michaelis auf dem hiesigen Rittergute pünktlich ab.
Kleinfalke, den 5. Mai 1820

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Kloster Cronschwitz

1. Ein Sohn Heinrichs des Reichen, Heinrich IV., der Mittlere, der Voigt zu Weida (Henricus de Wida), ward vermählt mit der Gräfin Jutta. Die Ehe war gesegnet mit 3 Knaben und 1 Tochter, die mit 7 Jahren starb. Der Schmerz über den Tod des geliebten Kindes, vielleicht auch die Sorge um das Heil ihrer Seelen oder ein "Sühnegelübbde" veranlaßte die Eltern, ihre Ehe zu trennen und in den geistlichen Stand zu treten. Am 8. September 1238 wurde in der Klosterkirche zu Mildenfurth durch Bischof Engelhardt aus Naumburg die Ehescheidung ausgesprochen, im Angesicht der zarten Kinder.

"Do wurde o mancher heyszer thranen vergosszen, gros weinen, weclagen, iammer und betrubis gesehem, von sulcher furhyn nymals gehorth noch erfharnen willicher ehelicher sunderunge die gotts krafft und eynsprechung des heiligen geysts aldo eygensichtigklich wirkte. (B Schmidt, S. 121). Als dann seyndt der herre eyn creuczherre und frawe Gutta eyne closterfrawe wurden."

Papst Gegor X. übernahm wegen dieser freiwilligen Ehescheidung, die als ganz besonders fromme Tat galt, die Fürsorge für die hinterlassenen Kinder selbst. Heinrich trat in den deutschen Ritterorden zu Plauen, kämpfte gegen die heidnischen Preußen und Jutta suchte nach einem geeignetem Orte für das neue Kloster; denn es gab in der Gegend noch kein Nonnenkloster. Von den zu Cronevicz wohnenden Töpfern, die auch vielleicht Opferschalen, Urnen, Speise- und Tränenkrüglein fertigten (vielleicht stammen die vielen Scherben des Dachshügels von Gefäßen aus dem alten Cronevicz), vernahme die Gräfin Jutta, daß, als sie einst in Gemeinschaft mit Fischern unter einem Baum nahe der Elster gesessen, sie lieblichen Gesang wie von Engeln vernommen hätten; nach Besichtigung dieses Ortes entschloß sie sich, auf dem selben das neue Kloster bauen zu lassen. Allein Grund und Boden gehörte den Mönchen zu Mildenfurth, die gar nicht sehr darüber erbaut waren, daß in ihrer unmittelbaren Nähe noch ein Kloster errichtet werden sollte. Nach längeren Verhandlungen erklärte der Abt zu Mildenfurth sich zur Abtretung des gewünschten Grundstückes bereit. Es waren 6 Hufen; für die erhielt er 6 Hufen zu Unterröppisch.

Stiftungsurkunde
Alsdann ist das closter auffericht und erbawet czu Cronschwitz doselbst an der selbigen stelle und stadt, so ytzunt Cronschwitz leydt. - Derselbige plane mitsambt der wyszenn und den hewszern gehorten zcum closter Mildenfort, aber gedachte wollgeborne und edle frawe Gutte treib, eynem wechszel und brute mit bestymbtten closter czu wege das der probsth dy zeeit zeu Milldenforth Siboto mit der prior Hupolldo haben gewilliget sambt dem gantzen convent, das sy vor VI hufen landes des closters Cronschwitz mit sambte den ackern, gerten, waszer, waszerleufften, wyszen, weden, holtzern und alles, das ynen eygen isthgewesth und zeugestanden hat innen und auszerhalb Cronschwitz gelegen midt aller gerechtigekyth seyndt vergnuget mit VII hufen ackers adder landes wurden nhemlich ym dorffe Robschitz.
Gescheen ym XIIc und XXXVIII iharrn.
Urkunden-Buch I, 69 Archivrat Schmidt

2. Durch Fronarbeit wurde das Kloster in kurzer Zeit aufgebaut. Zwar ist von demselben außer im Klostersiegel, dessen untere Hälfte eine einfache, dreifenstrige Kirche ohne Turm zeigt, kein Bild vorhanden; allein nach den im Jahre 1905 durch Ausgrabung freigelegten Grundmauern zu urteilen muß die Klosterkirche *) ein langer ansehnlicher Bau von Ost nach West gewesen sein, mit dem Haupteingange im Westen (?). Am östlichen Ende erheben sich noch zwei Mauerreste von ungefähr acht Meter Höhe. Der Stärke der Grundmauern nach, 1,80 bis 2 m, mag die Kirche ziemlich hoch und stattlich gewesen sein. Das Innere schmückte kunstvolle Steinmetzarbeit, von der durch die Ausgrabung viele Bruchstücke zu Tag gefördert wurden, die in der Ruine Aufstellung gefunden haben, so Teile von mit schönem Rundstab gearbeiteten Bögen, von Säulen, Rippen, Fenstern in spätromanischem Stil.
Ein Teil des Altars soll von reinem Silber gefertigt gewesen sein und zeigte auf einer Seite in erhabener Arbeit eine Wiege mit einem schwer kranken Kinde, neben dem seine Eltern mit gefalteten Händen standen. Die Sage erzählt:
Einem Bergmeister in Freiberg waren an einer schlimmen Krankheit in kurzer Zeit 5 Kinder gestorben; als auch das 6. und letzte Kind der Familie erkrankte, tat er ein Gelübde und versprach, einem Kloster in Sachsen einen silbernen Altar zu stiften, wenn sein Kind vom Tode errettet würde. Als das Kind wieder gesund war, schenkte der Vater in seiner großen Freude eine breite Silberplatte als Altarschmuck, und diese wurde dem Nonnenkloster Cronschwitz zugesprochen. Das Metall wurde nach Cronschwitz gebracht, ein berühmter Silberschneider aus Nürnberg herbeigerufen, der "ein Meisterstück auf das Herrlichste" arbeitete. Leider wurde das Kunstwerk im Bruderkriege (?) vernichtet und entwendet.
Gewiß gehörten auch die einstige Oberförsterei und die Pfarrei zum Kloster, und die hohe und dicke Mauer neben dem Dix`schen Hause verrät, daß auch hier einst ausgedehnte Klostergebäude gestanden haben. Die verfallenen Kellerhälse und Gewölbe östlich der Ruine im Gebüsch zeigen wohl den Ort, da die Wirtschaftsgebäude lagen. Bei dem Bau des Funkeschen Hauses wurde viel Totengebein ausgegraben; vielleicht mag dieser Ort der Klosterfriedhof gewesen sein. Die den nördlich von der Ruine liegenden wohlgepflegten Obstgarten einschließende Mauer mag einst wohl das ganze Kloster umgeben haben. Die heutige Pfarrei scheint die Wohnstätte der Predigermönche, deren das Kloster stets etliche hatte, gewesen zu sein; sie waren "Beichtiger und Seelsorger" der Nonnen, vielleicht auch die Schreiber (scriptores), die das Kloster notwendig brauchte.

*) Die Grundmauern sind ungefähr 52 m lang, 12 m breit, 1,80 m bis 2 m dick; die innere Weite der Kirche ist 9 m.

Das Kloster zu Cronschwitz war das Hauskloster des ganzen Vogtgeschlechts, eine Stätte zur Versorgung adeliger, unverheirateter Töchter der Vögte und Ritter des Vogtlandes, und galt darum auch für viel vornehmer als das benachbarte Nonnenkloster zu Weida. Die Nonnen trugen weißen Rock und schwarzen Mantel. Alle Ordensregeln, die sie zur Armut und Keuchheit verpflichteten, hielten sie streng und gewissenhaft, hörten täglich die Messe, beichteten und unterwarfen sich willig allen frommen Bußübungen.


Im Jahre 1275 gingen die Schwestern zur strengen Observanz über und wurden dafür gelobt. U. B. II. 31.
Auch lasen sie eifrig in den Werken ihrer Klosterbibliothek und unterrichteten die jüngeren Töchter des Adels nicht nur in allen weiblichen Handarbeiten, sondern auch in den Wahrheiten des christlichen Glaubens und in der Kunst des Lesens und Schreibens. Aus alten Urkunden sind durch Dr. B. Schmidt, Archivrat zu Schleiz, die Namen von ungefähr 160 Frauen festgestellt worden, die als Priorin, Unterpriorin, Werkmeisterin, Küsterin und Nonnen im Kloster lebten. Ursprünglich gehörte das Kloster zum Orden der Dominikaner, gewöhnlich wird es aber als Augustinerkloster angesehen, damit es Grundbesitz erwerben konnte. Die Väter, welche ihre Töchter im Kloster zu Cronschwitz unterbrachten, statteten dieselben meist reichlich mit Einnahmen aus, und nach dem Tode der einzelnen Nonnen verfielen ihre Einkünfte dem Kloster; nur selten und auch erst gegen das Ende der Klöster kam es vor, daß Stiftungen zu Gunsten einer Nonne nach deren Tode an die Familie zurückfielen.
Zwei fromme Frauen in Mosen schenkten den Wald am Geyerstein, Klosterholz genannt, und 3 Wiesen im Fuchstal; 1826 kaufte Gottfr. Schweizer aus Mosen die Klosterberge für 3000 Taler zurück und 1908 kamen auch jene 3 Wiesen wieder zum Besitz des Rittergutes Mosen.
Einzelne wohlhabende Männer vermachten, um als Laienbrüder in das Kloster eintreten zu dürfen, oder um auf dem Klosterfriedhofe beerdigt werden zu können, ihr ganzes Besitztum dem Kloster; wieder andere errichteten Stiftungen für Seelenmessen, und so kam es, daß das Kloster im Laufe der Jahre reich wurde. Die geschenkten Summen verwandte man zu Ankauf von Grundstücken oder gab das Geld auf fremde Grundstücke zum sogenannten Erbkauf, und so kam es, daß zwischen Plauen und Lobeda, zwischen Werdau und Schleiz kaum ein Ort war, in dem nicht Gehöfte lagen, die dem Kloster Cronschwitz gehörten, oder ihm zinspflichtig waren. Im Jahre 1262 wurde den Nonnen gestattet für 1000 Pfund Lehngüter zu kaufen, und 1322 kauften sie Güter in Bieblach und Milbitz. Im Jahre 1404 kaufte das Kloster von Albrecht Appel zu Lobeda um driszig schok crucze grossihin. U. B. II. 442. 1432 traz Nyccolaus von Masin daz wasser und die vichsserie in der Elster an das Kloster Cronschwitz ab U. B. I. 848. Archivrat Dr. Schmidt nennt in seinem Werke "Geschichte des Klosters Cronschwitz" 114 Orte, aus denen dasselbe Einkünfte bezog. Bald mußte Geld nach Mark, Schock, Gulden, Schillingen oder Pfund berechnet, bald mußten Korn, Weizen, Hafer, Gerste, Hopfen, Erbsen, Mohn, Flachs, bald Lammbäuche*), Hühner, Eier, Käse gegeben, oder Schnitter und andere Arbeiter gestellt werden; und weiter gehörten ihm auch Felder, Wiesen, Wälder, Obst- und Krautgärten, Weinberge und so manches Fischgewässer.

*)eynen, lammesbuch, der acht phennige gelde muge.
Heinrich der Ältere, Vogt von Gera, verlieh dem Kloster Cronschwitz das Dorf Waltersdorf, um nach seinem Tode eine Messe für ihn zu halten. 1328...... und daz habenn wyr gethann mit wolbedachte mutte umb daz, das si (frawenn zeu Cronswicz) zeu troste unnd zeu hulffe unnd zeu ....


Selbst der Kurfürst Friedrich der Weise von Sachsen schenkte am 4. Oktober 1517 die damals hohe Summe von 50 Gulden. 
Der gewaltige Reichtum des Klosters Cronschwitz erklärt sich auch mit aus dem Ablässen, die es gewähren konnte. Schon der päpstliche Legat Petrus verhieß 1247 all denen, die das "wunderbar begnadete Kloster" an seinem Stiftungstage besuchen und mit freigiebiger Hand unterstützen würden, Ablaß auf 1 Jahr und 40 Tage; noch zehn andere Bischöfe und Erzbischöfe gaben dem Kloster das Recht, Ablaß auf 40 oder 80 Tage zu gewähren; zudem besaß das Kloster auch noch den Schädel des heiligen Georg.
Gar bald wurde Cronschwitz ein besuchter Wallfahrtsort. Immer zahlreicher strömten die Gläubigen herbei, den Schädel zu verehren, das Kloster zu beschenken und Ablaß zu empfangen, und bald war das Kloster das reichste in Thüringen und Sachsen. Wegen der Abgaben und geschenkten Güter mußte das Kloster so manchen Rechtsstreit führen. Ein Weidaer Bürger, Joh. Ruß verklagte die Nonnen sogar bei dem Papst und einige Male wurden Bann und Interdikt über das Kloster ausgesprochen, einmal deswegen, weil die Nonnen "den exkommunizierten Laien Hans von Wolfersdorf" auf dem Klosterfriedhof hatten beerdigen lassen. Bei Ausgrabungen der Ruine im Jahre 1905 fand sich auch ein Grabstein mit dem Bild eines Ritters, dessen Schild einen springenden Wolf und die Jahreszahl 1419 zeigt; doch sind nur die Beine, die auf zwei Wölfen (?) ruhen, bis zum Knie erhalten und die reich verziehrte Scheide des Schwertes.

heyle unnszer selen alle tag ewigklichenn beyde morgens unnd des abents denn frawenn in remtur zcu yrer rechte pfrunde uber all schullens eynes gerichtes mher gebenn vonn vischenn ader von heringen ader vonn eygernn, wye ym denne das gewohnlichenn zcu essen ist ...
Auch schullen dy vorgenanttenn frawenn alle tage ewigklichenn ye nach der complet unns sprechen ob unszern grabe, ader wo wyr begraben wurden den psalm de profundis unnd mit eynner collecten unnd singen eyn antiffon von unszer frawenn ....
Bruchstücke aus Urkunde Buch II. 270.

Nickel Heilignurne zcu Weczelstorf (Wetzdorf) gibt 1382:
sibenczehn breite Miszner grosschen,
drittehalben scheffil kornez,
drittehalben scheffil weyszes,
zweyen scheffil gersten,
vir scheffil havern,
eyn scheffil hopfen,
eine hune,
czwelif eyer,
vir kese,
vir schussel erbeis (Erbsen),
czwu schussel mahen (Mohn),
einen cloben vlachszes.


Die höchste Person des Klosters war die Priorin: ein Verzeichnis läßt erkennen, daß die 31 Personen, die von 1238 bis 1552 an der Spitze standen, meist Töchter von Landsherren waren. Es finden sich in demselben neben anderen die Namen: Jutta von Gera, Agnes von Plauen, Sophie von Altenburg, Sophie von Weida, Anna von Wolfersdorf. Der Abtissin zur Seite stand die Suppriorin; die Hauswirtschaft besorgte eine Werkmeisterin und die äußeren Angelegenheiten des Gottesdienstes die Küsterin. Den weltlichen Besitz verwaltete ein Hofmeister, der letzte war Luthers Schwager, Hans von Bora, der von 1542 bis zur Auflösung des Klosters tätig war. Der Gemahl der Stifterin des Klosters trat in den deutschen Ritterorden zu Plauen ein, kämpfte in Preußen, kehrte später zurück, erkrankte im Kloster Cronschwitz, starb 1249 und fand auf dem Klosterfriedhofe seine letzte Ruhestätte. Unter einer 2 Meter langen und 1 Meter breiten Steinplatte lag ein auffallend großes, starkes männliches Skelett, dessen rechte Hand auf der Brust ruhte; mit großer Sicherheit konnte angenommen werden, daß es die Gebeinde Heinrichs seien; sie wurden aber wieder in die Erde gebettet, und jetzt liegt auf dem Grab eine mit Inschrift versehene Eisenplatte, gestiftet von seiner Durchlaucht Heinrich XIV., Fürst Reuß.
Der zunehmende Reichtum des Klosters gestattete, die alten Baulichkeiten auszubessern, zu vergrößern und neue aufzuführen, wie aus manchem Schriftstück zu ersehen ist.
So ersuchte im Juli 1482 die Priorin Margarete von Meusebach den Herzog Wilhelm von Sachsen um die Unterstützung mit Holz zum Klosterbau, den sie noch vor Eintritt des Winters vollenden möchte, und 1503 bat die Priorin Margarete von Bockwitz um "Erlaß eines Rüstwagens mit starken Pferden", der Wein nach Jena bringen sollte; denn das Kloster hatte eine großen Bau vor, nämlich den Bau eines Refektoriums von 42 Ellen Länge und 14 Ellen Breite. Ob diese Bauten alle zur Ausführung gekommen sind, erscheint beinahe fraglich, denn in einem Schriftstück aus dem Jahre 1544 findet sich die Bem
erkung: "alles baufällig".
Im Jahre 1526 erschienen die Visitatoren zu Cronschwitz und fanden unter den
Klosterleuten große Uneinigkeiten wegen der Reformation; während ein Teil der Nonnen nach einem frommen Mann verlangte, der das Evangelium lauter vortrüge, bat die papistische Partei, die Horas*), wie früher singen und bei dem alten Glauben bleiben zu dürfen. Die Visitatoren verordneten einen evangelischen Beichtvater, der den Nonnen zwar den Kelch reichte, aber den Wein durch eine silberne Röhre nehmen ließ, damit ihre Lippen den Kelch nicht berührten, und im Jahre 1535 schied eine Anzahl Nonnen freiwillig, ohne daß ihnen besondere Hindernisse bereitet worden wären, aus dem Kloster aus, ja - man gab einer jeden sogar noch 25 Gulden; die zurückgebliebenen Nonnen erhielten die hinteren Klostergebäude, den Obstgarten und die Kirche.

*) Horen, d. h. die sieben Betzeiten: Mitternacht, Hahnenschrei, Morgen, Neune, Mittag, Drei und Vesper; jedesmal 25 Vaterunser und Ave-Maria.

Auf Befehl des Kurfürsten Joh. Friedrich des Großmütigen wurde im Jahre 1544 das Kloster Cronschwitz aufgehoben, in dem selben Jahre fand eine Aufnahme aller zum Kloster gehörenden Gebäude statt, da werden genannt:
Wohnhaus oder Probstei, Refektorium, Küche, Backhaus, Pferdestall, Schweine- und Kuhstall, Viehhaus, alles baufällig, die hinteren Klostergebäude mit Garten und die Kirche.

Den gesamten Klosterbesitz*) kaufte am 5. Januar 1544 der Hauptmann Matthes von Wallenrothfür 2200 Gulden und ein zu haltendes Ritterpferd. Die letzten verbürgten Nachrichten über das einstige Kloster Cronschwitz stammen, soweit bekannt, aus dem Jahr 1574, da heißt es:
"Desgleichen wird auch zu Cronschwitz in vierzehn Tagen einmal gepredigt am Sonntag frühe; bis auf der letzten Kloster-Personen tödlichen Abgang. Nachdem auch noch die wüsten Kirchen sein, als zu Cronschwitz, Untitz und (Groß)-Falke, darin in vierzehn Tagen einmal Predigt und Kinderlehre gehalten wird, so sind noch in einer jeden ein klein Glöcklein."

*) Luther gab zwar Ratschläge über die Verwendung der Kirchengüter; wollte er sich aber die Freundschaft von Fürsten und Rittern erhalten, so mußte er geschehen lassem, daß oft die Mächtigen dasjenige an sich rissen, was von Frommen gestiftet war. (Schlosser IX. 492.)

In diesen Urkunden wird die Klosterkirche schon als wüste Kirche bezeichnet. Da der Bauernkrieg dem Kloster wahrscheinlich keinen Schaden gebracht hat - die Beichtmönche waren zwar einmal aus übergroßer Furcht geflohen, kehrten aber sehr bald zurück- so scheint es, daß der neue Besitzer sich wenig um die schon 1544 baufälligen Gebäude gekümmert hat, wohl aber kann jener Ausdruck auch gleichbedeutend sein mit "verlassener Kirche".
Was an Gebäuden noch vorhanden war, wurde wahrscheinlich 1633 durch Holks Scharen, die im August Weida niederbrannten, vernichtet, und 1646 soll der große Altarstein aus "der ruinierten Klosterkirche" hervorgezogen und nach Weida in die Marienkirche gebracht worden sein. Der Pfarrer Joh. Blauschmidt, ein geborenen Weidaer, der von 1637 an Kantor, später Rektor daselbst war, der am Osterdienstag 1647 seine Probepredigt in der Veitskirche hielt, der also mitten im Kriegselend der Heimat aufgewachsen war, und dem wir so manche Nachricht über jene Zeit verdanken, hat gewiß auch über das Schicksal des Klosters während des dreißigjährigen Krieges aufgeschrieben, allein gerade diese Nachrichten sind nicht mehr vorhanden.
Zu Beginn des schmalkaldischen Krieges scheinen die Klöster Mildenfurth und Cronschwitz in Gefahr gewesen zu sein, denn als Herzog Moritz von Sachsen sich in Weida aufhielt, erließ er am 11. Nov. 1546 für beide Klöster eine "Sauve Garde".
Aus der Klosterruine, die im Laufe der Jahrhunderte von unberufenen Händen oft durchwühlt worden sein mag, sind alle Dinge, die irgendwie zu gebrauchen waren, fortgeschafft worden, so Stufen, Platten, Ecksteine, Bausteine, Haspen*) .... Die durch Archivrat Dr. Schmitz-Schleiz 1905 veranlaßte Ausgrabung legte die Grundmauern der Klosterkirche frei. Kleinere Funde werden zur Zeit in der Veitskirche aufbewahrt, die Grabsteinplatten liegen noch in der Ruine. Auch wurde ein Steinsarg in der Form einer liegenden geraden Säule von ungefähr 2,15 m Länge, 0,85 m Breite und 0,60 m Dicke gefunden. Sarg und Deckel waren durch vier starke, eiserne mit Blei eingegossene Bolzen sehr fest verbunden. Bei der Oeffnung fand sich in der 1,80 m langen und 0,46 m breiten Höhlung Staub und eine verrostete Schnalle.

*) Die meisten Steine zum Bau einer Fabrik zu Weida sollen von den Rudera des Nonnenklosters zu Cronschwitz genommen und nur einige Untermauern gelassen. Günther S. 1183.

Als Priorin des KLoster werden genannt:
Agnes v. Plauen, Mechthild v. Plauen, Jutta v. Weida, Elisabeth v. Tannroda, Barbara v. Plauen, Anna v. Gera, Jutta v. Weida, Metze v. Gera, Sophie v. Altenburg, Elisabeth v. d. Planitz, Margarete v. Wolframsdorf war Werkmeisterin, Sophie v. d. Tann war Küsterin, Johann v. Kirchkau war Verwalter, Joh. Rouber war hovemeister, Franz Seberger war Kaplan 1411, frater Berthramus, provisor des Klosters 1346, Johannes v. Weißenfels und Rudier v. Eger waren Beichtiger um 1353.

Namen einiger Nonnen im Kloster Cronschwitz:
Elisabeth, Margarete und Mechthild v. Mosen, Anna v. Kulmitzsch, Anna u. Elisabeth v. Wolfersdorf, Jutta, Anna und Sophie v. Weida, Kunigunde, Emiche und Leukard v. Berga, Jutta Werner aus Gera, Anna v. greiz, Sophie und Jutta v. Altenburg, Anna v. Neumark, Barbara und Dorothea v. Plauen, Jutta von der Planitz, Agnes v. Machwitz, Elisabeth und Adelheid v. Eger, Adelheid v. Oberhausen, Kunigunde und Margarete v. Pöhl, Anna v. Käfernburg, Katharina v. Wolframsdorf.

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Etwas vom Bauernkrieg

Die 12 Bauernartikel fanden auch in unserer Heimat viel Anklang, und als die Kunde von den Taten und Erfolgen der süddeutschen Bauern eintraf, sammelten sich Bauern von Neustadt a. O. und der Umgegend und schlossen sich der Bewegung an, „etliche haufen haben die entborung mit fischen in der edelleut gehegten wasser angefangen und haben den von Eichich (Dreitzsch) Buster (Drakendorf), und von Bünow zu Schloben, und meyns vorsehens Dittrich von Lichtenhayn, Görg von Brandenstein (Oppurg) alle yhre heisser zcurissen und herausgenommen, was drynnen gewest.“ (Aus dem Bericht des Herzogs Johann an den Kurfürsten vom 30. April). Als diese Nachricht im Nonnenkloster Cronschwitz eintraf, flohen die Beichtmönche, und ein Brief, den die Nonne Anna von Gera, in dieser Zeit an ihre Schwägerin schrieb, läßt erkennen, daß die Nonnen wegen des Krieges in großer Besorgnis lebten. Deshalb gab das Kloster alle seine Kirchenschätze dem Herren von Gera, Heinrich XIV. zur einstweiligen Aufbewahrung. Am Sonntag Lätare, 11. März 1526, wurden sie zurückerstattet.
Aus der Quittung über die Zurückgabe seien einige Sätze angeführt:

Ich Anna von Meißbach, priorin, Cordula von Beeßen, unterpriorin, Cunigunde von Plauen, Anna von wolfersdorf und Margaretha von Bockwitz, auch wir der gantzen Sompung deß jungfrauen Closters zu Cronschwitz bekennen ... daß unsers des Closters Heiligtum, Kleyndt, Kelch, Monstranzien, Creitz, Meßgewand und anders ... wieder in unser Closter eingeführt, bracht, empfangen und wir wir wieder eingenommen haben *).

Jene Neustädter Bauern kehrten aber bald in ihre Gehöfte zurück und da sie freiwillig Frondienste und Abgaben wieder auf sich nahmen, kamen sie mit einer Geldstrafe von 2000 meißnischen Gulden davon.
Nun fasten auch die Cronschwitzer Beichtmönche Mut, kamen zurück und erfüllten ihre Pflicht wie früher.
Auch im nahen Altenburger Lande hatten die Bauern Pfarrhäuser und Kirchen (Kayna, Monstab, Mockzig) geplündert. Als sie jedoch von der Niederlage bei Frankenhausen hörten, verloren viele den Mut und kehrten heim. Nach kurzer Zeit erschienen mehrere Fürsten mit einer Heeresabteilung in Altenburg und geboten der Bauernschaft, sich mit ihren besten Waffen daselbst einzufinden, andernfalls sie als Aufrührer bestraft würden.

*)
Weidaer Geschichtsblätter, Heft 7, S. 21

Die Bauern fügten sich, erschienen, wurden entwaffnet und mußten sich in der Brüderkirche versammelm, in der auch die Fürsten Rat hielten. Einem Bauer dauerte es zu lange; er wendete sich an die Fürsten und rief:

„Gnädige Herren, was sollen wir armen Bauern hier so lange eingesperrt stehen. Ich dächte es wäre besser, wir gingen heim und warten unserer Arbeit, oder sähen darauf, daß die Landsknechte die Hühner nicht alle wegfingen.“

Diese Rede veranlaßte die Fürsten zum Lachen, erweckte auch in einigen Mitleid und hatte den Erfolg, daß das allerdings strenge Urteil gemildert wurde. Sämtliche Bauern bis auf vier, die später auf dem Markte hingerichtet wurden, konnten heimkehren. Ihnen wurde das Tragen von Waffen verboten und gegen vierzig wurden des Landes verwiesen. Die Fürsten ließen auch zu Weida Anführer von Bauern recken und peinigen und mit der Schärfe des Schwertes auf dem geweihten Friedhofe enthaupten; ähnliches geschah zu Plauen.

Im Jahre 1522 kostete:
1 Klafter Holz 10 Groschen,
1 Scheffel Korn 15 Groschen,
1 Scheffel Gesrte 8 Groschen,
1 Scheffel Kalk 3 Groschen,
1 Kanne Bier 3 Pfennige,
1 Kanne Frankenwein 14 Pfennige,
1 Pfund Wachs 3 Groschen,
1 Pfund Kalbfleisch 3 Pfennige,
1 Pfund Rindfleisch 5 Pfennige,
1 Pfund Karpfen 1 Groschen,
1 Paar Mannschuhe 2 Groschen 3 Pfennige.

Ein Maurer oder Zimmermann erhielt die Woche 14 Groschen und die Kost, 1 Tagelöhner erhielt den Tag 9 neue Pfennige = 18 Heller, 1 Mäher erhielt den Tag 3 Groschen und die Kost.

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Ritter und Bauern

Die Gehöfte und Ortschaften, welche keine Frohndienste für Klöster verrichten mußten, waren wieder zu allerlei Diensten auf den Schlössern, Burgen und Gütern der Ritter*) verpflichtet. Solche Rittersitze, wohl meist angelegt zur Zeit der Unterjochung der Wenden, um sie im Gehorsam zu erhalten, gab es in recht vielen Orten unserer Heimat, so zu Clodra, Berga, Wolfersdorf, Culmitzsch, Endschütz, Mosen, Kleinfalka, Liebschwitz, Köckritz, Steinsdorf, Crimla, Hohenölsen usw.; in einzelnen Orten gab es deren zuweilen sogar zwei. In Meilitz lagen der Vorderhof, der 1670 dem Junker Heinrich von Eichicht gehörte, und der Hinterhof, auf dem zu jener Zeit die Familie von Raschau saß. Das Rittergut Wüstfalke gehörte 1670 dem Junker Ehrenfried von Wolfersdorf, während das Rittergut Kleinfalke im Besitz derer von Carlowitz war. Die Herren auf Mosen, Endschütz, Ronneburg u.a. übten selbst die Gerichtsbarkeit**) über die ihnen gehörenden Ortschaften aus.
Was die Bewohner solchen Gütern alles leisten mußten, mag das Beispiel von Mosen zeigen, welches bis 1826 zum Amt Ronneburg gehörte. Als in diesem Jahre Herzog Friedrich IV. von Altenburg kinderlos starb, kam es in der Erbteilung am 12. November 1826 an das Herzogtum Meiningen und wurde an das Amt Kamburg angeschlossen, erst 1839 zum Amt Saalfeld geschlagen.
Der Sage nach gab es in Mosen in uralter Zeit, nachdem es durch Bauern gegründet worden war, sehr fleißige Bewohner. Nachdem die Wenden besiegt waren, siedelten sich in Mosen zwei deutsche Ritter an, der eine gründete den Sedelhof (Siedelhof), der andere besaß das Vorwerk, welches um die Mitte des 16. Jahrhunderts einging. Grund und Boden erhielten sie als Lohn für ihre Tapferkeit im Krieg; die Bewohner wurden „zins- und lehnsässig“ und werden schon zu Anfang des 12. Jahrhunderts als solche genannt.

*)Zur Ritterausrüstung gehörten Brünne und Finteile. Die Brünne war ein Waffenhemd aus Leder mit aufgenähten Metallplatten oder Metallringen. Der Finteil war eine mit Ringen benähte Kapuze zur Brünne.
**) Die Femgerichte Westfalens reichten bis in unsere Heimat, ja bis nach Thüringen, wo es viele „Wissende“ gab; Herzog Wilhelm gebot aber 1454 seinen Untertanen, nicht vor der Feme zu erscheinen, sondern vor den ordentlichen Gerichten.

Auszug aus dem Kauf- und Erbregister des Götz von Ende 1558:
Jeder Pferdebauer brachet 2 Tage, ruhrt 2 Tage, ackert 2 Tage zur Wintersaat, ackert 2 Tage zur Haber, und fährt 1 Tag Mist, den er selbst ladet, vom Aufgang bis zum Untergang der Sonne bei seiner eigenen Kost. Wenn sie ackern, so gibt man jedem zu Mittag ein „Gebündlein“ Heu oder drei alte Pfennige. Noch müssen sie einen Tag felgen, einen Tag ruhren und einen Tag ackern zur Gerste, macht 18 Tage, dafür erhält jeder Kost und ein Bündlein Heu.
Die sechs Pferdefröner helfen den acht Handfrönern jedes Jahr einen Tag Brennholz stangenweise hauen, Reisig aufbinden, was diesen Tag nicht genugsam Holz gehauen, soviel man das ganze Jahr Holz zum Feuer brauchet, das müssen die Handgüter mit dem Abhauen und Zusammenräumen erfüllen. Es müssen aber gleichwohl die sechs Pferdefröner solch Stangenholz und alles Reisig auf den Hof fahren bei ihrer eigenen Kost. Wieder helfen die sechs Pferdefröner alles Heu und Krumt, desgl. den Haber ab- und aufbringen, dürre machen, aufbinden, einfahren, alles bei eigener Kost. Die Handfröner schneiden alles Korn, Weizen, Gerste, Linsen und Erbsen um das 13. Schock ab, das müssen die Pferdefröner alles einfahren bei eigener Kost. Darein gibt man den Schnittern ein Schock Korn und drei Schock Haber. Item die Handfröner dreschen alles Getreide um den 14. Scheffel bei eigener Kost, darein gibt man 1 Scheffel Korn und ein Scheffel Haber. Weiter müssen die Handfröner alles Gespunste, Flachs und Hanf mit jäten, fimmeln, reifeln, schneiden, ein- und auswaschen, aufstauchen, und mit Brechen beschicken bis aufs Hecheln. Item alle Inwohner des Dorfes Mosen, ausgenommen der Pfarrer und Hirt, muß jeder des Jahres von jeder Kuh drei Weidehühner zinsen, halb auf Pfingsten, halb auf Michaelis. Weiter müssen auch die Handfröner alle Zäune um das Rittergut machen, die Stecken und Gerten dazu hauen, desgleichen um Baum- und Hopfengarten, alles bei ihrer eigenen Kost. Weiter müssen die Handfröner alle Schabdächer decken, die Schaben dazu machen und alles Band zu dem Sommergetreide. Letztlich müssen die Handfröner die Scheunenbanken räumen, den Mist im Hof zusammenschlagen, auf dem Felde aber allen breiten.
Da die oben geschriebenen Leute diese geschriebenen Zinsen und Fronstücke jährlich zu leisten schuldig und pflichtig, auch darüber nicht weiter beschweret werden, so habe ich

Götz von Ende

für mich und meine Leibes-, Lehnserben und Erbnehmer der Wahrheit zu Gunst an dies Kauf- und Erbregister mein angeboren Insiegel zu Ende der Schrift wissentlich gedruckt. Geschehen und gegeben wie oben.
Mein, Götz von Ende, angeboren Erb- und Kaufregister.

Außerdem erhielt das Rittergut von den Bauern zu Mosen jährlich noch:
80 fl. 4 Gr. 6 Pfennige Erbzins in Geld,
4 fl. 4 Gr. 0 Pfennige für 22 Zinsgänge, Stück 4 Pfennige,
3 fl. 13 Gr. 0 Pfennige für 38 Zinshühner, Stück 2 Gr.,
4 fl. 6 Gr. 0 Pfennige für 90 Weidehühner, Stück 1 Gr.,
1 fl. 3 Gr. 0 Pfennige für 6 Schock Eier,
4 fl. 14 Gr. 0 Pfennige für 49 Viertel Zinshafer,
0 fl. 10 Gr. 6 Pfennige für 1 Scheffel 2 Viertel Zinshafer,
1 fl. 5 Gr. 3 Pfennige für 1 Viertel 3 ½ Maß Zinslein.

Später wurden die Fronleistungen trotz des Erbregisters bedeutend erhöht: die Fröner müssen mit der Sonne Aufgang auf dem Acker sein, um 11 Uhr aus- und um 12 Uhr wieder einspannen und dürfen vor Sonnenuntergang nicht Feierabend machen. Alle müssen sich nach der Sanduhr an der Linde vor der Kirche richten. (Schulchronik Mosen.)

Auch Rittergut Burkersdorf, das in Kriegszeiten ein Ritterpferd stellen musste, übte bis 1850 die Gerichtsbarkeit über „Oberst und Niederst, über Hals und Hand“ aus. Dafür mußten die Untertanen „Henkergeld“ zahlen.

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Die Frönerkost zur Heu- und Getreideernte in Staitz und Mosen

„ Bei dem Grashauen, wo sie zwei halbe Tage haben, bekommen sie früh 8 Uhr eine Kofent-Suppe und Milchbrei, erst mit grüner Butter gemacht und noch eine, wo sie es noch einmal mit machen; dann der Mann 1 Käse und Kofent zu trinken. Mittags eine Wassersuppe, Klöße mit Semmelbrühe, der ½ Pfund Fleisch und Biermarte. Zum Dürrmachen, wo sie um 8 oder 12 Uhr antreten, bekommen sie mittags eine Wassersuppe, Kohl und Sauerkraut, auch Linsen oder eingeschnittene Erdäpfel und Wolken eingebrockt. Dienstag und Donnerstag eine Wassersuppe, Klöße mit Brühe und Molken. Mittwochs eine Wassersuppe, Koitz und Molken. Nachmittags wenn aufgeschobert, oder so die Arbeit bis 6 Uhr vollbracht, erhält der Mann 1 Käse und sovile Brot, als er ist, nichts darf er mit nach Hause nehmen, und Kofent, so viel sie wollen beim Essen und bei der Arbeit.“ ..... Doch haben sie nicht bestimmte Stunden zu Mittag oder Halberabend-Essen, sondern treten sogleich nach dem Essen wieder in ihre Arbeit. ..... Sie tragen zum Aufbinden jedes sein Schock Band bis auf eines, der das Trinken trägt.

Auch die neuen Ansiedler von Mosen in den Hainhäusern wurden mit Fronen und Abgaben belegt: 2 Gulden Zins, Hasenjagen in natura, Weiberfrone, Botenlaufen und zwei alte Hühner. Bei der Weiberfrone gab es morgens und abends 1 Stück Brot und einen Käs, und zu Mittag eine Mahlzeit mit dem Gesinde. Dem Fröner, der Stangen haut und aufräumt, wurde erlaubt, wenn er mittags und abends nach Hause geht, eine Stange mitzunehmen. Die Schenke zinset 15 Gulden, die Mühle 36 Gulden, sie verrichtet auch die Beilfrone, so oft es verlangt wird, bekommt dabei morgens und abends eine Kanne Bier, 1 Stück Brot, einen Käs und zu Mittag Mahlzeit mit dem Gesinde; die Mühle muß jährlich ein Schwein mästen., alles Mahlgetreide auf dem Hofe holen, und wieder hinbringen, dafür bleibt ihr die Metze, von jedem Scheffel Malz bekommt sie eine Kanne Bier, von jedem Gebräu einen Eimer Kofent.
Die Zinsbauern waren als solche auch „öffentliche Knechte des Gerichts“, mußten als Büttel und Henker Gerichtsfrone tun, im April 1743 machten sie sich durch Zahlung von 200 Gulden an den Gerichtsherrn, Hans von Weißbach, von diesem ehrlosen Geschäft frei, doch war die Gemeinde immer noch gehalten, in allen „peinlichen Fällen“ beim Gerichtfron hilfreich Hand zu leisten.
“Elßa Schlewzerin“ diente 1530 zu D., als Lohn erhielt sie jährlich: 1 fl. 15 name Groschen, 3 par Schuhe, 9 ellen grobe leymkott, eyn klein par ermel und eyn schleyer für 4 nawe Groschen.

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Mancherlei aus der Zeit vor dem dreißigjährigen Krieg

Die Zustände in unserer Heimat vor dem dreißigjährigen Krieg lassen sich am besten aus verschiedenen Verordnungen erkennen, die zwar teils schon aus Luthers Zeit stammen, im 16. Jahrhundert aber erneuert wurden.

1.      Kostordnung aus 1482, erneuert 1550:

Bei Hochzeiten soll man auf den Dörfern nicht über vier Tische Gäste haben und denen nur zwei bis dreimal Essen geben, zum Morgenessen fünf, und zum Abendessen nur vier Gerichte vorsetzen. Zur Kirmse soll kein Bauersmann mehr den 15 Gäste haben und ihnen nicht mehr denn zweimal essen geben. An Feiertage vor oder während des Gottesdienstes darf niemand in dem „Kretschmar“ trinken, zehren, bei ein Schock Groschen Strafe, sowohl der Zecher, als der Wirt, außer Reisenden. An Werktagen darf kein Einwohner noch Handwerker, der sich zu arbeiten verdinget, zu der Zeche in ein Schenkhaus gehen.
Es soll kein Schenk einen Müßiggänger über drei Tage beherbergen bei ein Schock Strafe. Die Gemeinde darf gemeinschaftlich einen Teil des Einkommens vertrinken, den anderen Teil muß sie zur Gemeinde Nutzen verwenden, zu Gewehr, Harnisch und Geschoß. „Gemeindebier“ darf nur dreimal im Jahr getrunken werden, zu Weihnacht, zu Fastnacht und Pfingsten, „doch nur so, daß zu solch Gemeinbier zwanzig Personen, die in der Zech sind sollen, ein Faß trinken.“

2.      Kleider-Ordnung 1482, erneut durch Herzog Moritz August:

Ein Edelfräulein darf kein Kleid tragen, das 2 Ellen lang auf der Erde nachgehet, auch kein seidenes Kleid. Kein Bauer, Bauersknecht, Bäuerin und Diener sollen handseidene, denn nur zu Brauthauben, auch kein ausländisch Gewand und Leinwand tragen, sondern daß hinförderst der Bauersmann sein Weib und Kinder an Tuch, das in unseren Landen gemacht, zu seiner Kleidung begnügen lasse. Den Schneidern war verboten, bei Verlust ihres Handwerkes und zwanzig Gulden Strafe den Bauern kein anderes Tuch anzuschneiden, und den Atlas zu verbrennen. Ausländische Tücher und alles Seidengewand soll gänzlich verboten sein, als Schmuck diene nach altem Brauch nur Haarband und Spange.

3.      Kost, so den Handwerksleuten zu geben:

Mittag und Abend vier Gerichte, an einem Fleischtag: eine Suppe, zwei Fleischgerichte und Gemüse; am Freitag: Suppe, ein Gericht von grünen und gedörrten Fische und zwei Zugemüse; an Festtagen: 5 Gerichte, Suppe, zweierlei Fisch, zwei Zugemüse; zum Morgen- und Abendbrot: Käs und Brot und keine gekochten Speisen.

4.    Kirchenordnung von 1580. Art XLIII:

Es ist eine sehr schändliche Gewohnheit, daß die Bauern an hohen Festtagen ihre Trinkereien am Abend des Festes anfangen, die Nacht über treiben, morgens die Predigt entweder verschlafen oder gar trunken zur Kirche kommen und darin schlafen und schnarchen. In anderen Orten missbrauchen die Bauern ihre Kirche zu einem Kretschmar, schroten das Pfingstbier darin, damit es frisch bleibe und trinken daselbst aus mit Gotteslästerung und Fluchen, darum hat Gott am Pfingstfest unter der Predigt, während die Bauern gewiß mehr an das Pfingstbier im Turm, als an die Predigt gedacht, das Getreide auf dem Felde in einem schrecklichen Wetter jämmerlich in die Erde geschlagen und in einige Kirchen mit Feuerstrahl geschossen. Alle Schwelgereien, auch bei Hochzeit und Gesellenbier, weil dabei nur Balgerei, Mord, gräuliche Unzucht entsteht, werden streng verboten.

5.      Preis von Gewürzen usw:

1 kg Pfeffer kostete 25 – 35 M (nach heutigem Geld), 1kg Nelken oder Muskat 30 – 70 M, 1kg Zucker 23 M, 1 kg Salz 2 M. Trotz der hohen Preise wurde von Reichen dennoch viel Gewürz gebraucht. Heringe waren eine große Seltenheit; ein Stück wurde zuweilen mit einem meißnischen Gulden bezahlt.

6.      Seltsame Rechte.

Vielen Städten war das Meilenrecht verliehen. In allen Ortschaften innerhalb einer Meile von der betr. Stadt durfte niemand ein Geschäft oder Handwerk treiben; in Dörfern außerhalb der Meile waren nur die allernotwendigsten Handwerker zugelassen: Schmiede und Weber, und diese durften nichts anders, denn den armen Leuten um Lohn, nur grobe Dinge zu ihrer Notdurft arbeiten. Das Meilenrecht von Ronneburg reichte nach Westen bis an den Weg Endschütz – Großfalke, alle Wirte innerhalb der Meile durften nur Ronneburger Bier schenken.

Der Meilenstein, gewöhnlich Biermeilenstein genannt, soll bis 1848 unweit des Wegweisers an jener Straße gestanden haben. Welcher „Dorfherr“ andere Handwerker erlaubt, zahlt für jeden Fall 10 rheinische Gulden Strafe; denn es wird dadurch „einer geringen Stadt Schaden und Abbruch“ getan. Salzhandel durften nur Städte treiben.

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Goldgewinnung oberhalb Wünschendorf-Cronschwitz

Wenn der Oberbergmeister W. Petzold uns vermeldet, daß man am Sauanger einen Stollen gewältigt, daß ein Zentner Gesteinsmasse ein Lot Gold gab, also der Goldgehalt nicht unbedeutend war, so dürfte diese Nachricht wohl beweisen, daß am Sauanger und dem angrenzenden Silberberg bergbaulicher Betrieb auf Gold stattgefunden hat. Sicher hat man nicht kunstvolle, tiefe Schächte und Stollen mit kilometerlangen unterirdischen Abzugskanälen für Bergwerkswässerangelegt, sondern hat sich wohl mit einfachen brunnenschachtähnlichen Gruben, die den goldführenden Quarzgang durchstießen, begnügt und nach Erschöpfung seines Goldgehaltes wieder verfallen lassen. Eine solche Anlage dürfte im Flurstück „Silbergraben“ bez. „Silberaue“, eine Viertelstunde südöstlich von Zschorta, einst vorhanden gewesen sein.
Eine brunnenartige, runde Vertiefung von 1,2 m Durchmesser, jetzt freilich mit Schlamm, Walderde und Laub gefüllt, die noch heute den Namen „Silberloch“ führt, dürfte der letzte Rest davon sein.
Eine brunnenartige runde Vertiefung von 1,2 m Durchmesser, jetzt freilich mit Schlamm, Walderde und Laub gefüllt, die noch heute den Namen „Silberloch“ führt, dürfte der letzte Rest davon sein.
Gutsbesitzer Fritz Thamisch erzählte einst dem Schreiber dieser Zeilen, daß er mit seinem Jugendfreund Gottfried Geyer, beide aus Zschorta, noch um 1840 das Silberloch als leeren Brunnen gesehen und dessen Tiefe mit einer mit einem schweren Stein versehenen Schnur auf 72 Ellen gemessen habe, ohne den Grund zu finden.
Auch am Steilhang des Silberberges zur Elster hin finden sich noch muldenartige Vertiefungen mit gebrochener Oberfläche, vielleicht sind es verfallene Anlagen aus jener Zeit; vielleicht sind auch durch den alten Steinbruch am Fuße des Berges und den Bahnbau Spuren des Bergbaues vernichtet worden. Ob nicht auch die Gruben im Nadelwald zwischen Tunnel und linkem Elsterufer Zeugen aus jener Zeit sind? Von größerer Bedeutung als der Bergbau auf Gold scheint die Goldwäscherei am Sauanger in der Elster gewesen zu sein, wie aus einigen Urkunden hervorgeht. Hier (am Sauanger) mutete ein Bergmann Merten Kaner am 28. Februar 1581. (Dresden Kgl. Hauptstaatsarchiv loc. 36305 Nr. 4123). „Ein Gold Seuffen auff Klifft und gen auff dem Sew Anger gelegenn, das ich der erste Mudter bin, soweit, sumb des Sew Anger ombfangenn hat, auff Christoff Waldreders grund und Bodenn, im Ampt Weida an der Elster gelegenn.“
Am 23. März desselben Jahres erhält er die Verleihung über die „Goldseuffen of dem Saun Angerr“ 400 Lachter lang und 100 Lachter breit. (Ebenda loc.7294.) Im Jahre 1584 muten Gregor rehner zu Weida und dessen Vetter Wenzel Fleischer, Sohn des verstorbenen Bürgermeisters von Freiberg, des „golttseifenwerg an der Elster der Saueranger über Cronschwitzsch“. Am 2. November 1584 wird dem Oberbergmeister zu Freiberg eine Ortsbesichtigung des Sauangers bei Cronschwitz aufgetragen zwecks Entscheidung des Eigentums.
Ein ganz besonders eifriger Goldwäscher scheint Valten Schwabe gewesen zu sein. Wie sein „Golttseifenwergk of Goltt Anger Inn Ambtt Weyda“ eingerichtet war und betrieben wurde, läßt folgender Bericht von 1597 an den Oberbergmeister erkennen:

„Demnach wir das Goldseifenwergk mit der Wesche sterker zu belegen unnd 8 schwengkreder anzurichten, das in einem tage des Wergks, so goldfflemen fürtt, zum wenigsten 6 oder 7000 lauffkernne durchgebracht werdenn möchten, wir den mit Anrichtunge deß andern schepfrad esjetzigen vundt andere vorradt zu richten, darmitt zum lengsten 8 oder 14 Tage nach Osterrnn die Wesche belegt undt die schwengkreder umbgehen können, dartw 60 Arbter sein müssen. Weil aber das Seiffenwergk von Leuthen entlegen, untterdes sich die Arbter des nachts vorn regen undt Ungewitter offhalten kennen, das getzeir unndt schwengkreder auch vor bößenn Leuthenn vorwartt sein möchte, So müssen wir Uns mitt ein Zechnhauß mit zwo stuben dohin Bawen.“

Der Oberbergmeister zu Freiberg, Wolff Petzoltt, befürwortet am 7 März 1597 in seinem Bericht das Gesuch V. Schwabes und schlägt vor, der „ganzten Gewerkschafft das Golttseiffenwergkes of Goltt Anger“ sofort reichlich und kostenfrei Holz zu ihrer Wäsche anzuweisen, da kein Bergwerk oder Waschwerk ohne Holz betrieben werden könne und damit sie nicht „abschewigt“ gemacht würden.

Am 11. Mai 1597 berichtet der Zehender zu St. Annaberg daß, albereit ezlich wäschgoldt von dem Seyfenwerk ahn der Elster Im Ampft Weydaw gelegen, im Thurf. Zehenden eingekommen, so 29 5/8 Ungarische gulden und der Ungarische goldtgulden pro 34 gr den gewerken Valentinns Schwaben bezahlt, daruon der gebuerenude Zehenden 4 R 16 gr 8 pf. verrechnet, die dan in der Zehendtrechnung zu befinden.

(Weidaer Geschichtsblätter, 7. Heft, S. 30.)

Der Goldreichtum des Vogtlandes lockte sogar Goldsucher von jenseits der Alpen herbei. Sebastian Verso aus Venedig, der das ganze Vogtland nach Gold durchforschte, schreibt über das Elstertal bei Greiz: Da findest du reiche Goldgeschiebe und da suche mit der Rute, bei dem alten Wasserhammer im Fluß aufwärts, da gibt es Goldflammen; da wo die Göltzsch in die Elster fällt, kommen 2 Goldgänge zusammen, da wasche. Männer aus Venedig sollen auch aus den Bächen bei Liebschwitz und Pösneck Gold gewaschen haben. Die Goldkörnchen der Elster waren verschiedener Farbe und Gestalt, manche sahen rot aus, wie rostiges Eisen, andere dunkelrot, beinahe schwarzglänzend, sie waren rundlich wie winzige Erbsen oder Bohnen, oft ganz spröde.

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Der dreißigjährige Krieg

Während der ersten Hälfte dieses schrecklichen Krieges blieb unsere Heimat beinahe ganz verschont, desto schlimmer erging es ihr aber in der zweiten Hälfte. Als der Kurfürst von Sachsen mit den Schweden einen Bund schloß, verwüsteten kaiserliche Soldaten das Land, und sobald er mit dem Kaiser Frieden schloß, hausten die Schweden in ihrer bekannten Weise. Im Jahre 1629 waren die Kriegslasten in den reußischen Ortschaften sehr schwer, deshalb ist der "junge Herr Reuß, Herr Heinrich nach Prag zu der römischen Kaiserl. Majestät und dem Generalissimo Herzogen von Friedland gereist, da er gnädigste Audienz und gute Verrichtung gehabt". Gleiches geschah 1638 als die Hatzfeldische Einquartierung gewesen. Im Winter 1631 bezogen sächsische Regimenter Winterquartier in Gera, Ronneburg, Altenburg, und die weimarischen Kriegsvölker lagen auf den Dörfern um Gera. In Gera und anderen Orten des Reußenlandes wurde eine Betstunde eingeführt und während derselben wurde mit der großen Glocke angeschlagen. 1632 zeigten sich kaiserliche Kriegsvölker, geführt von General Gallas*), er übernachtete in Mosen, zog über Linda nach Altenburg, und ließ durch seine Soldaten auf den umliegenden Ortschaften 600 Taler Kriegskosten eintreiben. In demselben Jahre, in der 24. Woche nach Trinitatis, kamen Schweden auf ihrem Zug nach Lützen durch unsere Dörfer und hausten übel. Nach der Schlacht verließ Wallenstein Sachsen, legte aber nach Plauen, Zwickau**) Besatzungen und sandte im nächsten Jahre von Schlesien aus "den fürchterlichen General Holk" mit dem Auftrag, Sachsen zu verwüsten, anscheinend um dadurch den Kurfürsten Johann Georg von Sachsen zur Trennung von Schweden zu nötigen. Nachdem Holk***) das Vogtland ausgeplündert, erschien er von Plauen kommend, am 9. August 1633 vor Weida. Die Bewohner verschlossen zwar die Tore und sammelten hinter der Mauer alle ihre Verteidigungsmittel, doch vergeblich, denn vom Dilkenberg aus wurde die Stadt in Brand geschossen. Durch die Schindeldächer verbreitete sich das Feuer außerordentlich schnell, und bald lag die Stadt in Schutt und Asche, nachdem vorher alle Häuser ausgeraubt worden waren.

*) Am 12. und 13. Oktober haben 4000 Kroatendas Schloß Oppurg ausgeraubt und angezündet.
**) 500 Mann der kaiserlichen Besatzung mit 3 Geschützen und 3 Pulverwagen, zogen später zur Unterstützung Holks nach Weida. Wallenstein zog am 14. Oktober 1632 in Zwickau ein.
***) Das Kroatenloch bei Zickra erinnert an seine Kriegsvölker.


Aehnlich erging es den Ortschaften um Weida; die Mauerreste der Backöfen mit halbverbranntem Flachs und etlichen Eisenstücken der wüsten Flur sind die letzten Überbleibsel des Dorfes Wolfersdorf, das wahrscheinlich ebenso wie Debschwitz*) von Holks Scharen vernichtet wurde oder ausstarb durch die Pest. Ob die Klöster Mildenfurth und Cronschwitz auch durch die Kroaten zerstört wurden, darüber fehlen sichere Angaben.
Der Lateinschüler N. Liebold aus Weida hatte lose Händel angefangen, er wurde deshalb in das Gefängnis geworfen, entfloh aber nach Böhmen und erhielt bei dem Herrn von Slavata, der 1618 zu Prag aus einemFenster gestürzt wurde, Dienst, "darin er sich so wohl verhalten, daß er Kaiserlicher General-Kriegs-Kommissar geworden".
Als er 1628 durch unseren Kreis kam, verspürte er Lust, seine Vaterstadt Weida wiederzusehen, deshalb ließ er auf der Großebersdorfer Straße seine Kutsche nach Gera weiterfahren, und ritt nach Weida. Er wurde aber erkannt und bis an das Elstertor von Gera verfolgt. Aus Rache soll er den General Holk beauftragt haben, Weida zu zerstören, was dieser auch gründlich getan hat. Als Liebold von diesem Gerücht Kunde erhielt, "ließ er sich deswegen entschuldigen, daß ihm niemals in den Sinn gekommen sei, seine Vaterstadt durch Feuer zu verderben".
In den nächsten Jahren wurden die Durchzüge der Kriegsvölker immer häufiger und die Plünderungen immer schlimmer; da nichts mehr sicher war, vergruben die Bewohner von Mosen 1638 das Pfarrarchiv und versenkten die Braupfanne, die der Kirche gehörte (von jedem Gebräude kamen zwei Groschen in die Kirchkasse), in den tiefen Dorfteich; denn auf Wallensteins Befehl wurden überall die Glocken und kupfernen Braupfannen mitgenommen und daraus grobes Geschütz gegossen. 1639 verlangten die Schweden 70 000 Taler Kriegskosten vom Neustädter Kreis. Vermögende Leute verließen ihr Haus und flohen; der Besitzer von Mosen entwich nach Gera. Am 26. März 1641 erschien zu Mosen der schwedische Obrist Braun, und seine Reiter stahlen den Bauern das Vieh aus den Ställen, der Pfarrer D. konnte seine beiden Pfarrkühe nur dadurch retten, daß er den Reitern 1Aßo 4 Groschen zahlte, am 29. März erschienen von Ronneburg aus Franzosen, stahlen das übrige Vieh, „und ein Reuter hatte die beiden Pfarrkühe schon angefasst“, um sie fortzuführen, allein als er 2 Aßo 8 Groschen erhielt, ließ er die Tiere im Stalle, in den nächsten Wochen wurden sie aber doch noch von umherschweifenden Kriegshorden fortgetrieben.

*) In den Kirchenbüchern wird Deschwitz 1670 das „wüste Gemäuer“ genannt.
**) Gustav Adolfs Leiche kam durch Gera; hier wurde eine große Prozession und Leichenpredigt gehalten.
***) 1637: Sechs Groschen dem Böttcher, daß er die infizierte Schule zugenagelt; 3 Groschenebenfalls demselben, daß die Schule neu geöffnet werde. (Kirchenrechnung Staitz)

Durch freiwillige Beiträge und Zuschüsse aus der Kirchenkasse konnte eine „neue Inventarienkuh für den Herrn Pfarrer“ gekauft werden zum Preis von 6 Aßo 1 Groschen 9 Pfennige. Da man sie im Stalle der Pfarrei nicht für sicher hielt, stellte man sie zu dem Vieh auf das Rittergut. Im Sommer 1644 erschienen im Hofe des Rittergutes 30 Reiter, um sich bei dem Besitzer Hans von Pöllwitz einzulogieren, was ihnen aber verweigert wurde. Während der Besitzer noch mit ihnen verhandelte, schlichen einige Reiter hinter das Haus, brachen von außen ein Loch in den Kuhstall, stahlen 6 Rinder, auch die Pfarrkuh, ließen, "während ich mich noch mit ihnen zankte im Tumult im inneren Hofe die Aufziehbrücke nieder und trieben die gestohlenen Tiere davon, beschützt von den ihnen nacheilenden Kameraden". Erst 1647 konnte wieder eine Inventarienkuh für 10 Aßo angeschafft werden.*) Auch regelmäßige Lieferungen und Kriegssteuern wurden ausgeschrieben; z. B.: „Wünschendorf im Ambt Müeldenfuhrt hat zur Con mis foragi vor Rittmeister Brysten zu entrichten: 1 Schfl. 1 Viertel Hafer, 6 Bund Heu, 6 Bund Stroh“. Es zahlt 2 Thaler 17 Gr. auf den halben Monat Oktober an Geld und Contribution. Oktober 19. 1645. Ambt Müeldenfuhrt. 2 Thaler 17 Gr. auf ersten halben Monat November zur Churf. Reuterey Contrib. Aktum d. 17. Nov. 1645. Ambt Mildenfuhrt. Jeden halben Monat von 1645 mußte Wünschendorf soviel zahlen.
In jener Zeit vergrößerten Bewohner von Wünschendorf eine im Elstertale versteckt liegende Höhle und brachten dahin die letzten Reste ihrer Habe und Lebensmittel und stellten Wachen aus. Klein- und Wüstfalke**) hatten ihren Wachtposten im Bastholze; die Mosener hielten Wache auf einem Hügel östlich des Dorfes, der noch heute der Wachthügel heißt, und die Großdraxdorfer auf einer mächtigen Birke, die auf der Höhe zwischen ihrem Orte und dem Fuchstale stand und lange unter dem Namen Wachtbaum bekannt gewesen ist. Als ein gewaltiger Sturm sie abbrach, pflanzte man zur Erinnerung an dem selben Ort eine Eiche. Die Wache ging der Reihe nach. Zeigten sich Kriegsvölker, so gab die Wache ein Zeichen, und die Einwohner flohen aus dem Dorfe. Die Mosener flohen in die dichten Wälder des Fuchstales; all ihr Hornvieh war geraubt, nur ein Kalb war noch im Dorfe vorhanden, welches auf den Ruf hörte; es folgte den Fliehenden wie ein Hund und rettete dadurch sein Leben. Viele Bewohner von Wünschendorf verbargen sich im düsteren Wald des Elstertales und kehrten nach dem Abzug des Feindes in ihre Häuser zurück. Als einmal bei Schnee Kriegsvölker sich Wünschendorf näherten, eilten die Bewohner auch in ihre Verstecke; allein die Soldaten entdeckten die Fußspuren im Schnee, gingen ihnen nach, fanden die Höhle, raubten das versteckte Gut, mißhandelten die Flüchtlinge und zündeten das Dorf an. Noch 1670 lagen in der Gasse zwei Gehöfte in Schutt und Asche. In Clodra, das vollständig ausgeraubt wurde, verzehrte das vom Feinde angelegte Feuer auch die Kirche; der Gottesdienst wurde bis 1658 deshalb auf dem Kornboden des Herrenhauses abgehalten. Bei Mosen soll in den letzten Kriegsjahren ein heftiges Gefecht stattgefunden haben. Auf manchen Grundstücken wurden bei der Feldarbeit Sporen und Hufeisen gefunden***); und die Ostseite des Heerberges bei Oberröppisch war den älteren Einwohnern noch unter dem Namen Schwedenschanze bekannt. Da in einigen Häusern jenes Dorfes auch steinerne Stückkugeln eingemauert waren, so läßt sich vermuten, daß auch hier einmal der Kampf getobt hat. Im Januar 1646 zogen Schweden von Ronneburg, das sehr viel zu leiden hatte, nach Weimar und Erfurt, zündeten auf diesem Marsche 140 Ortschaften an und verübten all die bekannten Greuel. Auch im Jahre 1647 war die Unsicherheit groß; als am 6. Juli die Witwe Gevoda Betzold zu Großdraxdorf, das sogar Kriegsbefestigungen gehabt haben soll, starb, konnt sie wegen Kriegsunruhen nicht auf dem Friedhof zu Veitsberg beerdigt werden; am 8. August wurde die Leichenpredigt gehalten.

*) Schulchronik von Mosen
**) Wüstfalke führte urkundlich schon 1533 diesen Namen.
***) ein Hilbersdorfer Einwohner fand auf einem Grundstück zwischen dem Dorfe und der Ronneburger Straße eine große Menge ziemlich kleiner Hufeisen ohne Griffe, dazu noch viele Gewehrkugeln.

Der Schwedengeneral Königsmark kam nach Friedensschluß auf seinem Rückmarsch von Prag durch unsere Heimat; seine 5 Regimenter lagen um die Weihnachtszeit bei Hohenleuben im Quartier, zu jener Zeit schrieb der damalige Prediger zu Hohenleuben, J. Schultetus, in das Kirchenbuch: "Sie haben den armen Leuten viel gedreydig verfüttert; Gott helfe, daß es die letzten sind. Die heil. Weihnachtsfeyertage haben nicht können gefeyert werden".
Viel hatte unsere Heimat, wie es scheint, von den Völkern der beiden schwedischen Generäle Königsmark und Baner zu leiden; jener lag gegen Ostern 1640 mit sieben Regimentern in und um Gera, und dieser stand mit seiner ganzen Infanterie und Artillerie bei Ronneburg samt den 6000 Mann weimarischen Truppen, die Einwohner mußten für das große Heer alles liefern. In der Weihnachtszeit des Jahres 1642 nahm Königsmark abermals Quartier in Gera. Andere schwedische Regimenter lagen um Weida; ein Oberst Funke ließ Pfarrhäuser mit Gewalt erbrechen, "um Getraydig und andere Sachen nehmen zu lassen".
Im August 1643 zogen 50 schwedische Reiter auf der Straße nach Korbußen bei Ronneburg mit Vieh davon: Ronneburger Bürger sahen das Vieh und meinten, es sei "ihrem gnädigen Herrn" entführt; mehr denn 40 von ihnen verfolgten und beschossen die Schweden, die recht bald das Feuer erwiderten und vier Ronneburger Bürger töteten: Andreas Biener, Vierdrahtmacher, Michael Gutzschel, Schneider, Georg Künest, Töpfer, Hans Tauber, Vierdrahtmacher.
Zu jener Zeit entstand der Vers:

Kinder betet, die Schweden kommen,
euch wird Hab und Gut genommen.

In demselben Jahre rückten Schweden von Erfurt, zu denen sich "viel liederliches Zeug von Erfurtischen Einwohnern geschlagen" nach Weida, die Stadt auszuplündern; im nahen Forst verbargen sie sich und erwarteten die Nacht. Zufällig lag aber Reiterei unter Rittmeister Morel vom Schleinizischen Regiment in der Stadt im Quartier. Ein Hausknecht, Just. Horn, hatte die Schweden bemerkt, meldete alles dem Rittmeister, der in aller Stille seine Reiter sammelte und ganz unverhofft und mit großer Kraft über die Schweden herfiel. Viele von ihnen wurden getötet, andere samt dem "Erfurter Raubgesindel" gefangen genommen und nach Dresden gebracht, wo sie als Diebe und Räuber mit dem Stricke belohnt wurden.
"Unter den Gefangenen befand sich auch eines wohlhabenden Fleischers einziger Sohn, welchen zu lösen Vater und Mutter sich nach Dresden begaben und alles versuchet, was möglich gewesen, nichtsdestoweniger ganz vergebens, sind dann auf etliche Stunden weinend und heulend unter dem Galgen gestanden."

Die meisten Ortschaften des großen Kirchspiels Veitsberg scheinen durch den 30jährigen Krieg und die Pest nicht allzuviele Menschen verloren zu haben. Nach den Kirchenbüchern hatten im Jahre 1670 Veitsberg 47 Kommunikanten, Trachinsdorf (Großdraxdorf) 35 Einwohner, davon 12 Paar Eheleute, Mylicz (Meilitz) 46 Einwohner, davon 9 Eheleute, Zcossan (Zossen) 44 Einwohner, davon 9 Eheleute, Cronschwitz 39 kommunikanten, Großfalkau 8 Paar Eheleute, Zschorta 7 Paar Eheleute, Undiz 10 Paar Eheleute, Wünschendorf im oberen Dorfe 20 Familien, in der Gasse 10 Familien, auf dem Anger 2 Familien, zusammen 97 Personen. Die Kirchkasse zu D. zahlte 1635:

  • 2 Gr. 0 Pf. einem Priester aus Koburgk,
  • 0 Gr. 6 Pf. einem Lehrer aus Hof,
  • 7 Gr. 0 Pf. dreien Priestern,
  • 2 Gr. 0 Pf. den Abgebrannten zu Königsee,
  • 1 Gr. 6 Pf. drei Vertriebenen aus Weißbach,
  • 1 Gr. 0 Pf. Jakob Appeln, abgebrannt zu Schleiz,
  • 1 Gr. 0 Pf. einem armen Kinde,
  • 1 Gr. 0 Pf. einem ausgeplünderten von Lichtenberg,
  • 1 Gr. 0 Pf. einem Lahmgeschlagenen,
  • 1 Gr. 6 Pf. dem Gelehrten Georg von Tierstein,
  • 0 Gr. 6 Pf. einem Lahmen auf einem Schubkarren,
  • 0 Gr. 6 Pf. einem auf Stelzen (Krücken) gehenden,
  • 2 Gr. 0 Pf. fraw Johanna von Schleinitz,
  • 1 Gr. 2 Pf. zwei abgebrannten Bürgern von Weida,
  • 1 Gr. 6 Pf. Ehrenfried von Ende,
  • 3 Gr. 0 Pf. drei Gelahrten,
  • 1 Gr. 0 Pf. nobili von Prühla,
  • 2 Gr. 0 Pf. etzlichen Vertriebenen von Magdeburg usw.

Welch ergreifendes Bild bietet diese Aufzeichnung: Vertriebene, Abgebrannte, Waisen, Ausgeblünderte, Lahmgeschlagene auf Schubkarren und Krücken. Auch in der Kirchrechnung z. D. finden sich um 1640 Ausgaben an "vertriebene Leute, an verwundete Kriegsleute ..."

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Die Zeit nach dem dreißigjährigen Kriege

In der Kirche zu Veitsberg war alles was Wert hatte gestohlen: die heiligen Gefäße, die Decken, die rottaffetenen Fächlein zur Spendung des heiligen Abendmahls, die Bibel, die Agende; "nur ein klein silbern Kelchlein", welches die Soldaten nicht fanden, blieb erhalten. Selbst nach dem Friedensschluß zogen noch Horden umher und raubten, was vom Krieg verschont geblieben war. 1680 wurde die Kirche zu Mosen ausgeraubt; einer von den Dieben wurde jedoch erwischt, am 3. November 1680 gerädert unter dem Galgen, der auf dem "Gericht" stand. Um sich vor Plünderung und Diebstahl zu schützen, hatten viele Einwohner meist schon während des Krieges ihre Häuser, Gewölbe und Keller mit Doppeltüren, einer hölzernen und einer eisernen, versehen und ihre Fenster mit starken Eisenstäben vergittern lassen. Wie groß Sittenlosigkeit und Verwilderung waren, zeigt auch das nächste Beispiel: Der Pfarrer von Veitsberg wurde öfters in das Amt Mildenfurth gerufen, um Meineidige auf den Weg der Wahrheit zu führen; einem Zeugen aus W.,der einen falschen Eid geschworen hatte, wurden die drei Eidfinger abgehauen; dennoch schwor er in den nächsten Jahren noch fünf Falscheide. Nachdem ihm solches nachgewiesen, wurde er hingerichtet.
In welchem Zustande sich Gehöfte, Felder und Gärten nach dem Kriege befanden, dazu mögen Auszüge aus Schriftstücken jener Zeit reden: . . . Zu wissen: Es ist Nicol. Schulzens zu Staitz lang wüst gelegenes Gut Jacob Badern zu Göhren, weil keiner von den Interessenten solches annehmen können, um 300 fl. Verkaufet 1650.
Pfarrer Blauschmidt zu Cronschwitz schrieb 1670: Ein klein Gärtlein an der alten Klosterkirche nützet nicht über eine Bürde Gras und bringt nicht die Zaunkosten, weil alle Bäume daraus gehauen und die übrig gebliebenen Bäume im Garten am Pfarrhaus bringen wenig Obst.
Aus einem Kauf vom Jahre 1649:
Zu gedenken, welcher Gestalt Jacob Harnisch von Grobsdorf Christoph Fritzschens Pferdefrongut heute käuflich angenommen und erblich erhandelt.
Als dieweil gedachtes Gut über neun Jahre ganz öde und wüst gelegen und ist von mir diesen Winter ohne gedüngt, besät worden. Da das Haus, Ställe und Scheune an Dach, Fach, Türen, Fenster und Ofen und in Summa sehr eingegangen und baufällig worden, darum habe ich dem Käufer nachstehende Hilfe zu leisten versprochen:

  1. Einen jungen Zugochsen, welcher anjetzt zu Ottichau dient (arbeitet), sobald er ausgedienet;
  2. Zwei Räder, so ich vor diesem an meinem Wagen, woran jetzo neue gemacht werden, geführt habe;
  3. Zwei Scheffel Gerste zum Samen,
  4. Vier Scheffel Haber zum Samen,
  5. Vier Schock Schüttenstroh zu Schaben, halb anjetzo, die andere Hälfte über ein Jahr;
  6. Ein Schock meiner Bretter zu Türen und anderen Bedürfnissen.
  7. Zwei Fenster in die Stube,
  8. Einen Kachelofen in die Stube,
  9. Holz zur Feueresse*) und einen Träger, auch soviel Baumstämme zu einer ziemlich mäßigen Holzschuppe, von welchen allen der Käufer das Macherlohn zu zahlen hat, die Feueresse aber, wenn sie ausgearbeitet ist, soll von mir herbeigefahren werden;
  10. Derselbe ist auf ein ganzes Jahr von Steuern, Fronen und Zinsen ganz frei.

Vor oben genanntes Gut und erwähnte Beihülfe hat er zu geben versprochen 100 Gulden als das befindliche Gottesgeld, an Kapital bis 100 Gulden erfüllt worden jährlich mit fünf Gulden, Walpurgis 1651 den Anfang zu machen. Geschehen im Beisein von Georg Krause, Richters allhier und Jobst Wirth zu Untitz den 16. März 1649. (Schulchronik Mosen.)

Durchlauchtigster Hochgeborener Churfürstl. Gnädiger Herr. Ew. Churf. Durchlaucht p . . . . .
werden aus der Schöffers zu Weyda unterthänigsten Bericht, wegen des forwerkhs Gräfenbrügk gnedigst ersehen haben, was es mit demselben vor eine Beschaffenheit hat, Versichern auch Euer Churf. Durchlaucht allß unterthänigst, dass es mit dem besagten Vorwergkh, nicht anders bewandt, werden auch wohl ein 50 Scheffel Feldt ohne die so mit Holz bewachsen, welchen in 6 oder 8 Jahren nicht wird gearbeith worden, außerdem befinden wir kein Inventarium, vom größten bis zum kleinsten ist nicht vorhanden, Vorwergk, Scheune, Ställe seindt verwiestet, begönnen einzufallen kein Tag Fröne gehört dazu, ist alle nach dem Hause Mildenfurth, hat auch der Ambtschöffer in 6 Jahren nichts davon verrechnet, anitz aber giebt der Schöffer 136 fl. Von der Schäferen Pachtgeldt. Gelangt derowegen an Churf. Durchlaucht mein unterthäniges Suchen, weiln ich Churf. Durchlaucht zur unterthänigsten Ehren Kutzsch- und Reth-Pferde halten muß zu besserer Unterhaltung derselben, ob Eur Churf. Durchlaucht mir solch Forwerk widerumb anzubawen gnädigst vergönnen zu wollen, bin des unterthänigsten Erbietenst Eur Durchlaucht. Jährlich Schäferen und Forwerk 200fl. Zu geben, undt allen Fleiß anzuwenden. Da mir Gott das Leben fristet und die großen Kriegstrubeln sich legen, Solch Vorwerkh wieder in völligen Stand zu setzen undt werden Ihr Churf. Durchl. Solches von mir ins Khünftige außer des Inventar vollkhomentlich angebawet zu gewarten haben. Habe solches Attest Eur Churf. Durchl. Eigenen Nutz gereichet. Alßo erwarte ich hierauf Eur. Ch. D. gnädigste Resolution. Eur. Churf. Durchlaucht

Dresden am 22. April 1648                                           unterthänigster getreuer Diener Hans Haubold v. Schleinitz.

*) Noch im Jahre 1856 befand sich in einem Hause zu Wünschendorf eine hölzerne Feueresse. 

Durchlauchtigster Hochgeborner Churfürst p . . .

Gnädigster Herr!
Euer Ch. D. erinnern sich gnädigst, was Gestalt das Vorwergk Gräfenbrück und dessen Schäferen auf 4 Jahre, also von Walp. 1648 bis Walp. 1652 mir pachtweise vor vor und umb 200 fl. jährl. Pachtgeldes eingethan worden. Nun seindt gnädigster Ch. und Herr die obermeldten vier Pachtjahre Gottlob fast zu Ende.
Also habe Eure Chr. D. Ich hiermit unterthänigst nicht allein zu erkennen zu geben, die Schuldigkeidt befunden, sondern zugleich dieselbe hiermit gehorsamst bitten wollen, ob Ihre Ch. D. nicht nochmals gnädigst belieben möchten, mir besagtes Forwergk auf maaße und weise wie die bisherige Verpachtung gewesen vor ....... indem die Felder die Kriegszeit über mit Busch und Holze so bestanden gewesen seyn, daß ich bis dato nach aller Überschlagung den allerwenigsten Nutzen zu empfinden gehabt. ..... sondern auch weil die zurückgebliebenen 400 Stück Schaf- und 6 Stück Rindvieh von des vorigen Schötzers Wittbe, indem das Inventarium vom Feinde (schwedischen Kriegsvölkern) abgenommen worden .... aus meinem Pachtbrief ausgetan werden möchten, denn Sie zur ersetzung wegen der Armut darzu nicht gelangen vermagk. ...
Dresden, 18. März 1652. Unterthänigster, gehorsambster, treuer Diener
                              Hans Haubold v. Schleinitz.

Von der Pfarrei zu Cronschwitz heißt es: Sie ist ein steinern Haus, des Daches vordere Seite ist mit Ziegeln gedeckt, aber sehr durchsichtig, die andere mit Schindeln.
Über das Schulhaus zu B. findet sich folgende Bemerkung: …das Dach, so teils mit Stroh, teils mit Schindeln gedeckt, ist fast überall durchsichtig und übel verwahrt, die zwei Kämmerlein sind vom Regen her durchfaulet.
Die Pferdefröhner von Mosen konnten nach Beendigung des Krieges keine Spanndienste auf dem Rittergut leisten, da sie weder Pferde noch Futter für dieselben hatten, und versuchten deshalb, Spannvieh in abgelegenen Orten zu leihen; während der Zeit mußten die Handfröner ihre Arbeit mit verrichten.
Einem Knecht und einer Magd, die sich sittlich vergangen, schenkte der Herr zu Mosen ein großes ausgestorbenes Bauerngut zur Strafe, nach kurzer Zeit entliefen beide bei Nacht wegen des schlechten Zustands des Gutes und wegen der schweren Frohnen und Abgaben, die auf demselben lagen.
Um den Baumfrefel zu steuern, erschien am 26. Februar 1726 folgende Verordnung: Wer einen Propfen, Satzweide oder Satzerle beschädigt oder abhaut, muß den Schaden bezahlen und für den Frevel bei Wasser und Brot im Zuchthause einige Wochen büßen oder mit Abhauen der Hand bestraft werden; wenn er es böswillig getan hat, soll er mit dem Leben büßen.
In einer Verordnung vom 14. Okt. 1739 steht: Baumfrevler ohne Ansehen der Person, Fremde und Einheimische, vornehmen oder geringen Standes, werden mit Geld, Gefängnis, Zuchthaus oder Leibesstrafe belegt, wird ein Baumfrevler ertappt, so hat er alle anderen Schäden, deren Urheber man nicht erwischt hat , mit zu ersetzen.
Da alles Großvieh, Hornvieh, Schafe, Schweine ... geraubt waren, konnten nur wenige Gemeinden Vieh auf die Weiden schicken, und dort war es wieder vor den Wölfen nicht sicher, die sich während des Krieges gewaltig vermehrt hatten. Schon am 14. Febr. 1625 hatte der Kurf. S. Oberforstmeister Wilhelm Römer angeordnet, bei 8 Groschen Strafe, daß Wünschendorf, Untitz und Falke, sobald es schneit, sich in voller Anzahl an starken Mannschaften zur Wolfsjagd gebrauchen lasse, auf Anweisung der Forstbediensteten; und am 30. Jan. 1644 erschien folgende Verordnung:
Hiermit wird den Untertanen der drei Amts Mildenfurthischen Dorfschaften Falke, Untitz und Wünschendorf nochmals ernstlich, insbesoderheit bei Strafe von 10 Thalern anbefohlen, daß sie sich auf die Wolfsjagd stellen, als die Hälfte der Mannschaft von vierzehn Tagen zu vierzehn Tagen laut Churf. S. Oberforstmeisters eingeschlossener in Abschrift überschickter Anordnung. Widrigenfalls und bei beharrlichem Ungehorsam wird eine große Strafe diktieret werden, die Exekution.
Wonach ein jedweder zu achten hat.
Signatum, d. 30. Jan. 1644. Amt Mildenfurth.

Im Jahre 1643 wandte sich Wilhelm Römer auch bittweise an seine Gevatterin, Frau Sybilla von Poßern auf Waltersdorf, um Erlaubnis zu Wolfsjagden in ihren und ihrer Untertanen Gehölzen; weil sich diese "hochschädlichen Tiere" zu sehr vermehren.
Während der großen Jagd des Herzogs Sigismunds in Jahre 1632 wurden im Elstertale 13 Wölfe getötet, und die Bauleute, die die im Jahre 1633 niedergebrannte Stadt Weida aufbauten. schützten sich vor ihnen durch große "Fanghunde".
Für jeden freiwillig erlegten Wolf wurde ein Scheffel Korn gegeben; daher legte man auf den Wolfspfaden Fanggruben an. Noch vor Jahren waren solche Ratsholze bei Berga und im Forste bei Schömberg zu sehen; der Boden der letzteren soll mit dicken Bohlen versehen gewesen sein.
Wie reich trotz der vielen Wölfe zu jener Zeit die Wälder an Wild waren , dazu 2 Beispiele: Herzog Sigismund hielt 1536 um Berga und Weida eine große Jagd ab, bei der das Wild aus einem Umkreis von 14 Stunden zusammengetrieben wurde und die "viel Aufsehen und Bewunderung" erregte: erschienen waren 17 Fürsten, 19 Grafen, 412 Jäger, 5412 Bauern als Treiber; erlegt wurden: 109 Hirsche, 58 Rehe, 44 Wildschweine, 206 Hasen, 14 Wiesel, 29 Füchse, 14 Dächse, 9 Marder, 2 Biber, 5 Bären, 13 Wölfe*), 1 Luchs, und drei große Schlangen gefangen. Die Vorbereitung zu einer einzigen großen Jagd erforderte manchmal eine halbjährige Arbeit. Das Wild wurde in einer bestimmten Richtung zusammengetrieben. Wachtfeuer und Berlappen hinderten das Wild am ausbrechen. Oft wurde das Wild auf einen Raum von ca. 20 ha zusammengedrängt in die "Kammer" und nach und nach in den Lauf gehetzt, an dessen Ausgang es geschossen wurde.

*) Bevor die Deutschen in unserer Heimat zur Herrschaft gelangten, war alle Jagd frei, dann aber wurde sie Vorrecht der Fürsten, Vögte und Ritter. Zur Wildbahn gehörten: Hirsche, Rehe, Wildschweine; Hasen blieben noch lange Zeit frei. Doch durften die Bauern das Wild mit kleinen Hunden von seiner Fährte vertreiben. Allgemein erlaubt war das Fangen und Schießen von Bären, Wölfen und Mardern.

Vom Jahre 1656 bis 1677 wurden vom Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen "bei Hirschfeisten, Hirschbrunsten und wilder Schweinehatzen" getötet und als Deputat in Haaren und Salz geliefert zum Hofstaat und geschenket: 11175 Hirsche, 3354 Wildkälber, 1945 Rehböcke, 12885 Rehe, 769 Dammhirsche, 896 Stück Dammwild, 1951 hauende Schweine, 530 angehende Schweine, 1961 Keiler, 6026 Frischlinge, 2045 Wölfe, 14948 Hasen, 2339 Füchse, 933 Dächse, 558 Biber, 508 Fischottern, 144 Marder. Dem Federwild stellte man auf der Falkenbeize mit dem Falken nach. Der Falkner trug die Beizvögel; bei der Jagd auf scheues Wild war große Vorsicht geboten. Im rechten Augenblick galt es, den Falken so zu werfen, daß er gegen den Wind aufsteigen konnte, um seine Beute zu krallen; stürzte er mit derselben: Trappe, Kranich, Schwan, Fasan, Rebhuhn, Wachtel, Wildgans, Wildente, Ringeltaube oder gar Adler zur Erde, so hieß es so rasch als nur irgend möglich zur Stelle zu sein, um das Wild kampfunfähig zu machen.
Wieviel Tage haben da wohl die Bauern Jagdfrone tun und wieviel Schaden auf den Feldern leiden müssen?
Zwei Gewächse des Feldes, die in unserer Zeit auf den heimischen Feldern recht selten geworden oder gar nicht mehr zu finden sind, mußten in jener Zeit sorgfältig gepflegt werden, nämlich Flachs und Hopfen; denn viele Häuser mußten Zinshopfen und Zinslein abliefern. So erklärt sich auch der Name Hopfenrand, der in manchen Fluren zu finden ist. Die uns unentbehrlich scheinende Kartoffel freilich kannte man in jener Zeit noch nicht. erst 1647 brachte Hans Rogler die ersten Kartoffeln in das Vogtland. Bei Adorf pflanzte man sie als große Seltenheit in den Gärten; um 1712 kamen sie unter dem Namen "Vogtl. Knollen" nach Gera, und um 1732 sollen die ersten Kartoffeln auf den Feldern gebaut worden sein. Obwohl gesagt wurde, daß man sie zu vielerlei Speisen für Menschen nutzen könne, aßen sie mißtrauische Leute doch nicht, da selbst die Hunde die rohen Knollen verschmähten. Zwei andere Gewächse jener Zeit: Linse und Hirse, werden in unserer Heimat schon lange nicht mehr gesät.
"Sechs bestimmte Häuser (zu Staitz) müssen das sämtliche Getreide auf den Rittersgutfeldern ernten, so auch Erbsen, Linsen schneiden."
Im Jahre 1752 kosteten: ein großes, fettes Schwein 3 Taler, 1 Kanne Fische 4 Groschen, 1 Pfund Altfische 2,5 Groschen, 2 Mandel Krebse 3 Groschen, 1 Nötzel Schmerlen 4 Groschen, 2,5 Pfund Aalraupen 9 Groschen, 1 Stück Butter 10 Pf., 1 Mandel Schwarten 15 Groschen, 1 Schfl. Kalk 8 Groschen, 1 Schfl. Getreide zu mahlen 4 Gr. (Heinold E.).

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Schweden und Sachsen 1706 und 1707

So unwahrscheinlich es auch klingt, so es Tatsache; auch der "Nordische Krieg" unter Karl XII. brachte unserer Heimat arges Verderben. August der Starke, Kurfürst von Sachsen, schloß sich dem Bündnis gegen Karl XII. an, und unser Neustädter Kreis und Sachsen, welches gewiß nicht das geringste Interesse an diesem Krieg hatte, mußten für die "unglückselige Politik" des Königs büßen. Als Karl XII. mit seinem Heere in Sachsen einfiel, riet Kurfürst August seinen Untertanen, nach Schlesien und Böhmen zu fliehen, Herzog Moritz Wilhelm zu Sachsen-Zeitz ermahnte die Einwohner unserers Kreises am 21. Okt. 1706 in ihren Wohnungen zu bleiben.
Der Neustädter Kreis erhielt das Nyländische Kürassierregiment unter Oberst Tortenson zur Verpflegung. Damit die drei Dörfer: Wünschendorf, Untitz und Falkau von der schwedischen Einquartierung befreit blieben, ließ der Herzog von Altenburg 1706 Säulen mit dem fürstlich-sächsischen Wappen daselbst setzen. (H. G. Francke, 26. Jahresbericht d. Altertv. z. Plauen. § 85.) Karl XII. ließ den Bewohnern verkündigen, daß sie in ihren Wohnungen bleiben, ihr Eigentum nicht davonführen und daß er sie in seinen königlichen Schutz nehme; wer sich dagegen zur Gegenwehr setze, seine Sachen und Barschaft aus dem Weg schaffe, dem nicht nachkomme, was ihm befohlen und geheißen werde, solle gleich dem Feinde auf das Schärfste mit Feuer und Schwert verfolgt werden. Alles Jagen, Fischen, Abbrechen von Früchten in Gärten und Weinbergen war den Kriegern streng verboten. Der Soldat durfte ohne Bezahlung nichts fordern, niemand zum Verkauf seiner Pferde zwingen, sollte Verspann bezahlen, den Wirt und sein Gesinde freundlich behandeln, sie weder schimpfen noch schlagen, mit Feuer und Licht vorsichtig umgehen usw. Die Regimentskommandeure mußten monatlich Atteste über das Benehmen der Truppen von den Dorfschulzen einfordern.
So schonend und gerecht der Schwedenkönig einerseits mit den Einwohnern verfuhr, um so unerbitterlich und hart war er auf der anderen Seite. Für den 2. Okt. 1706 ordnete er eine Zusammenkunft der Stände Sachsens und Leipzig an, damit sie über die Aufbringung und Verteilung der Kriegssteuern beschlossen, denn er forderte vom Lande 500 000 Taler und erhöhte diese Summe später auf 774 000 Taler. Bei diesen Verhandlungen wurde der Neustädter Kreis vertreten durch: Wilhelm Albrecht Chr. v. Pöllnitz zu Dreitzsch, Christoph Adam v. Breitenbauch auf Burgranis und Christian Ehrenfried von Pöllnitz auf Lübau, und mußte er monatlich zu den Kriegskosten 20 490 Taler 16 Groschen beitragen. Außerdem mußte das ganze Land Mundportionsgelder zahlen, die im Monat die Höhe von 181 750 Talern erreichten, täglich 30 000 Rationen liefern und zusammen 1162 Artilleriepferde beschaffen. In unserem Kreis kamen, alles gerechnet, auf den Kopf der Bevölkerung rund 16 Taler Beitrag zum Nordischen Krieg.
Am 28. Juli 1707 ist Hans Bröthers Weib begraben worden, welche von einem schwedischen Kornett ist geschlagen worden und gestorben. Burgwitz bei Neustadt.
"Hier ruht on Gott Adam Joh. von Pahlen aus Livland, Schwedischer Rittmeister des Nyländischen Kavallerie-Reg., geb. 1683, gest. 1706" steht auf einer Gedenktafel mit Wappen in Kirche zu Dreißsch.
Im Totenbuch von Weira steht 1707 verzeichnet; Erich Bistrob, ein bei Hans Eichler einquartierter schwedischer sehr alter Reiter, der der Krone Schweden 31 Jahre diente, starb den 16. Febr. plötzlich. Darüber der hier liegende Kornett Warecron sehr argwöhnte, als ob ihm der Bauer Gift gegeben.

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Salzburger

Auf ihrem Zuge nach Preußen kamen viele Salzburger auch durch Gera, Zeitz, Altenburg..., in allen Orten gingen ihnen zahleiche Bürger entgegen, unter dem Gesang eines Chorals (Wer nur den lieben Gott) und unter Glockengeläute zogen sie in Gera ein, wurden von den Bürgern mit in ihre Häuser genommen, wie alte Freunde verpflegt, mit Geld, Kleidern, Wäsche, Lebensmitteln und Bibeln beschenkt; und nach kurzer Rast, während welcher sie das heilige Abendmahl in beiderlei Gestalt empfingen, zogen sie vom Stadtrat mit Reisegeld versehen, der auch ihre Kranken nachfahren ließ, weiter.
Vom 16. April bis zum 10. Juni 1732 rückten durch Gera 7 Züge mit ungefähr 2100 Personen.

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Der siebenjährige Krieg

Teilnahme erfüllt das Herz, wenn man von den Verwüstungen und Schrecken hört, die dieser Krieg anrichtete, doch bald tröstet man sich mit den Gedanken, daß unsere Heimat ja weit abseits lag und gewiß nur wenig zuleiden hatte; allein die Heimatgeschichte zeigt uns jedoch ganz andere Bilder. Schon die schlesischen Kriege zogen unsere Heimat in Mitleidenschaft. Zu den Kriegskosten derselben mußte der Neustädter Kreis 100 000 Taler zahlen, auf Waltersdorf b. B. entfielen anteilig 550 Taler, auf Cronschwitz 278 Taler, die im März 1746 abgeliefert werden mußten, und in Veitsberg erhob man von jedem Schock einen Taler; dazu mußten Unmengen von Mehl, Hafer, Heu nach Halle geschickt und 200 Rekruten gestellt werden. Wünschendorf und Veitsberg mußten Rekruten, Stückknechte, Pferde und Mehl schaffen.

Kreiskommissions-Wagen wird hierdurch vor des Herrn Hauptmanns von Taubenheim Kompagnie vom Löbl. Roihanischen Inf.-Regim. aus dem Dorfe Zschorta ein mit vier Pferden bespannter Wagen dergestalt angewiesen, daß derselbe entwerder des Abends vorher oder den 13. Februar zu Weida vor gedachten Herrn von Taubenheims Quartier eintrifft, die allda etwa vorhandene Mont. und Equipage-Stücke übernehmen und lade und solche bis in das erste Nachtquartier überbringe; won ch also zu achten.

Nimritz, den 17. Febr. 1749 Heinrich v. Bünau.
Königl. Pohl. und Kurf. G. bestallter Kommissarius des Neustädter Kreises.

Erst recht schwer litt unsere Heimat im 7jährigen Kriege selbst. Nicht ein Jahr blieb sie verschont, und es ist schwer zu sagen welches von den sieben Jahren ihr das größte Elend brachte. Gleich nach den Sieg bei Lowositz 1756 und der Gefangennahme der Sachsen bei Pirna schrieb Friedrich der Große*) große Lieferungen aus, nach Torgau und Meißen, wo Unmassen von Mehl, Haber und Heu, zu denen auch unser Neustädterkreis viel beitragen mußte**), aufgespeichert wurden, und selbst das kleinste Dorf mußte wenigstens zwei bis drei Rekruten stellen.

*) In einem Manifest des Jahres 1756 gab Friedrich bekannt, daß er in Sachsen keineswegs ein feindliches Land erblicke, sondern dasselbe nur zu seiner Sicherheit während seines Krieges mit Oesterreich in Depot nehme. Dennoch richtete er sogleich zu Torgau ein Preußisches Feld-Kriegs-Direktorium ein, an welches hinfort alle Kammer- und Landeseinkünfte abgeliefert werden sollten.

**) Nachdem Vorzeiger dieses, Hans Steinbock, von den immidiaten Amtsdörfern Zschorta und Veitsberg des Königl. Preuß. General-Feld-Kriegs-Commissiariat abzuliefernden Hafer, als ersteres: an 15 Schef. 1 Viertel 3 Metzen von ganzen 6 Hufen, letzteres Dorf: an 5 Schef. 1 Viertel 1 Metze von 2 ganzen Hufen nach Meißen geladen und nomine der dasigen Gemeinde erschütten will; es wird nicht nur ein solches obrigkeitswegen atestiert, sondern es werden auch zugleich auch alle und jede Zoll-, Geleits-, Land Accis-, Brücken-Einnehmer und Bediente hierdurch dienstfreundlich ersuchet, obbenannten Fuhrmann mit Wagen und Pferden und den darauf befindlichen Köngl. Preuß. Ablieferungshafer aller Orten frei und ungehindert pahs- und repahsieren zu lassen. Sign: Amt Weida, den 31. Okt. 1756. Köngl. Preuß. und Pol. und Kurf. Sächs. Kammer-Kommissions-Rat und Amtmann das. L. S. Joh. George Jeremias, vor mich und invicibus des Herrn Amtsmanns Joh. Ehrenreich Jeremias.

Zwanzig Schef. 2 Viertel Hafer, Dresdner Maß, sind hier auch richtig abgeliefert worden. Meißen, den 6. Nov. 1756. Gutscho, Kommissarius. Das Dorf Zschorta hat an Königl. Preuß. Fourage Lieferungen und andern Geldern wie folgt entrichtet als: 3 Thaler 10 Gr. für Hafer, 1 Thaler 12 Gr. zum Fuhrlohn zur Fourage am 20. Sept. 1756. Joh. Jeremias. Siebzehn Groschen 11 Pfg. hat das Dorf Zschorta dato zur Königl. Preußig. Lieferung an Rind- und Schlachtvieh richtig bezahlt. Nimritz, den 22. Sept. 1756. Heinrich v. Bünau. Dreiundzwanzig Thaler 2 Gr. in Abschlag der Fouragelieferung zur Königl. Preuß. Armee hat dato die Gemeinde Zschorta richtig bezahlt. Rest: 6 Taler 7 Gr. 11 Pfg. Amt Weida, den 24. Nov. 1756. Joh. Jeremias.


Waren nicht soviel taugliche Leute aufzutreiben, so mußte das Dorf solche auf seine Kosten anwerben; manche Dörfer gründeten deshalb Rekrutenkassen, zu denen jeder Einwohner nach Kräften beitragen mußte; den abziehenden Soldaten mußte sogar einmal Rüböl beschafft werden. Endschütz lieferte neun, Letzendorf eine Kanne. Um genug Rekruten zu haben, griffen die Preußen gar bald auch zu anderen Mitteln. Viel junge Leute waren, um der Aushebung zu entrinnen, nach dem neutralen Fürstentum Reuß entwichen; aber am 1. Jan. 1757 erschien zu Gera ein preußische Rittmeister mit seinen Husaren, nahm alle Sachsen, die bis hierher geflohen waren oder hier in Arbeit standen mit, und sie wurden als preußische Soldaten eingekleidet. Solche Zwangsaushebungen kamen im Laufe des Krieges öfter vor; aber bald begnügte man sich nicht mehr mit Sachsen. Des Sonntags überfielen unvermutet preußische Reiter die Kirchen während des Gottesdienstes oder die Kirchgänger, nahmen die brauchbaren Leute mit und zwangen sie im Heere der Preußen zu fechten, oder suchten sich der jungen Männer auf irgendeine Weise zu bemächtigen.
Nach dem Sieg der Oesterreicher bei Prag 1757 sandten diese einen beträchtlichen Teil ihrer Kriegsvölker zur Unterstützung der Reichstruppen und Franzosen nach Thüringen, und so sah im Herbst desselben Jahres unsere Heimat österreichische und ungarische Reiterei, Bosnier, Dalmatier mit roten Mänteln und Sandalen, Kroaten u. a. durchziehen.
Gewöhnlich im Elstertale zwischen Gera und Wünschendorf oder um Gera schlugen sie ihre Lager auf und mußten oft tagelang verpflegt werden, wozu die Bauern auf den Dörfern meist 5 Ztr. Hafer, 5 Ztr. Stroh, 5 Ztr. Heu liefern und Vorspann leisten mußten*) , während die Stadt Gera**) Brot, Bier, Branntweine und andere Lebensmittel schaffen mußte.

*) Da die Weidaer sich gar ncht bequemen wollten, Vorspann zu schicken, ging am 27. Oktober früh 9 Uhr das ganze Kommando zur Erecution dahin ab.

**) Am 3. Sept. 1757 kamen 3000 ungarische Husaren nach Gera, die die Stadt ganz verpflegen mußte, beim Abzug erhielt jeder Reiter 2 Brote, zusammen 6000. Am 10. Sept. erschienen 3000 Oesterreicher, Bosnier, Dalmatier, verwüsteten den Stadtwald, bauten aus den Stämmen Hütten, die sie mit ihren scharlachroten Mänteln überdeckten; die Stadt mußte sie verpflegen und ihnen 9000 Brote liefern; die geraubten Ochsen, Kühe, Schafe ließen sie auf Wiesen grasen, schossen Wild. Am 30. Sept. wurden 4000 Kroaten mit voller Verpflegung in die Stadt einquartiert; sie erhielten 5000 Brote und 2500 mußten ihnen nach Zeitz nachgeliefert werden. Am 21. Okt. bezogen 6000 Mann Reichstruppen ein Lager am Berghang; was die Bürger an die Generalität lieferten, bekamen sie bezahlt. (Günther S. 1563.) Am 1. Nov. marschierten 5000 Mann in die Stadt ein, obwohl sie am anderen Tag nach Roda abrückten, hatte dieselbe 2000 Thl. Unkosten.

Nach der Schlacht bei Roßbach 1757 zogen große Heeresteile durch unser Elstertal und Sachsen mußte 2 700 000 Taler Kriegskosten*) zahlen, von denen ein nicht unbedeutender Teil auf unsere Heimat entfiel.

*)
500 000 Thaler zur Leipziger Ostermesse,
500 000 Thaler zu Johanni,
500 000 Thaler zu August,
700 000 Thaler zur Michaelismesse und
500 000 Thaler vier Wochen nach derselben (Hahn. Chronik v. Gera).


Im Jahre 1758 mußten die Ortschaften des Neustädter Kreises und die altenburgischen Dörfer wöchentlich dreimal Hafer und Mehl für die Reichsarmee nach Zwickau und Chemnitz liefern. Nach dem Überfall bei Hochkirch erschienen im November in Gera Husaren, um hier Winterquartiere zu beziehen. Während die Bürger das beste Essen und Trinken auftrugen, die Stadt Brot und die Landleute*) die doppelte Menge an Mehl, Haber und Heu liefern mußten, rückten in alle Stille Preußen: Fußsoldaten und grüne Husaren von Greiz her, durch Veitsberg, Wünschendorf an und blieben 21 Wochen in der Stadt, aus der die Reichstruppen eilig entflohen waren.

*) Im Komödienhause lagen über 900 Betten, die die Bauern hatten liefern müssen. Die Bäcker hatten viele 1000 zweipfündige Brote aufs Rathaus liefern müssen.

Auf der Höhe nach Ronneburg wurden im Dezember gewaltige Verschanzungen errichtet, den Bauern kaum zu erschwingende Lieferungen, und der Stadt Gera 64 000 Taler*) Kriegskosten auferlegt.

*) Der Landesherr gab 14000 Thaler, die Bürgerschaft 50000 Thaler und zwar:
der Kanzler gab 1000 Thaler,
jeder Hofrath gab 200 Thaler,
jeder Sekretär gab 200 Thaler,
der Superintendent gab 150 Thaler,
jeder Assessor gab 30 Thaler,
jeder Geistliche gab 10 Thaler,
der Schuldirektor gab 80 Thaler,
der Professor gab 20 Thaler,
der Kantor gab 8 Thaler,
jeder Lehrer gab 5 Thaler,
jedes große Handelshaus gab 300 Thaler,
wohlhabende Bürger je 200 Thaler usw.,
die ärmste Witwe gab 1 Thaler (Hahn. Chronik von Gera).


Von November*) an durchzogen 80 österreichische Reiter den Neustädter Kreis und sagten starke Lieferungen nach Zwickau an. Jeder Gemeinde legten sie die Pflicht auf, ihre Anwesenheit ja nicht den Preußen zu verraten, und machten die einzelnen Gemeinden haftbar; für jeden gefangengenommenen Reiter mußte die Gemeinde, in deren Flur er in Gefangenschaft geriet 150 Taler zahlen.

*) "An manchen Tagen sind 3 - 6 Boten hier gewesen, die Lieferungen ansagten (Waltersdorfer Chronik) nach Plauen, Zwickau, Chemnitz, Zschoppau und Berga; mußten 3 Rekruten schaffen, kosten 216 Thaler ohne Spannung, Getreide, Stroh, Viktualien noch 400 Thaler schaffen."

Friedrich der Große dagegen verbot den Bewohnern unseres Kreises sehr streng, irgend etwas von Lebensmitteln aus dem Lande zu lassen bei Leibes- und Lebensstrafe, und am 9. Dez. mußte eine starke Lieferung Haber, Heu, Brot, Bier und Häckerling für die Preußen nach Berga gebracht werden. Die Bewohner befanden sich also in einer ganz verzweifelten Lage. Das Jahr 1759 war eine Fortsetzung der Lieferungen, Zahlungen, Aushebungen und Einquartierungen, wie aus Schriftstücken jener Zeit zu erkennen ist:
Das Dorf Veitsberg liefert zum Königl. Preuß. Magazine Zwickau:
1 Ztr. 104 Pfund Mehl, 3 Scheffel 3 Viertel 1 3/4 Metzen Hafer, 2 Ztr. 42 Pfund Heu, 14 Bund Stroh a 20 Pfund, Amt Weida, den 30. Mai 1759. Joh. Georg Jeremias. Joh. Ehrenreich Jeremias.
Am 2. Mai 1759 mußten in das Magazin nach Weida geliefert werden:
1/2 Ztr. Heu, 6 Bund Stroh, a 9 Pfund; Am 5. Mai 1759 in das Magazin zu Plauen: 1 Scheffel 3 Viertel 1 Metze Hafer, 2 Ztr. 42 Pfund Heu. 21 1/2 Bund Stroh, je 20 Pfd; Am 28. Mai 1759 nach Plauen: 107 Pfund Mehl, 1 Scheffel 1 Viertel 3 Metzen Hafer, 1 Ztr. 21 Pfund Heu, 10 3/4 Bund Stroh, je 20 Pfund. So gehen die Lieferungen in diesem Jahr weiter; der ganze Kreis mußte 35200 Taler aufbringen, davon entfielen auf Cronschwitz 26 Taler, und 1200 Mann Rekruten stellen. Auch die Dörfer im Elstertale hatten solche zu stellen, wie folgendes Schreiben erkennen läßt:

Daß die Gemeinde zu Veitsberg ihren zu liefern gehabten Rekruten Namens Joh. Christoph Heynlanden untergesetzten dato anherr zum Amt gestellt, solcher auch bei nächst zu erfolgendem Transport von hier nach Zwickau und von dannen nach Dresden abgeliefert werden soll. Ein solches wird besagter Gemeinde vom hiesigen königlichen Amt attestiert und bekennet. Amt Weida, den 7. April 1759. Königl. Polen und Kurf. Sächs.

Die ganze preußische Armee stand im großen Bogen von Gera, Zwickau bis Schleiz (in Wünschendorf auf der Gebind an der Brücke lag ständig ein Wachtpikett) und mußte von den Einwohnern verpflegt werden; erst Anfang Mai verließ das große Heer wohlausgerüstet seine Winterquartiere. Die Bewohner der Dörfer mußten Unmengen von Heu, Hafer, Häckerling, Scheitholz, Betten und Brot in Weida abliefern und Wagen stellen, die dem Heere die Vorräte nachfahren mußten; Waltersdorf b. B. stellte zwei Wagen mit 4 Pferden, sie wurden in Weida beladen und kehrten erst nach sechzehn Wochen in die Heimat zurück; doch wußten die Knechte nicht anzugeben, wo sie überall gewesen. Von den Städten verlangten die abziehenden Truppen große Geldsummen, konnten diese in der festgesetzten Zeit nicht aufgebracht werden, so nahmen sie angesehene Bürger als Geißeln*) mit, bis die geforderte Summe gedeckt war. Bis in den August**) hinein saugten Preußen das Land aus, und im November erschienen österreichische Reiterei, Kroaten und Sachsen und forderten, vom Siege übermütig gemacht, von den verarmten Bewohnern ausgezeichnete Verpflegung. Sie waren für die drei Dörfer Wünschendorf, Veitsberg und Cronschwitz eine große Plage. Den abrückenden Truppen mußten alle Pferdebesitzer Vorspann leisten; erst nach Wochen und zum Teil ohne Gespann kehrten sie zurück.

So nahe die fröhliche Weihnachtszeit, doch in allen Häusern unserer Dörfer verscheuchte die graue Sorge jegliche Freude. Alle Vorräte waren erschöpft (die Ernte 1759 war infolge von ungemein heftigen Gewittern, verbunden mit Hagelschlag außergewöhnlich gering; das Schock Korn gab kaum ein Viertel Körner). Tiefbekümmert sah der Landmann dem kommenden Frühjahr entgegen; wo das Saatgetreide hernehmen? Doch um das Maß des Kummers voll zu machen, rückten in der Weihnachtszeit 60 000 Krieger in unsere Heimat ein, die verpflegt werden mußten, nachdem sie vorher durch "Kommandierte" angesagt worden waren.

"Hierdurch bescheinige ich, daß ich als Commandierter von dem Herrn General Zudzinski von des Herrn Leutnant Otto Commando in dem Dorfe "feitsberg" einen Boten nebst Nachtquartier bekommen, welches hiermit quittiere.
Veitsberg, den 25. Dez. 1759. Joh. Christian Bocke, Jäger."


Dazu schrieb Sachsen auch noch fünf Mehllieferungen für den Kreis aus; als man jedoch die Unmöglichkeit der Beschaffung einsah, wurden diese Lieferungen in Geld umgewandelt, das mit der größten Strenge beigetrieben wurde. Was die einzelne Gemeinde in diesem trüben Jahre leisten mußte, mag ein Beispiel aus Mosen nachher zeigen.
Diese gewaltige Summe mußte die Gemeinde aufbringen: doch muß man bedenken, daß jede einzelne Familie außerdem noch mit Einquartierung und Lieferungen belastet war. Jene große Einquartierungbrachte zu harte Not über die Ortschaften und man rief die Regierung um Schadensersatz an; daraufhin erhielt der Ortsrichter zu Veitsberg u. a. folgendes Schreiben:

Außengenannter Dorfrichter wird hierdurch citiert, nächsten Sonnabend, den 15. d. M. früh um neun Uhr nebst 2 Abgeordneten im Amt Weida zu erscheinen, um die von der Kaiserl. Königl. u. Reichs-Erekutionstruppen auf Monat Februar erlittenen und angezeigten Schäden vermittels Eides zu erhärten, wonach sich also zu richten.
Amt Weida, den 13. März 1760. Königl. Polen u. Kurf. Sächs. Kammer Kommissarius. Rat und Amtmann das. Joh. Georg Jeremisas

*) In Pforten nahm sie Hans v. Jugerdsleben als Geißel mit.
**) Am 1. und 3. September kamen durch Gera viele Wagen mit Salz beladen, welches die Oesterreicher in Halle mitgenommen hatten und fuhren nach Hof.

13 Tlr. 10 Gr. 10 Gr. 3 Pf. für Lieferung und Spannung nach Altenburg.
11 Tlr. 0 Gr. 0 Pf. Einlage für Lieferungen, vom Scheffel Feld 1 Groschen 4 Pf.
5 Tlr. 12 Gr. 0 Pf. Einlage für Lieferungen, vom Scheffel Feld 0 Groschen 8 Pf.
12 Tlr. 9 Gr. 0 Pf. Einlage für Lieferungen, vom Scheffel Feld 1 Groschen 6 Pf.
5 Tlr. 12 Gr. 0 Pf. Einlage für Lieferungen, vom Scheffel Feld 3 Groschen 8 Pf.
30 Tlr. 6 Gr. 0 Pf. Einlage für Lieferungen, vom Scheffel Feld 2 Groschen 8 Pf.
22 Tlr. 0 Gr. 0 Pf. Einlage für Lieferungen, vom Scheffel Feld 3 Groschen 8 Pf.
8 Tlr. 6 Gr. 0 Pf. Einlage für Lieferungen, vom Scheffel Feld 1 Groschen 0 Pf.
5 Tlr. 12 Gr. 0 Pf. Einlage zum Bikett nach Wünschendorf.
8 Tlr. 6 Gr. 0 Pf. Einlage zur Lieferg. 28. Juni, v. Scheff. Feld 1 Groschen 0 Pf.
20 Tlr 15 Gr. 3 Pf. Einlage zur Lieferg. 3. Juli, v. Scheff. Feld 4 Groschen 0 Pf.
33 Tlr. 0 Gr. 0 Pf. Einlage zur Lieferg. dazu 5 Scheffel 2 Viertel Gerste und 5 Scheffel 2 Viertel Hafer
49 Tlr. 2 Gr. 0 Pf. Einlage zur Lieferg. vom Scheffel Feld 6 Gr. 0 Pf.
5 Tlr. 12 Gr. 0 Pf. Einlage zur Lieferg. zum Bikett nach Wünschendorf, dazu Fuhr- und Botenlohn nach Albersdorf.
44 Tlr. 0 Gr. 0 Pf. Einlage zur Lieferg. v. Scheffel Feld 5 Gr. 4 Pf. zu zahlen
41 Tlr. 6 Gr. 0 Pf. Einlage zur Lieferg. Chemnitz Scheffel Feld 5 Gr. 4 Pf. zu zahlen,
1 Tlr. 1 Gr. 3 Pf. für Mehl an Ruppert und Härtel,
0 Tlr. 2 Gr. 3 Pf. an Hans Koch für einen Haspen,
33 Tlr. 0 Gr. 0 Pf. Einlage zur Lieferung v. Scheffel Feld 4 Gr. 0 Pf. zu zahlen.

Zusammen 350 Tlr. 2 Gr. 0 Pf.

Nach Darlegung und Beeidung der Schäden und Ausgaben wurde dem Richter aufgetragen, ein genaues Verzeichnis einzusenden, von dem ein Teil folgen mag:

Specificatio:

Was das Dorf Veitsberg aufs 1760te Jahr vor die Kaiserl. Königl. und Reichs Exekutionstruppen an Spannung verrichtet hat, als: 1. im Monat Januarii 3 Thaler 18 Groschen Beitrag zu einen vierspännigen Wagen den 9. Januar Mehl von Gera nach Schleiz à 4 Meilen auf drei Tage fahren zu helfen, als soviel wirklich an Kaspar trautloff hat bezahlet werden müssen. 2  Thaler 8 Groschen Fuhrlohn vor die nach Veitsberg von Weida geholte Fourage. 3 Thaler 14 Groschen vor die nach Weida, Zschorta und Meilitz gegebenen Reitpferde. 1 Thaler vor ein Reitpferd von Veitsberg bis Neustadt, à 3 Meilen, den 2. Juni. Der mit Zschorta und Schüptitz gestellte Wagen vierspännig, ist bis dato noch nicht zurück usw.
Veitsberg, den 25. Juni 1760. Gottfried Fischer, Ortsrichter.

Das Heer der Preußen lag zu jener Zeit nördlich von Gera, Patrouillen*) beider Kriegsvölker suchten die Stellungen und etwaigen Bewegungen der Feinde genau auszukundschaften.

*) Am Rathaus in Gera erschienen fast täglich Patrouillen, verlangten Wein und Imbiß, einen Boten und ließen sich ein Zeugnis ausstellen. (Hahn, Chronik v. Gera.) Der Richter zu wünschendorf mußte Auskunft geben und Boten stellen.
W a l t e r s d o r f 1760: 417 1/2 Scheffel Korn 834 Scheffel Hafer, 833 Ctr. Heu, 89 Schock Bund Stroh.

Nach den Siegen bei Liegnitz und Torgau legte Friedrich sein Heer nach und um Gera in die Winterquartiere und es erging unserer Heimat abermals sehr übel; umherschweifende Soldaten stahlen und schlachteten alles Federvieh und trieben Schweine, Ziegen, Schafe und Rinder davon, nicht nur zur Nahrung für sich und ihre Kameraden, sondern oft um sie in irgend einer Stadt zu verkaufen.*)

*) Am 3. November 1760 verkauften Soldaten mehr als 3000 Rinder und Schafe zu Gera, das Stück von 8 Groschen an. (Günther S. 1588.)

Um den Krieg im nächsten Jahr mit größerem Nachdruck führen zu können, legte Sachsen im Jahre 1760 Magazine an; und der Neustädter Kreis mußte in dieselben liefern: 418 Scheffel Korn, 835 Scheffel Hafer , 836 Ztr. Heu, 89 Schock 7 Bund Stroh. Auf des Preußenkönigs Befehl mußten unsere Ortschaften aber auch nach Weida und Berga Heu, Stroh, Getreide und Schlachtvieh für sein Heer liefern, so daß in diesem Jahre das Getreide ungemein teuer wurde.*)
Nach Waltersdorf kamen in diesem Jahre 199 Kreis- und Amtsboten die Lieferungen ansagten oder Befehle überbrachten, bald von den Feinden, bald von den eigenen Heeren. Vom 22. August 1761 lagerte die Reichsarmee (12.000 Mann) am Lerchenberg (zwischen Weida und Veitsberg) bis zum Dezember, das Hauptquartier befand sich in Weida. Am 24. Juli rückte der Train mit dem Material zum Bau von Schiffsbrücken in Veitsberg ein und blieb daselbst bis zum September; die Soldaten ernteten die Felder ab, plünderten die Gärten, schleppten alle Vorräte aus Kellern und Gewölben fort, selbst Türen, Läden und Hausgeräte verschwanden. Als der Winter nahte, wurden die Regimenter in die Dörfer einquartiert, Veitsberg erhielt das "Kurmainzische Regiment". Um die Königlich Preußischen ausgeschriebenen allzustarken "Contributionen" bezahlen und die Einquartierung unterhalten zu können, nahmen 14 Einwohner von Veitsberg ein Darlehn von 200 Talern auf von "Ihro Hochwohl". Tit. Frau Land- und Kammerrätin Sophie von Kutschenbach auf Meilitz am 4. Sept. 1761.
An die Elsterbrücke wurde eine Brückenwache gelegt, deren Unterhaltung Veitsberg zunächst oblag, wie folgendes Schriftstück beweist:

Specification.
Was vom 4. Sept. 1761 bis den 7. Dez. an Holz und Geleuchte aufgegangen vor die Brückenwache: 6 Thaler 9 Groschen - Pfennige vor Geleuchte, 60 Thaler - Groschen - Pfennige vor 12 Klaftern Hauscheite, 323 Thaler - Groschen - Pfennige in 17 Wochen vor 19 Mann, welche in dieser Zeit täglich alle 19 sind Boten gegangen, davor ein jeder wöchentlich einen Thaler verlanget.
Veitsberg, den 8. März 1762 Gottfried Fischer, Amtsrichter

*) Cronschwitz mußte vom 19.1. bis 4.2.1761 liefern: 22 Scheffel 3 Viertel 1 Metze Hafer, 17 Ztr. 45 Pfund Heu; 2 Aßo Stroh. Im Februar nahmen preußische Kürassiere Pferde und Rinder weg und nahmen Leute als Viehtreiber mit: eine Kuh konnte mit 3 Ducaten, ein Mensch mit 80 bis 100 Talern ausgelöst werden.
Oberförster Kluge zu Cronschwitz gab für seine Befreiung 100 Taler und ein Pferd und erhielt für sich und seine Familie einen Sicherungspaß.


Waltersdorf 1761: 3518 Taler 13 Groschen ohne Lieferungen an Scheiten, Hafer, Häckerling, Heu nach Weida, Berga, Wünschendorf.
Später mußten fremde Dörfer für die Brückenwache sorgen. Dem Ort
Waltersdorf verursachte diese Pflicht eine Ausgabe von mehr als 31 Talern. Ungefähr 30 Wochen lag die Reichsarmee auf jenen Höhen und in den Dörfern. Der Bergrand östlich an der Veitskirche neben der Friedhofsmauer war gut befestigt, mit Kanonen reichlich versehen, denn man fürchtete vom Schlüsselberg bei Wünschendorf her einen Angriff der Preußen. Der Rand heißt noch heute die "Schanze". Das Altenburger Land mußte der Reichsarmee dreimal je 10 000 Scheffel Korn, 10 000 Scheffel Hafer und 10 000 Zentner Heu liefern. Durch Kavallerie wurden die Lieferungen mit größter Strenge beigetrieben. Die Preise für Getreide und Lebensmittel stiegen in jener Zeit ungemein hoch.
Es kosteten: 1 Scheffel Weizen 16-18 Taler, 1 Scheffel Korn 15 Taler, 1 Scheffel Gerste 12 Taler, 1 Scheffel Hafer 11 Taler, 1 Pfund Rindfleisch 6 Groschen, 1 Pfund Kalbfleisch 6 Pfennige, 1 Pfund Butter 1 Taler, 1 Elle Tuch 3 Taler, 1 Paar raue Schuhe 2 Taler, 1 Paar wollene Strümpfe 1 Taler 6 Groschen 12 Pfennige; 1 "schlecht Schnupftuch" 16 PFennige, 1 Elle grobe Leinwand 10 Groschen.
Wünschendorf hatte nicht nur jedes Haus übervoll von Soldaten, sondern die
20 Bauern mußten im Oktober an das Hauptquartier auch noch 78 Zentner 31 Pfund Mehl, 113 Scheffel Hafer und 227 Zentner 50 Pfund Heu abliefern. Bezahlung für später wurde ihnen zugesichert.
Das "Schafvieh der Königl. Schäferei zu Cronschwitz" konnte des Lagers wegen nicht ausgetrieben werden. Nach Abbruch desselben wurden die Fluren von Untitz, Wünschendorf und Großfalka mit den Hämmeln aus Futtemangel schon vor der festgesetzten Zeit abgehütet. (Wünschendorf und Untitz von Alt-Michaelis, Großfalka von Martini ab.)

Am 20. November ging folgender Befehl bei dem Ortsrichter zu Wünschendorf
ein:

"Amtswegen wird der Richter und die Gemeinde zu Wünschendorf andurch bedeutet, morgenden Tages, längstens frühmorgens um 6 Uhr einen Wagen nach Cronschwitz zu Ihro Hochwohlgeb. dem Herrn Hauptmann von Poßneck zu stellen und sich hiernach bei Vermeidung militärischer Exekution zu achten."
Sig. Amt Mildenfurth, den 20. Nov. 1761.
Königl. Pol. u. Kurf. S. Amtshauptmann das. Joh. Heinrich John. - Karl Friedrich Krause.

Als die Reichsarmee endlich abrückte, mußten alle Pferdebesitzer Spanndienste leisten. Die Gemeinde Mosen mußte in diesem Jahre für Lieferungen und Spanndienste 347 Taler 9 Groschen 2 Pfennige aufwenden.
Oberhalb des Wünschendorfer Wehres wurde eine Schiffbrücke erbaut, über welche das ganze Heer marschierte. Erleichtert atmeten die Bewohner auf, allein nach kurzer Zeit zog ein preußisches Heer unter General v. Schenkendorf, der sein Hauptquartier in Gera*) aufschlug, in die verlassenen Quartiere ein.

*) "Schon am 20. Jan. 1762 erschienen preußische Kürassiere in Gera, forderten von der Stadt 100 000 Thaler und nahmen 8 Geißeln mit, bis das Geld beschafft war; im Juli mußte die Stadt einmal 10 000, danach 12 000 Brote, und Ortschaften um die Stadt 500 Schef. Hafer und 500 Ztr. Heu nach Greiz liefern; im August 600 Schef. Hafer, 600 Ztr. Heu und 2000 sechspfündige Brote; es konnten aber nur 200 Schef. Hafer aufgetrieben werden." (Beltz, Hahn u. a.)

Was Ihro Excel. der Herr General-Feldmarschall von Haddick auf unser Hochdemselben communicirt mit dem H. General-Major von Schenkendorf Hochwohlgeb. getroffenen Convention und dabei . . . . . Gesuch: Den hiesigen Kreis wegen ermangelnder Subsistence weiter zu bequartieren, noch sonstige Praestationes von ihm zu erfordern, noch auch selbigen an der adimplizung obermelder Convention befinden zulassen, zu antworten beliebt, das besagt die copryh Beilage sub A. in mehreren . . . . . . Da nun bereits . . . heutigen Mittwoch 21 000 Thaler erhalten wegen anderweitiger occupirung des Kreyses, und 100 000 Thaler zur ersten Frist nach der Convention Ausgangs des jetzt laufenden Monats martii an obhochgedachten H. Gen. v. Schenkendorf bei Vermeidung der allerschärfsten militärischen Execution und anderer im Kriege üblich.
Zwangsmittel bezahlt worden, mithin zu dieser praestation größeren Ungemachs, ja wohl gar ruins, die . . . . . S. huj ausgeschriebenen und auch Rekruten, Pferden und Knechts-Gelder annoch in dieser Woche praecise berichtigt sein müssen, haben diesen erfolg andurch nochmals alles Ernstet nicht ermangeln, und anbey daß Sr. des H. Gen. von Weczey, Hochwohlgeb. Dero Verbot wegen Einbringung derer Contributions-Gelder, mittels eines Schreibens vom heutigen dato wiederum aufgehoben haben, mit anmelden sollen. Neustadt a. d. Orla, den 24. Martii 1761, Neustädter Kreiß-Deputation L. v. Brandenstein.

Wohlgeborener Infonders Hochgeehrtester Herr! Was derselbe unter vorgestrigem dato an mich erlassen haben, ein solches ist mir durch den Herrn Kreishauptmann von Brandenstein rechtes zu Handen gekommen, und mir daraus sehr bedauerlich zu entnehmen gewesen, was für Grausamkeiten der Feind allda ausgeübt habe und wie groß jene Drangsale sind, welche andurch denselben zugehen. Ich habe . . mich gegen Herrn Kreißhauptmann von Brandenstein des mehreren mündlich geäußert, worauf ich mich hiermit beziehe, daß ich in Verschonung dieses Löbl. Kreißes allerdings . . . . . . so viel nur immer die Lage der Sache und die feindlichen Ereignisse gestatten, damit außer deren Patrouillen und etwa nötigen kleineren commandi von diesseitigen Truppen nicht dahin kommen möchte. . . mit besonderer Hochachtung stets verbleibe . . . . .
Hauptquartier Cronach, den 23. Martii 1761. Dienstschuldigster Dr. Haddick.

"Zu Ende dieses Monats sind von den 121 000 Thalern 71 000 Thaler zu erlegen, der Rest aber von 50 000 Thalern den 3. April. Es soll ein Hochlöbl. Ritterschaft die Hälfte der Ihnen unter 5. huj. zugeteilten Contingenter zum Don. Grahuit in soweit es nicht geschehen, an den Herrn Amtssteuer-Einnehmer allhier, die steuerbaren Contribuenten aber die Hälfte der Schock unt Quatember Gelder mit
zehn Groschen von jedem gangbaren Schock 58 1/2 Quatember in Accisbaren Städten, so keine Kavallerie verpflegen,
dann mit
13 Groschen von jedem gangbaren Schock 58 1/2 Quatember in Städten, welche Reuterey verpflegen
und endlich mit
17 Groschen von jedem gangbaren Schock 82 Quatember auf dem Lande
und den 31. Monat Martii an ihre angewiesenen Einnehmer. Sodann aber diese ohne allen Zeitverlust zu den hiesigen Kassen anher abführen."

Das Colignongsche Freibataillion und die
Zietenhusaren kamen nach Wünschendorf und Veitsberg zu stehen. Den letzteren gelang es, von einer größeren feindlichen Abteilung bei Neustadt 480 Mann und 3 Kanonen zu erbeuten. Noch nie dagewesene Lieferungen wurden den Bewohnern auferlegt. Jedes Bauernhaus zu Wünschendorf sollte 40 Scheffel Hafer, 20 Zentner Heu und 20 Schock Stroh nach Gera liefern.
Der Amtsrichter G. Pezold zu Veitsberg schrieb darüber: Hernach mußten wir viele
Mannschaften, Lieferungen, Contributionen und Vieh schaffen, auch Stückpferde ohne Zahl, Haber und Heu. Die Häuser mußten 40 Scheffel Haber, 20 Zentner Heu und 20 Schock Stroh nach Gera liefern. Da war sehr große Not bei uns; weil die Lieferung nicht gleich erfolgen konnte, haben die preußischen Husaren das Vieh und die Menschen aus dem ganzen Amt Mildenfurth nach Gera transportiert. Es wurde etwas wiedergegeben, aber nicht viel. Hernach kam die Seuche unter das Vieh; so ist in Mildenfurth, Cronschwitz, Deschwitz, Zossen, Untitz, Falke, Wünschendorf das meiste crepiert.
Aber auch im Heere scheinen Krankheiten gewütet zu haben, denn es wurde zu Veitsberg ein Lazarett eingerichtet, welches, nachdem es abgebrannt war, nach Wünschendorf verlegt und von den Gemeinden ganz und gar erhalten werden mußte. Veitsberg mußte jeden Tag eine Kanne Öl dahin geben, zwei Mann zur Aufwartung stellen, dazu alles nötige Brot, Fleisch und Salz und täglich drei und vier Tote begraben, so daß der Bestand von 135 Mann bald auf 45 Mann sank.
In Weida erschien am 5. Dezember 1762 ein preußischer Hauptmann mit 50 Mann, ließ die Stadttore besetzen, alle Bürger auf das Rathaus laden, unter ihnen 25 kriegsfähige junge Männer aussuchen und zog mit diesen wieder ab. Denselben Monat noch quartierte sich Oberst von Solignon mit einem Freiregiment in Weida ein.
Von diesem kaufte der Rat der Stadt Mannschaften, um die weggeführten Bürger damit auswechseln zu können, was auch geschah. Am 28. Januar 1762 ließ dieser Solignon eine große Anzahl von Ortschaften überfallen. Abends 8 Uhr erschienen sie plötzlich zu Cronschwitz, nahmen junge Männer, Pferde, Rinder, Schafe usw..
"In allen Dörfern war großes Heulen und Geschrei hörbar, denn Leutnant von Solignon marterte die Leute aller Orten, auch zu Endschütz, Wolfersdorf, Berga, Markersdorf, Teichwolframsdorf..."
Händeringend baten die Einwohner von Cronschwitz, ihnen doch ihr Vieh zu lassen, was die Soldaten auch versprachen, wenn ihnen 300 Taler ausgezahlt würden. Die Leute sagten diese Summe zu, obwohl sie gar nicht wußten, wo und wie sie das Geld auftreiben sollten. Zu ihrem größten Glück erfuhren sie heimlich von einem Freunde ihres Oberförsters Kluge, von dem Husarenleutnant und Adjutant Köppel, daß alle "Prästationen" der Preußen in Sachsen aufgehoben werden sollten. Täglich erschienen Mannschaften vom Freibataillon und forderten unter schrecklichen Drohungen die verwilligte Summe. Doch die Einwohner vertrösteten sie mit der Ausrede, es sei ihnen trotz aller Bemühungen noch nicht möglich gewesen, das Geld aufzutreiben, in den nächsten Tagen aber würden sie alles erhalten. Am 15. Februar ließ sich Solignon mit 2 Dukaten abfinden. Aehnliches wiederholte sich auf vielen Dörfern*), zuweilen gar des Nachts. Überall wurden Rekruten und Stückknechte zwangsweise durch die Preußen ausgehoben und Pferde weggenommen. Den Angehörigen der jungen Leute stand es frei, dieselben mit ungefähr 100 Talern wieder auszulösen. Daraufhin erließ am 10. September 1762 der "kommandierende General in hiesiger Gegend", F. A. Schenkendorf folgenden Befehl:
"So ich habe erfahren müssen, wie in den Städten und Dörfern verschiedentlich Werber, hauptsächlich von den Freibataillons sich aufhalten und durch ihr Werben nicht allein verhindern, daß die Städte und Dörfer das ihnen auferlegte Rekruten-Quantum nicht zu bestimmter Zeit liefern können, auch wohl gar Ochsen, Pferde, Wagen und Geld erpressen.
Es wird hierdurch allen Städten und Dörfern des Neustädter Kreises anbefohlen, daß, sobald dergl. Werber und Marodeuers, sie seien von der Infantrie, Kavallerie, Husaren oder Freibataillons sehen lassen, selbig
e sofort arretiert und anher nach Gera geschickt werden. Ueberhaupt soll sich niemand unterstehen, eher zu werben, bevor nicht die Grafschaft und Kreis ihr gehöriges Rekruten-Quantum abgeliefert haben, es sei denn, daß jemand einen Paß von meiner eigenen Unterschrift und Insiegel vorzeigen kann, so muß derselbige gehörig respektiert und nachgelebet werden. Gegeben Gera, 10. Dez. 1762 L. S.     F. A. v. Schenkendorf
Königl. Maij. in Preußen bestallter General-Major, Obrister eines Regiments zu Fuß und commandierender General in hiesiger Gegend.
circular in den Neust. Kreis.

Wer ein Haus besaß, durfte nach dem Rekrutengesetz nicht ausgehoben werden. Viele junge Leute kauften oder bauten sich sobald als irgend möglich ein Haus; in Mosen wurden in jenen Kriegsjahren am Hain zehn Wohnhäuser von jungen Leuten aus Kursachsen erbaut, um den Zwangsaushebungen zu entgehen.

*) Unvermutet erschienen eines Tages in Wünschendorf im Gehöft des Loandwirts Völkel Husaren, um dessen beide Söhne mit Gewalt zu entführen; obwohl sie sich in der Scheune verbargen, wurden sie doch entdeckt. Ehe jedoch die Soldaten den Scheunenboden erstiegen, schoben beide Brüder zwei Schabe des Strohdaches auseinander, rutschten außen auf demselben hinab über den Scheunenkorb hinweg in den Garten und entflohen.

Wie ganz furchtbar die in dieser Zeit von Preußen aufgebürdeten Kriegslasten waren, mögen noch einige Beispiele zeigen.
Die Gemeinde Mosen mußte liefern: 45 Scheffel Korn, 74 Scheffel Gerste, 25 Scheffel Hafer, 475 Bund Heu, 620 Bund Stroh an die Kriegskommission zu Altenburg und hatte in derselben Zeit noch vier Lieferungen nach Korbussen, noch eine Lieferung nach Ronneburg, noch eine Lieferung nach Großenstein, noch eine Lieferung nach Chemnitz und mußte an "Badische Ochsenhüter" 14 Taler 12 Groschen zahlen.
Dem Rittergut zu Mosen wurden besondere Lieferungen auferlegt; es mußte an jene Kriegskommission abliefern: 11 Scheffel Korn, 28 Scheffel Gerste, 18 Scheffel Hafer, 110 Bund Heu und 120 Bund Stroh, je 10 Pfund schwer.
Am 30. September 1762 erschien ein preußisches Kommando zu Endschütz und sagte eine Lieferung an Hafer, Heu und Stroh an; jede Hufe Feld gab 66 Rationen; eine Ration Hafer gleich 1,5 Metzen.
Der Mühlenbesitzer Heinold
mußte 2,5 Maß Hafer, 3 Bund Heu, je 8 Pfund und 3 Bund Stroh je 6 Pfund geben, alles doppelt gebunden. In seinem großen Mühlenbuche findet sich dazu folgende interessante Bemerkung:
Meine Magd und der Kärner haben solches auf zwei Schubkarren nach Freiberg gefahren, sein acht Tage außen gewesen, dem Kärner des Tages acht Groschen zu Lohn gegeben, beträgt zwei Thaler 16 Gr., und 3 Thaler und 19 Gr. haben sie unterwegs verzehrt, ohne Brot und Zukost, welches sie vom Hause mitgenommen. Den 9. Okt. habe ich an obiges Commando wieder 6 Thaler Geld vor 6 Rationen bezahlt; zur Execution habe ich eine alte Henne, 1 Maß Hafer und 1 Bund Heu zu 8 Pfund gegeben.
Cronschwitz mußte zu einer
Lieferung 22 Scheffel Hafer, 20 Ztr. Heu und 5 Betten beitragen, alle Pferde und Rinder wurden weggenommen, und die Besitzer mußten sie den Soldaten nachtreiben; wer seine Kuh behalten wollte, zahlte für jede 21 Thaler.
Für das von Plettenbergische Regiment Dragoner lieferte Veitsberg an: 1. Leib escadron 157 rat., 1 Ration: 3 Berliner Metzen Hafer, 6 Pfund Heu, 5 Pfund Stroh, 2. Obrist v. Matzon 147 rat., 3. Major v. Poprel 156 rat., 4. Major v. Eberstein 154 rat., Major v. Stotternheim 138 rat., Summa 752 rat. Hart- und Rauhfutter hat das Regiment auf den 13. Okt. richtig empfangen, quittiere im Lager, den 25. Sept. 1762.
In Wünschendorf stand ein preußisches Pikett. "... und es hat lange dagestanden" zur Bewachung des Elsterüberganges, zuerst wurde es von den Bewohnern verpflegt; als nichts mehr aufzutreiben war, mußte alle umliegenden Orte demselbem Brot, Fleisch, Bier, Branntwein, Butter, Käse, Wurst, Essig . . . liefern.
Die 34 Bauern des Gerichts Waltersdorf veranschlagten in diesem Jahre ihren Schaden mit 7997 Thalern 15 Groschen. Um alles beschaffen zu können hatten sie 1133 Thaler in Weida borgen müssen.
Diez im Knottengrund schreibt: Weihnachten 5 Thaler Kontributionen, Ostern 3 Thaler Kontributionen. Als Tagelohn hatte ich ohne Essen 8 Gr.
Die Ortsrichter durften des Nachts Licht und Feuer nicht ausgehen lassen und mußten stets 3 bis 5 Boten zur Verfügung haben. Zu Botendiensten waren nur Hausbesitzer verpflichtet; aber als deren Zahl nicht mehr auslangte, erschien folgende Verordnung:

"Demnach bei izigen
vielen und überhäuften Botenlaufen die Häusler und Hausgenossen nicht freigelassen werden können, sondern bei dergl. außerordentlichen Fällen das Botenlaufen mit zu verrichten schuldig sind. Es werden von Amts wegen die Häusler und Hausgenossen zu Wünschendorf mit allem Ernst bedeutet, das Botenlaufen der Reihe nach bei Vermeidung von 5 Taler Strafe sofort mit zu verrichten, widrigenfalls aber gegenwärdig zu sein, daß im Verweigerungsfalle selbiger durch Execution dazu angehalten, und die verwirkte Strafe von jedem beigetrieben werden soll; wonach sich also zu richten.
Sig. Amt Mildenfurth, d. 18. Jan 1762.
Königl. Pol. und Kurf. S. Amtshauptmann das.
Georg Friedrich Römer"

Die Lieferungen, welche Schenkendorf für den Reust. Kreis ausschrieb, ergaben zusammen folgende Summen: 1000 Ztr. Mehl, 800 Scheffel Haber, 1000 Ztr. Heu 30 Schock Stroh und 373066 Taler bares Geld.

Denen Hoch und Wohltitulierten Herren Mit-Ständen von der Ritterschaft ist bereits aus dem unter heutigen dato circulierenden Patente und dessen abschriftlichen Anschlusse hinlänglich bekannt, was Sr. Königl. Majestät in Preußen durch das General-Feld-Kriegs Direktorium gab dato Meißen d. 22. Nov. a. p. nicht nur 179 100 Thaler an Contribution oder Schock- und Quatember Steuern, ingl. 103 800 Thaler vor 550 Recruten a 100 rh., 366 Knechte a 50 rh. und 610 Pferde a 50 rh., sondern auch 90 166 Thaler an Don Gratait von der ritterschaft dem Neustädtischen Kreise zu bezahlen angesonnen haben. Wenn denn nun angeregtes Intiamatum gestrigen Tages von des Preußischen Herrn General-Majors von Schenkendorf, Hochwohlgeb. uns eingehändigt und aller darwider beschehenen möglichen Vorstellung von Bitten bey denen von der Ritterschaft hiesigen Kreises geforderten schon angeregten 90 166 Thaler bestanden, auch in hernach benannten Terminen die Abführung darben nach mehreren Inhalt obberührten Intimati solcher Gelder nach dem Wert der Güter und deren Vermögensumständen derer Besitzer proportionierlich zu repartieren verlangt, und diesen und mehreren Postalatis an verschiedener erforderten Fourage und Recruten, den Nachruf zu geben, nicht nur der H Kreishauptmann von Wilk zu Dreizsch, die H. Majors von Brandenstein und Brocktorff zu Gräfendorf und Rockendorf, der Herr Hauptmann von der Gablenz von Cemnitz, und der H. Lieuten . von Orbschelwitz von Moderwitz, als Geißeln ausersehen, sondern auch noch mehrerer zu solchen Ende abzuholen geäußert worden. Deshalb man nicht Umgang haben mögen, zu solcher repartition zu verschreiben, und da wir bey so wenig übrigen Zeit, ob wir auch schon mit vorgedachten H. Mitständen zu communicieren nicht verabsäumt haben, zu einer hinlänglichen Information von dem Werte derer Rittergüter und deren Vermögens Umständen derer Besitzer derselben nicht gelangen können, vielmehr dieses nach unserer wenigen Kenntnis einrichten müssen.
So hoffen wir doch, unsere hochgeehrten H. Mitstände werden hierben alsobalden slebst wahrnehmen, daß wir in Vergleichung eines Gutes gegen das andere alle mögliche Proportion zu obserwiren gewesen . . . anbey aber ergebenst bitten, die ausgefallenen Quanter in vier gleichen Theilen und zwar: 1/4 binnen 8 Tagen a die insinuationis also längstens den 14., 15. und 16. kajus, das 2te Viertel aber in 8 Tagen hernach, das 3te Viertel in denen folgenden acht  Tagen und das 4te und letzte in denen weiteren nächsten acht Tagen an guten der Zeit gang und gebe Steuer Sorten an den hierzu bestellten H. Amts-Steuer-Einnehmer Seifferten allhier zu bezahlen und durch Verzögerung Ihnen selbst und dem Kreis nicht größeres Nachteil zuzuziehen, auch wegen richtig beschehenerInsinuation dieses Patents solches zu praesentieren . . zu allen möglich ergebensten Diensten allezeit bereit und schuldig beharrn. Neustadt an der Orla, den 5. Martii 1761. Deputierte-Stände des Neustädtischen Kreises. La. Von Brandenstein. Jul. von Brandenstein.

A u f r e c h n u n g:

550 Thlr. Altenbeuthen
1 500 Thlr. Niederpöllniz
2 100 Thlr. Braunsdorf 1 600 Thlr. Nimriz und Röhmen
650 Thlr. Bucha 2 400 Thlr. Oberpölniz
1 200 Thlr. Burkersdorf 8 800 Thlr. Oppurg, Grobiz, Grünau, Colbe und Posiz
5 500 Thlr. Burg rahnis u. Brandenstein 1 300 Rentendorf
1 200 Thlr. Cospeda 1 100 Thlr. Rockendorf
1 000 Thlr. Crölpa 1 600 Thlr. Schloßberga
150 Thlr. Cülma 600 Thlr. Schwarzbach
2 200 Thlr. Culmizsch 60 Thlr. Sirbis
150 Thlr. Döhlen 1 300 Thlr. Sorna
2 200 Thlr. Dreizsch und Ulmansdorf 1 100 Thlr. Steinsdorf
1 800 Thlr. Endschüz 400 Thlr. Staiz
2 200 Thlr. Frießniz und Struth 1 100 Thlr. Tausa
1 600 Thlr. Geroda 2 200 Thlr. Teichwolframsdorf
80 Thlr. Gräfendorf 500 Thlr. Thraniz u. Halbgrobsdorf
800 Thlr. Grobengereuth 900 Thlr. Uhlersdorf beide Teile
1 400 Thlr. Gütterliz 1 200 Thlr. Waltersdorf
400 Thlr. Heßberg und Kühdorf 2 400 Thlr. Wenigenauma
800 Thlr. Hohenölßen 400 Thlr. Wöhlsdorf bei Auma
2 600 Thlr. Knau 2 500 Thlr. Wöhlsdorf ober und unter
2 000 Thlr. Laußniz Obertheil 1 000 Thlr. Rahnis Brandenstein Anteils
1 100 Thlr. Laußniz Untertheil 2 300 Thlr. Wernburg
1 300 Thlr. Leubsdorf beide Theile 350 Thlr. Wetzdorf
1 500 Thlr. Lemniz 1 100 Thlr. Wolfersdorf
1 300 Thlr. Liebsdorf 37 710 Thlr. Latus
1 300 Thlr. Liebschüz, Oberhof 52 950 Thlr. Transp.
1 300 Thlr. Liebschütz, Unterhof 90 660 Thlr. Summa
also mehr als ausgeschrieben worden
494 Thlr. zu Bestreitung derer Einnehme Gebühren a 1/2 p. Cent. von 100 Thlr. und zu Botenlohn.
1 200 Thlr. Lindencreuz
300 Thlr. Läwiz
2 600 Thlr. Markersdorf, Neumühle und Clodra
1 500 Thlr. Meilitz
1 300 Thlr. Miesiz
1 000 Thlr. Moderwiz
300 Thlr. Molwiz
1 600 Thlr. Moßbach 4 Theile
2 600 Thlr. Münchenbernsdorf und Sorga
500 Thlr. Neuenberga
350 Thlr. Neuenhofen
52 950 Thlr. Latus

Am 2. Dezember 1762 ritt Friedrich der Große mit seinem Generalstab, unter dem sich auch Seidlitz befand, durch Ronneburg, Gera nach Thüringen. Sehnsüchtig erwartete überall seine Ankunft; denn man erhoffte bestimmt Milderung der Kriegslasten, allein vergebens.
Die Soldaten wurden noch übermütiger, drohten mit Brandstiftung, und Friedrich ließ abermals neue erschreckende Lieferungen ausschreiben; welche Ausgaben dadurch den einzelnen Gemeinden entstanden, läßt folgende "Specification" des Ortsrichters zu Veitsberg klar erkennen.

Aufwand

vor die Königl. Preuß. Völker u. Soldaten als Einquartierung, Spannung, Verpflegung auf 4 Monate: November, Dezember 1762 und Jan. und Febr. 1763.
26 Thlr. 13 Gr. vor Spannung,
3 Thlr. 21 Gr. vor Reitpferde,
3 Thlr. 13 Gr. vor Strich Settel,
2 Thlr. 16 Gr. vor Exekution,
2 Thlr. 16 Gr. vor Exekution,
16 Thlr. 13 Gr. vor Oel in das Lazareth, 38 Kannen 1 Nötzel,
54 Thlr. 0 Gr. vor Verpflegung, 3 Mann 9 wochen,
104 Thlr. 0 Gr. vor Botengehen: 19 Mann 16 Wochen, wöchentlich 1 Thaler,
40 Thlr. 0 Gr. vor Aufwartung, Holz in Lazarett,
11 Thlr. 15 Gr. vors Schanzen in Gera und Weida,
50 Thlr. 8 Gr. vor 54 Mann Einquartierung von 17. Febr. an,
217 Thlr. 0 Gr. vor Einquartierung, 31 Dragoner v. reg. Z..,
6 Thlr. 0 Gr. vor Fuhrlohn, Fourage vom Weida zu holen,
8 Thlr. 0 Gr. vor Verpflegung von 1 Leutnant u. 5 Mann, zur Abholung des Viehes nach Auma.

546 Thlr. 19 Gr. Gesamt

Das Dorf Veitsberg hat an Mannschaften im Lazarett gehabt, vom 12. Dez. 1762 bis 9 Febr. 1763 180 Mann und wurden 38 Kannen 1 Nötzel Oel verbraucht.
Veitsberg, den 9. Febr. 1763. G. Petzold, Richter.
Veitsberg und Zschorta hat an Schafen geliefert: 6 Stück Zschorta, 5 Stück Veitsberg, welches hierdurch gebührend quittiert wird.
Neustadt, den 19. Jan. 1763. Joh. Chr. Stemmler.

Der Orstrichter Gottfr. Pezold von Veitsberg hat über den siebenjährigen Krieg mancherlei aufgezeichnet; aus seinem Bericht mögen noch einige Stellen wörtlich folgen:

"Es hat 1745 müssen das Schock 1 Thaler bezahlt werden zur
Contribution, danach wurde gute Zeit bis 1755.

1756 kam der Preuße mit seinen Völkern wieder in Sachsen, da gingen die Lieferungen im Herbst an und sind Rekruten, Mehl, Pferde und Stückknechte ausgeschrieben und solche in Natur geschafft worden.

1757 sind Durchmärsche gewesen, wir haben beständig liefern und Menschen schaffen müssen.

1759 sind die preußischen und östreichischen Husaren sehr stark bei uns flankiert, bald mußten wir den Oestreichern liefern, bald preußis. Völkern.

1760 ist die Reichsarmee nach Sachsen gekommen, auch französische Völker.

1761 ist die Reicharmee immer näher gekommen, kam bei Ronneburg ins Lager, hernach ganz und gar hier auf dem Lerchenberg zu stehen, und dabei kam zugleich der Pontoniers oder Schiffbrücke am 24. Juli u. stand mit der Reichsarmee bis in den Herbst allhier hinter Veitsberg, da geschah sehr viel Schaden, in Feldern, Wiesen, Gärten und Häusern, da wurden Türen und Läden hinausgetragen, Zäune eingerissen und verbrannt. Hernach kamen die Cantoniers, es lagen im Hause 30 - 40 Mann. Hernach wurden sie eingeteilt, ein Regiment kam dorthin, das andere seitwärts in die Winterquartiere, bei uns kam das Kurmainzische Regiment, dies hat bei uns gestanden sehr lange Zeit.

1762 kamen die Reichsvölker wieder weg, es kamen die Ziethen-Husaren bei uns uns zu stehen wie auch das Coligungsche Freibataillon, welches uns sehr viel kostet zu erhalten.
Hernach kam das Coligungsche Lazaret nach Veitsberg u. wurde in Caspar Fischers u. noch etliche Häuser gelegt; Veitsberg mußte sehr viel leiden, es mußte Brot, Fleisch, Holz liefern, mußte die Lager und Bänke bauen, Holz dazu herschaffen; u. wenn welche starben, zu Grabe schaffen. Sie lagen bis Sonntag Esto mihi 1763 hier, da brannten die Soldaten Fischers Haus weg, sie (die Kranken) wurden in die Angerhäuser und nach Wünschendorf geschafft. Es war kein Hauswirt in seinem Haus mehr sicher.

1763 wurde Friede, da mußten die Preußen aus dem Lande marschieren. In sechs Jahren sind wie die Soldaten garnicht los geworden und ist wohl kein Tag vergangen, da sind bald diese, bald jene dagewesen, man kann nicht beschreiben, was wir haben alles geliefert, von den Contributions kann man es gar nicht sagen, weil derselben zu viel gewesen. Den 21. März wurde das Friedensfest mit größter Innigkeit gefeiert. Gott sei Dank, der unser Gebet erhört und uns den Frieden wieder beschert hat. Gott helfe, daß wir und die Nachkommen solche Kriegsnot nicht wieder erleben mögen.
Gottfried Pezold, Amtsrichter z. Veitsberg. - Adam Pezold, Einwohner z. d. Zeit.

Am 20. März 1763 wurde an allen Orten mit den Glocken geläutet und geschossen, auch in der Frühe des 21. März erschallte Glockengeläut. Um 9 Uhr versammelten sich die Kirchgänger des Kirchspiels Veitsberg vor der Schule daselbst, sangen mit den Schulkindern unter Musikbegleitung einen Choral; dann zogen alle in das altehrwürdige Gotteshaus, in dem an diesem Tage zweimal Gottesdienst gehalten wurde.
Welchen furchtbaren Schaden der Krieg unser Heimat gebracht, sei an einigen Beispielen gezeigt.
Die Altgemeinde Mosen berechnete den Gesamtschaden, der
ihr durch die sieben Kriegsjahre zugefügt worden mit 1912 Tlr. 1 Gr. (laut Nachr. i. Gemeindelade.)

Die 34 Bauern des Gerichtes Waltersdorf b. B. beziffern ihren Schaden mit:
15 780 Taler 14 Gr. 2 Pf. an Preuß. Behörden
5 258 Taler 15 Gr. 2 Pf. an die Reichstruppen,
559 Taler 10 Gr. 3 Pf. 1 Contribution nach Dresden,
200 Taler 13 Gr. 0 Pf. Exekutionsgebühren,
4 012 Taler 9 Gr. 1 Pf. Steuern und Landesabgaben,
25 779 Taler 19 Gr. 6 Pf. verschiedene Ausgaben f. d. Krieg,
168 Taler 17 Gr. 9 Tranksteuer und Accise.

51 760 Taler 3 Gr. 11 Pf.

Im Jahre 1763 borgten sie in Weida 6228 Taler.
Nicht alle Gemeinden waren wie Waltersdorf in der Lage gewesen, während der Kriegsjahre die regelmäßigen Steuern zu bezahlen. Nach Beendigung des Krieges wandten sich einzelne von ihnen an den Staat um Erlaß derselben, wie folgendes Schriftstück erkennen läßt.

Averius, Königl. Prinz in Polen und Litthauen Herzog zu Sachsen, der Chursachsen Administrator.
Bester und lieber Getreuer*), Wir sind auf euer unterm 1. Okt. 1763 und 27. Febr. 1764 nebst zweyen hierzu wieder angeschlossenem Fasc. Act. sub N. 28 u. sub. Cit. Z. erstatteten untertänigsten Bericht in Gnaden entschlossen den im letzten Kriege durch vorzügliche Beschädigungen äußerst entkräfteten Einwohnern dreier Dorfschaften Zschorta, Veitsberg und Köckritz in Ansehung ihrer 1750 bis 1762 restierenden 829 Thaler 23 Gr. 10 Pf. Schock- und Quart. Steuern einen gänzlichen Erlaß angedeihen zu lassen, und begehren in Vormundschaft unseres Herrn Vetters des Churfürsten v. Sachsen, ihr wollet hiernach auch gehorsamst achten und vorbemerkte Summe Achthundertneunundzwanzig Thaler 23 Gr. 10 Pf. als Wegfall in Rechnung setzen. ...
Darum geschiehet unsere Meinung
Dresden, am 14. Aug. 1765 Rudolph, Graf v. Bünau.

Noch einer andre Freude wurde einzelnen Ortschaften zu teil; Kursachsen begann nämlich, die im Kriege ausgeschriebenen Lieferungen zu bezahlen, von denen des Jahres 1761 sollte 1 Ztr. Mehl, mit 3 Talern, 1 Ztr. Heu mit 1 Taler, 1 Scheffel Hafer mit 2 Talern entschädigt werden. Auf die 20 Bauern von Wünschendorf entfiel abschläglich die Summe von 168 Tlr. 2 Gr., welche schon am 1. August 1763 zur Verteilung gelangte;
Gottfried Schneider erhielt 3 Taler 13 Gr. 8 1/2 Pf.
Georg Völkel erhielt 2 Taler 5 Gr. 6 1/2 Pf.
Jerem. Weyrauch erhielt 1 Taler 3 Gr. 4 1/4 Pf.

Nach und nach ging noch die Summe von 336 Talern 4 Gr. zur Verteilung in inWünschendorf ein.
Im September 1763 erinnerte der Kommissar Hedenus zu Neustadt abermals in Dresden an die Bezahlung der Lieferungen, sein Bericht schloss mit dem Satze: Ich wünsche, daß die guten Leute recht bald die Bezahlung erhalten. Am 18. Sept. 1786 erhielt Wünschendorf "von dem gnädigst ausgesetzten Gelde für Lieferung an die Kaiserl. Königl. Armeen in das Magazin zu Chemnitz" noch 16 Taler 4 Gr., doch scheint diese Summe für Lieferungen nach dem Krieg gewesen zu sein, da Sachsen alle seine Magazine wieder auf solche Weise füllte. Kursachsen**) selbst kostete der Krieg ungefähr 100 Mill. Taler für Brandschatzung und Kriegssteuern; und 100 000 Menschen; die ausgestorbenen Gehöfte wurden von den Behörden abgeschlossen; und "... auf manchem sächsischem Rathaus hingen ganze Reihen von Schlüsseln zu den Häusern, deren Bewohner geflohen oder gestorben waren". Während des Krieges war sowohl von den Einwohnern als auch von den Soldaten manche Summe Geld vergraben worden. Nach Beendigung desselben bildete sich aus heimgekehrten Soldaten und Männern, die während des Krieges den plündernden Scharen als Führer gedient, in unserer Heimat eine große Bande von Schatzgräbern. Ihr Hauptmann war der Schneider F. in Mosen.

*) Andere schreiben trageb die Anrede "Gott zum Gruß".
**) Der Stadtkasse zu Gera kostete der siebenjährige Krieg über 1 Million Taler, den Bürgern der Stadt noch mehr, trotzdem Reuß neutral war. /Hahn, Chronik von Gera.)

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Bilder aus der Zeit nach dem 7 jährigen Krieg

Die Hungerjahre

Das Kriegselend war noch lange nicht überwunden, als die Teuerung in der Notjahre von 1770 bis 1772 in hereinbrach. Wer Früchte auf dem Felde stehen hatte, bewachte sie Tag und Nacht mit scharf geladenem Gewehr und bissigen Hunden, denn Diebstahl lag ganz allgemein. Allein wegen des unaufhörlichen Regens im Sommer 1772 reifte das Getreide nicht, sondern wuchs aus und verfaulte auf dem Felde. Einzelne Bauern schnitten die Aehren ab und trockneten sie in der Stube am heißen Ofen, und rieben die Körner aus; allein dieselben ließen sich in der Mühle nicht mahlen. Die Mühlsteine zerdrückten sie zu Brei, der einen üblen Geruch verbreitete. Die Leute aßen, um den Hunger zu stillen, Wegebreit und Disteln, kochten Queckenwurzeln und Haselkätzchen; Birkenrinde und Kartoffelschalen wurden gemahlen und aus solchem Mehl Brot gebacken. Oft sanken Leute vor Ermattung am Wege nieder; die Zahl der Bettler wurde mit jedem Tage größer. Vor der Tür eines wohlhabenden Mannes zu A. erschienen einmal an einem Tage gegen 200
Arme, die um Brot baten. Als der Amtmann von Mildenfurth im März durch Wünschendorf fuhr, sah er Kinder, die im Dorf bettelten; ein ganzer Schwarm von Bettlern hatte sich hinter dem Dorfe gelagert und ein Feuer an geschürt. Die Nachtwächter mußten auch am Tage, mit dem Spieß versehen, wachen.
Die Branntweinbrennereien wurden durch die Behörden geschlossen, und die Brauereien stellten den Betrieb von selbst ein; es kosteten: 1 Scheffel Korn 16 Taler, 1 Scheffel Gerste 10 Taler, 1 Pfund Brot 2 Groschen 8 Pf., 1 Pfund Butter 8 Groschen, 1 Stein Wolle 18 Taler 6 Groschen. Um das Elend nur etwas zu lindern, ließ die Regierung von Kursachsen "Getreide 300 Meilen weit herkommen zu Wasser bis Halle"; entsprechend der Einwohnerzahl der einzelnen Ortschaften, wurde das Getreide verteilt; in Halle mußte es abgeholt werden. Die Regierung von Altenburg kaufte 2600 Scheffel Korn in Rußland und gab den Scheffel für sieben Taler an die Landeskinder, während er zur derselben Zeit siebzehn Taler kostete. Für Fuhrlohn nach Halle mußte für den Scheffel 1 Taler 8 Groschen gezahlt werden, bei der großen Armut der Leute holten viele ihr Getreide dort mit dem Schubkarren. Obwohl das Jahr 1773 ein reichliche Ernte brachte, so starben doch nachträglich noch auffällig viel Leute. Sachsen sollte durch diese Not 86 000 Menschen verloren haben, und Chemnitz mußte gegen 500 verwaiste Kinder unterbringen.
Der Richter von Veitsberg schreibt von dieser Zeit: Hernach weil die Kriegsnot vorbei und die Einwohner sich noch nicht erholet hatten, so schickte 1770 Gott ein Mißwachsjahr und wurde eine große Teuerung und sind viele Menschen Hungers gestorben, in Gera bei 80.
Ein Viertel Erdäpfel kostete 20 Groschen, es war eine elende Zeit, noch elender als der Krieg. Gott bewahre uns vor solcher Zeit.
In jener Zeit der Not vergriffen sich viele Leute an fremdem Eigentum, und seltsam und roh sind die Strafen, die den Dieb trafen. felddiebstahl wurde gewöhnlich mit dem Korbsprung bestraft, in Gera hing der Korb mit dem Klappboden über dem Mühlgraben, und bei Hohenleuben heißt noch jetzt ein Teich der "Korbteich". - Eine Weibsperson, die einen Felddiebstahl begangen, wurde in ein kleines Häuschen, aus Eichenstäben geflochten, gesteckt, und ein Gerichtsdiener drehte es, da es in einem Zapfen lief; mit Geschrei stürzten Knaben herbei, schöpften im nahen Brunnen Mützen und Hüte voller Wasser und schütteten es über die Eingesperrt. - Dem Holzdieb hing man einen großen Holzklotz, die "Waldgeige" um den Hals; neben ihm liefen Gerichtsdiener mit Karbatschen und Stöcken und führten ihn zum Gefängnis.
- Ein Mädchen entwendete der Herrschaft eine Summe Geld; nachdem es Kirchenbuße getan, d. h. eine ernstliche Strafpredigt, das geistliche Halsgericht, vernommen, während der die Zuhörer auf die Bänke treten durften und als letzte das heilige Abendmahl genossen hatte, erkannte der "Schöffenstuhl" auf sechsjährige Landesverweisung.
Stundenplan der Schule Mosen 1790. Montag und Donnerstag: 1. Hauptstück; Dienstag: 2. Hauptstück; Montag, Dienstag, Donnerstag: Katechisation, Bibellesen, Katechismusfragen, Sprüche, Lied; Mittwoch: Bilb. Historien gelesen, erklärt Tafelrechnen; Freitag: Geschr. gelesen, Rechnen; Sonnabend: Evangelium gelesen, erklärt, aus Kopf sylabiert; Montag und Donnerstag nach der Schule wird nach Vorschrift geschrieben; Dienstag und Freitag nach der Schule wird diktiert. Schuldegeld wöchentlich 6 Pfennig, wer nicht schreibt nur 4 Pfennig; viele Eltern kaufen weder Papier noch Tinte.

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Die Hegegerichte

Die freie Verfassung, nach deren sich die Dörfer selbst regierten, stammte aus der ältesten Zeit und wurde nach dem 30jährigen Krieg erneuert; der Gemeindebrief zu Endschütz wurde 1688, der von Letzendorf den 25. Sept. 1690 *) und der von Mosen 1760 von neuem bestätigt. In demselben heißt es, daß diese "Ordnung und Gesetze, welche die Gemeinde vor vielen Jahren für ein Gemeinderecht gehabt, solches von neuem entworfen, und nach dem alten Fuße erneuert und verbessert worden sei." Der Gemeinde stand derSchultheiß oder Heimbürge vor, er führte zum Zeichen seiner Macht einen Stab, Scepter genannt, der meist mit Jahreszahlen und großen Buchstaben und einem Griff versehen, ungefähr 1 1/2 Ellen lang war. Der Gemeindestab von Endschütz war verhältnismäßig stark, künstlich gedreht und trug die Jahreszahl 1680, der von Großdraxdorf war mit weißem Lack überzogen und trug die Jahreszahl 1678, der von Mosen die Jahreszahl 1604, der von Letzendorf die Zahl 1656 und die Buchstaben H. P. und C. Z., der von Veitsberg war achteckig, aus Lindenholz gefertigt, 1 1/4 Ellen lang, in jede Seite waren viele Buchstaben und Jahreszahlen eingeschnitten, auf einer Seite stand zu lesen Christoph Schaller 1768, eine andere Seite trug als letztes Zeichen J. G. D. 1850.
Bei keiner gesetzlichen und gerichtlichen Handlung durfte der Stab fehlen, war über einen Verklagten ein weißer Stab, den der Richter immer zur Hand hatte, gebrochen, so hatte er keinen Anspruch mehr auf den Schutz der Gesetze, er war dem Henker verfallen.
Der Gemeindestab, die heja der Sorben, das Sinnbild des Schutzes, des schirmenden Gesetzes, der Gewalt wurde samt andern wichtigen Urkunden in der Gemeindelade, welche mit drei Schlössern versehen war, aufgehoben. Sie wurde nur vor versammelter Gemeinde geöffnet; es war ein feierlicher Augenblick, wenn der Stab, der als Heiligtum galt, herausgenommen wurde, alle Anwesenden entblößten das Haupt und Kirchenstille herrschte im Kreise, so lange die Lade offen stand.
Die Gemeinden hielten jährlich etliche Hegegerichte, auch Dinggerichte oder Bauerntage genannt, ab, das erste stets zu Walpurgis, das zweite am Montag nach der erscheinung Christi, das dritte später. Der Heimbürge hatte die Gemeinde zu den gehegten Tagen drei Tage vorher von Haus zu Haus mit Vorhaltung des Scepters einzuladen; am Morgen des Gerichtstages geschah dies noch einmal in aller Frühe; jeder Nachbar wurde mit Namen gerufen und mußte Antwort geben. Allen Erschienen lag die Pflicht ob, nach der Väter Weise sich ruhig zu verhalten, sittsam zu betragen, vor und während des Gerichts mit entblößtem Haupt zu stehen und Waffen, Stock und Pfeife von sich zu legen. Der Heimbürge redete danach unter Aufrechterhaltung des Stabes die Gemeinde mit ernster Stimme an wie folgt: „Ihr Nachbarn und Gevattern, ich hege heute diesen Tag zum ersten Male, des Nachbarn Gedinge und mein Gedinge, daß keiner möge ohne Erlaubnis an- oder abtreten. Im Namen Gottes des Vaters des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen."
Hierauf entfernte sich die Gemeinde in einen Nebenraum oder in den Hof, welches man das „Gespräch- oder Urtelgehen" nannte, um sich zu beraten. Der Heimbürge, der mit dem Urtelsträger in der Stube blieb, gab ein Gespräch aus und ließ zunächst durch diesen die Gemeinde fragen 1. ob sie heute ihren gehegten Tag halten und 2. ob sie etwa Fluren und Triften besehen wollten. Die Antwort lautete: Ja, wie es
früher gehalten worden ist, soll es geschehen.
Danach führte der Heimbürge die Gemeinde aus, Fluren, Triften, Obstpflanzungen, Wege usw. zu besehen, jeder Nachbar trug entweder eine Hacke, eine Schaufel, ein Beil und dergl. bei sich bei vier Pfennig Strafe. War alles besichtigt, so wurde gewöhnlich im Freien auf einem Mahlplatz Gericht gehalten; die Geräte wurden zur Seite gelegt, und mit entblößtem Haupt und in würdiger Haltung blieb jeder stehen. Der Heimbürge sprach: „Ich lasse die Gemeinde fragen, 1. ob die Fluren, Triften in Richtigkeit befunden worden sind, 2. ob etwas Strafwürdiges eingelaufen ist." Der Urtelsträger begab sich zur Versammlung und trug die beiden Fragen vor. Hatte man nicht alles in Ordnung gefunden, so wurden die Besitzer in Strafe genommen und mussten innerhalb 14 Tagen das Versäumte nachholen.
Folgende weimarische Verordnung sei hier mitgeteilt:
„An dem Tage, da man Gemeindebier trinkt, oder sonst heimbürget, soll das Verzeichnis der in diesem Jahr gepflanzten Bäume aufgelegt werden; wer nichts gepflanzt oder gepfropft hat, zahlt einen Gulden Strafe; jeder Baum soll einen Pfahl haben u. mit Dornen tüchtig verbunden sein; wird ein Mangel gefunden, muß der Besitzer mit vier Pfennig büßen, fehlt ein Baum an der angegebenen Zahl, muß er sich fünf Groschen drei Pfennig Buße gefallen lassen."
War nach Beendigung des Gerichtes die Gemeinde in ihren Versammlungsort zurückgekehrt, so hielt der Heimbürge folgende Ansprache:
„Ihr Nachbarn und Gevattern, es ist euch bekannt, dass wir heute unsern gehegten Tag halten und uns eine Tonne Bier in Ruh und Frieden zu trinken vergönnt ist; sollte jemand Haß und Groll gegen einen Nachbarn haben, so soll er ihn am heurigen Tage nicht ausüben, sollte dennoch Zank und Streit entstehen, ihrer „Zween mit einander zanken, schmehen, schlagen", so soll sogleich der Zapfen geschlagen und der schuldige Nachbar gehalten sein, sofort das Faß mit Bier, nicht mit Wasser, wieder anfüllen zu lassen, unbenommen der Gerichts- und Lehns-Herrschaft. Strafe:
„Wer Leibes-Schwachheit halber nicht kommen konnte, dem sollten auf sein Begehren „ein paar Kannen Bier" gesendet werden." (Letzendorfer Gemeindebrief)
Die Tonne Bier wurde aus der Gemeindekasse bezahlt, und der Heimbürge musste aus seinen Mitteln zwei Brote zu je zehn Pfund und eine Mandel Käse beisteuern. Der Gemeindekasse zu Wünschendorf kostete ein solches Gericht gewöhnlich 3 Taler 11 Gr. für Bier, Kaffee und Licht.
Zu den Obliegenheiten der Hegegerichte gehörten nach einer alten Anweisung
1. Verwaltungsgeschäfte: Bauernheißen, Gemeindeversammlung, Abhaltung der gehegten Tage, Beschlussfassung, Kasseführung, Einsetzung des Heimbürgen, Aufnahme neuer Bürger.
2. Polizeisachen: Baufsichtigung und Nutzung der Fischwässer, Gärten, Wiesen, Felder, Holzungen, Triften, Obstpflanzungen, Viehhaltung, Hirtenlohn, Gemeindebauten, Backen am Sonntag, Zaunstehlen, Reinigung der Brunnen, Viehseuchen, Wegfangen der Tauben*), Kehren der Feueressen, Verhalten bei Not, Gefahren und Unglück und dergl.
3. Sorge für Anstand und Sittlichkeit, Verbot des Fluchens, Lügens, leichtfertigen Schwörens ...
Am 3. gehegten Tag im Jahre schritt man zur Ablegung der Jahresrechnung und zur Wahl des Heimbürgen, der abgehende übergab Akten und Gemeindestab dem neuen, der nahm ihn in seine Rechte, alle Nachbarn fassten den Stab an, gelobten Gehorsam und wünschten ihm Glück zu seinem Amt. Nachbar L. zu Wünschendorf blieb bei geöffneter Lade sitzen und zahlte zur Strafe 5 Gr. 10 Pf., Nachbar C. erschien nicht zum gehegten Tag und büßte mit 23 Gr. 4 Pf., Erbmühlenpächter B. fügte sich nicht den gefassten Beschlüssen, da forderte ihn das Amt Mildenfurth auf, bei fünf Taler Strafe sofort alle Arbeiten mit auszuführen. In Wünschendorf wurde das letzte Hegegericht im Jahre 1866 gehalten.
Um den Obstbau zu fördern, zahlte die „landesherrliche Kasse" durch die Heimbürgen
jedem Nachbar, welcher nachweisen konnte, daß er einen Schock Obstbäume gepflanzt hatte, 10 Taler Prämie. In drei Jahren wurden im ganzen Kurfürstentum Sachsen einmal 1176 Taler für diesen Zweck ausgezahlt. An dieser Stelle mögen noch einige Verordnungen für Heimbürgen und Gerichtstag Platz finden:
„Alle Quartale müssen die Feueressen gehörig besehen werden; werden solche nicht rein befunden, muß 1 Groschen Buße in die Gemeindekasse gelegt werden.
Die „Gemeindebörner" müsssen ordentlich im baulichen Wesen erhalten und nach Bedürfnis geräumt werden, wenigstens jährlich zweimal, unterlässt es der Heimbürge, zahlt er 1 Groschen Strafe.
Wer einen Brunnen verunreinigt, sei es ein Kind, zahlt 5 Groschen Buße.
Wer einen Hausgenossen einnimmt, ist gehalten, für alle Schaden zu stehen und
ihn auf seine Kosten beerdigen zu lassen, falls er nicht soviel im Vermögen hat.
Wenn ein Nachbar um Hilfe ruft, hat sich sogleich die Gemeinde anzuschicken, selbigen zu helfen; auch wenn bei einem Unglück mit den Glocken geläutet wird, bei 5 Groschen Buße".
1. Die Glocken dürfen zur Zusammenrufung der Einwohner um geringfügiger Ursachen willen nicht geläutet und ruiniert werden, sondern
2. nur dann gebraucht werden,
wenn ein Feuer entsteht, wenn Zigeuner oder anderer Rotten kommen, wenn Einbrüche oder Diebereien vorkommen, wenn geschwinde und unvermutet Einquartierungen sich ereignen, bei Verfolgung der Duellanten, bei Räuberbanden. 3. Kirchen- oder Schuldiener sollen deshalb ohne Not niemand zu den Glocken lassen.
4. Mit solchen ist zur gewöhnlichen Zeit das Bußzeichen zu geben und dabei zu beten. Bei Taufen und Hochzeiten ist eine Abgabe für Glockenstränge zu entrichten. (Kirchenordnung zu Mosen 1646.)
Es soll keiner am Sonntag backen, auch soll keiner backen, dass das Brot würde bei Nacht ausgenommen. Es soll keiner bei Nacht mit einem bloßen Licht über den Hof gehen. Es sollen die Nachbarn die Feuerhaken und Leitern richtig halten. Es soll bei dem Brunnen nicht gewaschen werden. Es soll keiner v. der Gemeinde ackern. Es soll keiner v. s. Nachbar Zaun nehmen. Es soll keiner vor Walpurgis i. Gemeindebache fischen, nach Walpurgis aber sollen der Reihe nach wöchentlich ihre viere fischen. Es soll keiner nichts v. dem Gemeindeholz abhauen.
(Endschützer Gemeindebrief.)

*) Wann einer einem andern in der Gemeinde seine "Dauben absenget" ist die Buße ein Eimer Bier. (Letzendorfer Gemeindebrief)

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Von den Innungen

Um dem Adel, der durch seine Knechte auf seinen Schlössern Handwerke trieb, dieses Recht zu nehmen, und um die Entstehung des selbständigen Handwerks zu fördern, machte sich die Bildung von Innungen nötig. Doch sollte „Kaufmannschaft, Handwerk und Brauerei zu treiben", den Städten gebühren, auf den Dörfern sollten nur die allernotwendigsten Handwerker sein: Schmiede und Weber. Die Gemeinde Wünschendorf wandte sich schon im Jahre 1563 am Donnerstag nach Michaeli an den „Tit. Matthes von Wallenroth, Hauptmann zu Coburgk", mit der Bitte, einigen Handwerkern die Erlaubnis zur Niederlassung zu gewähren, welche, wie es scheint, auch gegeben wurde, denn später heißt es, daß seit einiger Zeit Handwerker im Dorfe seien.
Dem Schankwirt Peters zu
Mosen, welcher auch schlachtete, wurde von dem Herrn zu Mosen zum „Schutzfleischer des Schlosses" ernannt und durfte Fleisch einzeln verkaufen. Von jedem Rind, daß er schlachtete, mußte er seinem Herrn die Zunge, von jedem Schwein eine Bratwurst, von jedem Kalbe das Gekröse und von jedem Schaf einen Teil abgeben.
Als sich zu Anfang des Jahres 1671 der Wollkämmer Müller in Wünschendorf niederließ und sein Handwerk trieb, erwirkte die Zeugmacherinnung zu Weida bei dem “Hochfürstl. Wohlbestallten Herrn Amtmann zu Mildenfurth” ein Verbot gegen den Müller, nahm ihm Wolle und Handwerkszeug weg und ließ alles zu Mildenfurth einschließen. In einem ausführlichen Schreiben vom 12. August 1671 bat Müller, ihn “wider der Weidaischen Vornehmen und Beginnen zu schützen”. Auf anderen Dörfern erschienen zuweilen bewaffnete Bürger aus den Städten, zerschlugen die Braubottiche, zerschnitten den Stoff auf den Webstühlen und dergleichen. Im Jahre 1821 erschien jedoch ein Gesetz, welches gestattete, fünfzehnerlei Handwerk auf dem Dorfe zu treiben. Doch wurde später bestimmt, daß ein Landmeister (Baugewerken ausgenommen) nur einen Gesellen und keine Lehrlinge haben dürfe, ausgenommen den eigenen Sohn oder Enkel. Auf ein Gesuch der Landmeister wurde 1842 einzelnen, die viel Arbeit hatten, erlaubt, einen Lehrling zu haben, falls der betreffende Meister selber sehr geschickt, der Knabe aber ganz arm und vom Meister unentgeltlich und ohne Verlängerung der gesetzlichen Lehrzeit aufgenommen würde. Im Jahre 1855 richteten 37 Webermeister von Steinsdorf und Umgegend ein Gesuch an die Behörde, ohne Beschränkung Gesellen und Lehrlinge einstellen zu dürfen.

*) Am 9. Jan. 1377 gab Voigt Heinrich v. Weida den dortigen Handwerkern schon genaue Vorschriften. U. B. II. 233.

Da die Stadtmeister von Weida jedoch ein Gegengesuch einreichten, wurden jene 37 abgewiesen. Auf mancherlei Weise suchte man die Niederlassung
von Meistern auf dem Lande zu verhindern, besonders bei Fertigung des Meisterstückes, wie folgendes Beispiel zeigt vom Jahre 1789:

Ein Chirurgus von der Balbier-Innung.

1. Fünferlei Pflaster zu kochen, alle Tage nur eins, wovon jeder etliche Pfund bekommen könne, daß ein jeder vollkommene Genüge und keinen Mangel daran fände.
2. Diese 5 Tage aber müsse er sämtliche Herren Mitglieder mit Essen und Trinken versehen, nach der Vorschrift des Oberältesten. Wolle er hingegen dies nicht tun, so wären eigentlich 50 Thaler dieserhalb zu bezahlen, doch sie wollten gütlich verfahren und nur 40 Thaler von ihm nehmen.
3. sollte er das sogenannte Meisteressen geben, welches nach dem vorgeschriebenen “Küchenzeddel” mittags aus fünferlei Gerichten und Wein zu bestehen habe, dazu nachmittags Kaffee und abends kalten Braten, Bier und Tabak für 10 Personen. Doch auch dies sollte er überhoben sein, wenn er jeder Person einen Thaler entrichte.

Da der betreffende Gehilfe soviel Geld nicht auftreiben konnte, bot er für das “Pflasterkochen” 20 Thaler und für das Meisteressen jeder Person 16 Groschen, was aber ganz und gar verworfen wurde. So konnte er nicht Meister werden.
Die “Wohlfahrtszeitung”, die Kenntnis von diesen Forderungen erhielt, schreibt dazu: “Dieses Meisterstück zu erlangen zeugt entweder von der größten Dummheit oder von der schwärzesten Bosheit der Innungsmeister; denn die Bestandteile zu jenen fünf Pflastern kosten allein 60 bis 70 Thaler.” Durch solchen Missbrauch ihrer Macht, durch wunderliche Gebräuche, durch viele Prozesse, unnütze Feierlichkeiten, häufige Schmausereien*), geheimnisvolle Versammlungen und intrigante Verfolgungen, wurden die Innungen dem Staate nachteilig und den Bürgern eine Last.
Wer im Hufschmiede-Handwerk Meister werden wollte, mußte, nachdem er die Wanderjahre und “Muthung” (Wartezeit) hinter sich hatte, anfertigen: Zwei neue hintere Straßenräder, jedoch daß nur von der einen Schiene das Maß genommen werde, wie auch die Haupt- und Ortnagel alle richtig aufstehen und kein Ring noch Nagel ihm während der Arbeit zerspringe, item: einen jedweden Ring in einer Hitze zu schweißen und anzulegen, alles von neuem Eisen und rauher Wurzel, welch er in einem Tagwerk, also früh von 4 Uhr an bis abends 6 Uhr verfertigen und das Eisen hierzu von den Meistern in Besichtigung genommen werden soll”.

*) Der blaue Montag, an dem einige tausend Menschen schmausen und nicht arbeiten, ist eine Einrichtung der Zünfte. (Wohlfahrtszeitung).

Am zweiten Prüfungstage stand zur Aufgabe, nach Besichtigung der Hufe eines
fremden Pferdes, aber ohne dabei Maß zu nehmen, zwei Eisen zu schmieden und dieselben dem Tiere regelrecht aufzuschlagen. Ein Ritt über das Pflaster sollte den Nachweis erbringen, ob die Eisen auch gut säßen. Als letzte Prüfungsarbeit musste mit Hilfe eines Gesellen ein Hohlschar geschmiedet werden.
Die Meisterprüfung der Stellmacher dauerte drei Tage, angefertigt werden mußte: 1. ein Hinterstraßenrad an einem vierspännigen Wagen, 2. eine vierspännige Rüstachse mit runden Armen, 3. ein Paar vierspännige Rüstleitern mit acht Schwingen an einer Leiter. Der Sohn eines Meisters brauchte nur ein Rad anzufertigen. Die Prüfungsarbeiten wurden unter Aufsicht etlicher Meister ausgeführt, denen der Prüfling täglich einige Kannen Bier, weiche Semmeln und Käse reichen lassen mußte; zur Verhütung von Gezänk und unnötigem Aufwand mußte eine Ratsperson zugegen sein. Fanden die angefertigten Arbeiten den Beifall der Innungsmeister, so wurde dem jungen Mann das Recht zur Führung des Meistertitels zugesprochen, nachdem er zuvor noch der Herrschaft einen rheinischen Goldgulden, dem Rat einen Gulden, der Innung in die Lade einen Gulden, derselben zum Leichentuch einen Thaler, derselben einen Eimer Bier, dem ganzen Handwerk ein Essen und ein Halbfuderfaß Bier (zwei Tonnen) gegeben hatte. Wurden die Meisterstücke für “tadelhaftig” befunden, so musste der Prüfling nach vier Wochen neue Arbeiten fertigen; fielen auch diese nicht zur Zufriedenheit der prüfenden Meister aus, so mußte er abermals auf die Wanderschaft gehen. So streng scheint man aber nur sehr selten verfahren zu sein, sondern ließ oft Milde walten, wie folgendes Beispiel zeigt: “20. Juni 1798: Heute wurde ein Handwerk erfordert und erlegte Meister Fücker aus R........ für seinen Sohn, welcher in Münchenbernsdorf gewesen, vier Groschen Fordergeld und brachte ein Schreiben von Gnädigster Landesherrschaft, dass er das Meisterrecht auf R........ erlangen solle, wogegen auch das Handwerk nichts einzuwenden hat.” Am 21. Juni fertigte Joh. Chr. Fücker seine Meisterstücke. Nach Vollendung derselben wurden von dem gesamten Handwerk im Beisein des Stadt- und Landrichters Rohn folgende Fehler angezeigt: 1. Am Schar: a) die Spitze zu tief, b) die Flügel zu seicht, c) nicht genug ins Feld, d) nicht rein ausgearbeitet.
2. Am Pferd: a) beide Vordereisen zu eng, b) das Schwarze nicht rein ausgeschnitten, c) die Nagel nicht zirkelrund geschlagen, d) beide Hintereisen zu eng, e) beide Eisen zu lang, f) das Schwarze nicht rein ausgeschnitten, g) die Nägel unter die alten Löcher geschlagen.
Nachdem angezeigte Fehler dem “Stückmeister” vorgehalten und selbiger sich auch dazu bekannt hat, sprach er die Bitte aus, da doch kein Meisterstück ohne Fehler abginge, ein ehrsames Handwerk möchte, weil doch kein Hauptfehler dabei vorgefallen, solches in Liebe zu übersehen und mit der gewöhnlichen Handwerksstrafe belegen, worauf eine Meisterfrage gehalten und der Beschluß gefasst wurde, daß es bei der gewöhnlichen Handwerksstrafe verbleiben solle, womit er auch zufrieden war.
Hierauf musste er zahlen:
2 Thaler 9 Groschen der Gnädigsten Landesherrschaft,
1 Thaler – Groschen dem Stadtrat,
1 Thaler – Groschen in die Meisterlade,
1 Thaler 11 Groschen Besichtigungs-Eimer-Bier,
1 Thaler 11 Groschen Strafe-Eimer-Bier,
1 Thaler 11 Groschen Meisterspruchs-Eimer-Bier,
1 Thaler 3 Groschen zum Leichentuch,
-- Thaler 16 Groschen zum Artikels Briefe,
-- Thaler 3 Groschen zur Meisterkanne,
-- Thaler 4 Groschen Fordergeld,
-- Thaler 5 Groschen 3 Pfg., den neuen Meister einzuschreiben.
Zugleich musste er jedem Meister neun Groschen für das Meisterrecht und für Bier vier Taler zahlen, auch stiftete er alten Gebräuchen gemäß zwei Zinnteller für die Innungslade. Nach einem Verzeichnis vom 13. Mai 1761 besaß die Hufschmiede und Wagner-Innung zu Gera: “zehn Dutzend vier Stück Zinnteller (“dabei einer, wo der Botten raus ist”) eine große Meisterkanne, zwölf Zinnkannen und -becher, sieben Zinnschüsseln, einen großen Leuchter, eine Kuchel Bix (Kugelbüchse), dazu Messer, Gabeln und Petschafte. (Mit Erlaubnis des Herrn Oberlehrer M. Zeuner, Gera.)

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Die Holzflößerei auf der Elster

An den Ufern der Elster im Schlamm und Sande wird noch zuweilen ein halbverfaultes Holzscheit gefunden, doch nur wenig Leute wissen, daß es ein Flößscheit ist, daß auf der Elster hunderte von Jahren Holzflößerei betrieben wurde und daß am Fuße des Rechenberges sich über der Elster, da wo jetzt die eiserne Eisenbahnbrücke sich befindet, das Rechengebäude oder der Rechen erhob. Dieser war ein gewaltiges Balkengerüst, auf Holzjochen ruhend, das zugleich als Steg diente, von dem eine Menge starker Baumstämme schräg flussaufwärts in die Elster geschoben waren, um alles Floßholz aufhalten zu können.

In den holzreichen Gebieten der oberen Elster wurde im Herbst und Winter das Holz geschlagen, an bestimmten Orten an der Elster angefahren, gewöhnlich im März in dieselbe hineingestoßen, nach Leipzig geflößt, im dortigen Floßgraben aufgesammelt, herausgezogen, zu Klaftern aufgesetzt und verkauft. So versorgte das obere Elstertal die Städte Merseburg, Leipzig, und das Salzwerk Poserna mit Brennmaterial. Vor dem Rechen in Wünschendorf wurde zunächst einmal alles Holz angesammelt. Im April lagen die Scheite oft hoch aufgetürmt bis zur Mündung des Fuchsbaches, so daß man darauf laufen konnte. Auf Befehl des Floßmeisters zog der Rechenmeister mit seinen Gehilfen den Rechen auf, bewerkstelligte mit Hilfe der Flößer den Durchlaß der Scheite sowohl des Tages, als nach Bedarf auch des Nachts und hatte sorgfältig zu verhüten, daß zum Nachteil und Schaden der Flößer weder zu viel noch zu wenig Holz zum Rechen hinausgehe. Vor dem Rechen zu Crossen wurde dasselbe abermals angesammelt, doch durften hier höchstens 4000 Klaftern aufgestaut werden. In manchen Jahren wurden bis 40000 Klaftern Scheite auf der Elster geflößt. Aus Wassermangel und anderen Ursachen stauten sich die Scheite zuweilen von selbst an irgend einem Orte, vornehmlich an den Wehren. Dann hatte der Floßmeister dafür zu sorgen, daß die Flößerei recht bald wieder in Ordnung kam. Oft setzten dann die Mühlen gegen eine Entschädigung den Mühlgraben zu, damit alles Wasser und mit ihm das Flößholz über das Wehr ginge. War alles in dem Jahr zu flößende Holz durch den Rechen, so fuhren etliche Männer auf einer Fähre demselben nach, um Nachtrieb zu halten, und stießen alle Scheite, die an den Ufern, an Steinen und im Schilf hängen geblieben waren, in das fließende Wasser. Bei niedrigem Wasserstande suchte der Rechenmeister mit seinen Gehilfen die auf den Grund gesunkenen Scheite, brachte sie an das Ufer, schichtete sie in Klaftern auf und verkaufte sie nach eingeholter Erlaubnis des Floßschreibers, wobei von der gestellten jedesmaligen Taxe nicht ohne vorherige Genehmigung abgegangen werden durfte.
Den Flößern war streng untersagt, von den Scheiten Rinde und Splitter abzustoßen, Scheite und Stöcke aus dem Wasser zu ziehen, zu zerhacken, zu verbrennen oder zur entwenden. Ebenso war es streng verboten, Flößholz zu stehlen. Bei dem geringsten Verdacht wurde Haussuchung getan. Wer Flößholz entwendet hatte, mit dem wurde „ohne allen Zeitverlust nach dem Buchstaben und rechten Verstand der Constitution Churfürst Augusti und Christiani I. vom Jahre 1584 verfahren. Beläuft sich der Schaden auf 100 Gulden, so soll er, obgleich die Wiedererstattung geschehen, mit dem Strang vom Leben zum Tode gebracht werden. Dann, wann sie auf 50 Gulden sich beliefe, mit Staupenschlägen und ewiger Landesverweisung betroffen werden." (Constitution vom anvertrauten Gut. 1705.)
Obwohl der Rechen zu Wünschendorf sehr fest erbaut und jeder Schaden sofort ausgebessert wurde, zerbrachen ihn doch am 19. Juni 1816 „durch Gottes Allmacht und Vorsehung" die hochgehenden Wasserfluten der Elster.
18 Zimmergesellen
arbeiteten vom 9. September dieses Jahres bis zum 8. Februar 1817 ununterbrochen an der Ausbesserung, die 642 Taler Arbeitslohn verursachte. Der Meister erhielt täglich 12 Groschen, die Gesellen bekamen 6 bis 9 Groschen Lohn.
Als Leipzig durch Eisenbahnen mit Holz und anderem Brennmaterial versorgt wurde, stellte man 1866 die Holzflößerei auf der Elster ein. Der Rechen zu Wünschendorf wurde, da ihn weder Wünschendorf noch Cronschwitz im baulichen Zustand erhalten wollte, obgleich er eine gute Verbindung zwischen beiden Orten herstellte, im Jahre 1868 auf Abbruch verkauft.
Der letzte Floßmeister war Gottlieb Weyrauch aus Wünschendorf; rund 350 Jahre lang stellte die Familie Weyrauch die Floßmeister. Haus Nr. 27 am Mühlgraben war das Floßmeisterhaus.

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Die Perlenfischerei in der Elster

Alte Leute erzählen, daß einst in der Elster oberhalb Wünschendorf Perlmuscheln gelebt hätten, und ein Gelehrter fand auch wirklich im Elsterkies bei Wünschendorf Reste von Perlmuscheln. Die Flussperlmuschel (Unio margaritifer) ist der Malermuschel ähnlich, doch sind ihre Schalen dickwandiger, und die Schloßzähne sind stärker. In den Schichten des Mantels finden sich mitunter Perlen von rundlicher oder länglicher Form; bestehen sie nur aus reinster Perlmuttermasse, dann sind sie wertvoll. Die Perlfischerei in der oberen Elster und ihren Seitenbächen war ein altes Recht der sächs. Regierung, mit dessen Ausübung seit 1621 die Familie Schmerler zu Oelsnitz betraut ist. In den Jahren 1861-1900 wurden in der Elster 4562 Perlen gefunden. Im Jahre 1909 betrug die Ausbeute 6 helle und 17 halbhelle Perlen, und 1910 betrug sie 10 helle und 16 halbhelle Perlen. Im grünen Gewölbe zu Dresden befindet sich ein aus 177 Elsterperlen bestehender vierreihiger Schmuck. Auch ein daselbst aufgestellter Kamin ist mit vielen Elsterperlen verziert.
Da die Flussperlmuschel nur in ganz reinem Wasser leben kann, so ist sie in der Elster beinahe ausgestorben, nur bei Adorf sollen sich noch einige Perlmuschelbänke finden.
Auf 100 geöffnete Muscheln kommen 3 - 4 Perlen. In den Jahren 1719 bis 1804
wurden 11 286 Perlen in der Elster gefunden, die gegen 30 000 M. einbrachten; die schönsten davon sind zu jener Halskette zusammengereiht. Ein besonders gutes Perlenjahr war das Jahr 1854, das 106 ganz helle Prachtstücke ergab. Im Jahre 1915 wurden 41 Perlen abgeliefert.

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Aus der Zeit Napoleon I.

Am 10. Oktober 1806 gegen zwei Uhr nachmittags rückten die letzten von unseren Truppen aus der Umgegend von Mittelpöllnitz, wo sie fast den ganzen Tag ohne Verpflegung geblieben waren, ungehindert ab über Neuensorga nach Roda, ohne von der Vorhut des französischen Heeres, die ungefähr zu derselben Zeit in Triptis einrückte, bemerkt zu werden; das französische Hauptquartier befand sich zu Auma:
Am 11. Oktober gegen 5 Uhr erschien Napoleon I., geleitet vom Posthalter zu Mittelpöllnitz, in Gera, in dem schon ein großer Teil des französischen Heeres lagerte, besichtigte vom Galgenberg die Umgebung der Stadt, hielt mit seinen Generälen Kriegsrat, bezeichnete auf einer Karte die einzelnen Wege der verschiedenen Heeresteile mit farbigen Wachskügelchen, kehrte am Abend wieder nach Auma zurück und erschien am 12. Oktober gegen 4 Uhr abermals in Gera*), wo er von den Truppen mit brausendem Jubel empfangen wurde.
Auch in Veitsberg und Wünschendorf hatten am 11. Oktober französische Truppen Lager aufgeschlagen, hinter Veitsberg vom kleinen Abendholz nach Cronschwitz zu und in Wünschendorf**) auf der Gebind. In vielen Ortschaften waren die Bewohner beim Nahen des Feindes geflohen mit ihrem Vieh und einigen Habseligkeiten. Einwohner aus Wünschendorf flohen in die Wälder des Fuchstales, in die Fuchsmühle und nach Mosen; „harrten ängstlich, was Gott über sie beschlossen habe“ und suchten hier bei Verwandten und Freunden Herberge und Zufluchtsstätte. Einer Familie wurde auf der Flucht am 14. Oktober 1806 in der Fuchsmühle eine Tochter geboren. Die zurückgebliebenen Einwohner konnten gar nicht genug für die französischen Soldaten auftreiben, und bald nahmen diese, was sie fanden: Vieh, Lebensmittel, dazu auch Taschenuhren, Geld und Wertsachen. Der Gedanke, was da erst morgen werden solle, verscheuchte allen Schlaf. In Mosen erpreßten französische Soldaten vom Rittergutsbesitzer Schweitzer 60 Taler; am nächsten Morgen kamen sie mit vielen Kameraden, geführt von ortskundigen Männern der Umgegend, die nichts zu verlieren hatten, wieder. Die Bewohner bewirteten sie reichlich und brachten sie in Güte so weit, daß sie nach Endschütz und Letzendorf zu abrückten. Hier erschossen sie den fliehenden Müller.

*) Vom 11.-13. Oktober erlitt Gera durch Plünderung und Zerstörung einen schaden von 500 000 Talern, die Verpflegung nicht mitgerechnet.
**) Im November 1805 hatte Wünschendorf schon viele Einquartierungen durch Preußen; auf der Gebind standen 20 Kanonen.

Die Bewohner von Veitsberg waren in den Eichberg geflohen, nur der Wirt Caspar Trautloff, der Auszügler Fischer und der Schullehrer Schmidt waren zurückgeblieben. Dieser berichtet an den Superintendent Geithner in Weida, daß die ersten französischen Truppen am Nachmittag des 11. Oktober dort eingetroffen seien. Er hatte eine Menge Lebensmittel in der Schulwohnung bereitgestellt, die ihm sofort mit Gewalt genommen wurde. Bald darauf bekam er einen Obersten mit mehr als 12 - 15 Bedienten und Mannschaften ins Quartier, die er auf das Beste verpflegen mußte. Am andern Tag, es war Sonntag, glaubte er sich frei und sicher, da kam plötzlich vormittags um 9 Uhr „eine Partie rasender Feinde in seine Stube, die ihn wütend überfielen, seine Uhr und alles Geld nahmen“. Die Plünderung an diesem Tage hielt an bis zum Abend. Alle Türen, Schränke und Laden wurden aufgeschlagen und durchwühlt. Als die Plünderer nichts mehr fanden, zogen sie ihm seine Schuhe u. Beinkleider aus. Mehr als zwanzigmal schwebte er in Todesgefahr. (Aus Weidaer Sup-Alt. durch Herrn Lehrer M. Seyfarth.) In den Wäldern vernahmen sie da Getöse und Geschrei vom Lager her. Als es am 14. Oktober ruhiger wurde, schlichen einige beherzten Männer zum Lager, fanden es verlassen und kehrten mit ihren Angehörigen in das Dorf zurück. Aber wie sah es in den Häusern aus! Vieh war nicht mehr vorhanden, die Türen waren alle aufgebrochen, Kammern und Küchen ausgeräumt, Laden, Schränke*) und Koffer ausgeraubt, die meisten Betten gestohlen oder die Federn lagen im Hofe; denn Bettzeug und Inlett hatten als Säcke dienen müssen, um das gestohlene Gut wegschleppen zu können. Selbst die Holz-, Stroh- und Heuböden waren leer, alle Vorräte an Kartoffeln, Rauch- und Salzfleisch waren in das nahe Lager gewandert. Dem Bauer F. fehlten sogar Räder vom Wagen. Derselbe Bauer wollte ursprünglich sein Gehöft nicht verlassen. Als er aber seine Magd gegen eindringende Franzosen zu schützen suchte, begann man ihn zu schlagen. Da verhalf er zunächst der Magd zur Flucht und eilte danach auch selbst dem Walde zu. Als er über den Gartenzaun stieg, schickten ihm die Unholde eine Kugel nach, die zum Glück aber nicht traf. Dem Auszügler F., der ruhig zusah, wie das Haus ausgeräumt wurde, geschah nichts. Auf dem Topfbrett fand ein französischer Soldat auch einen Löchertopf. Man hatte damit vor wenigen Tagen Apfelmus bereitet; er betrachtete ihn sinnend, brachte ihn dann zu dem Alten mit einer Frage, die dieser jedoch nicht verstand, zeigte ihm mit den Fingern die vielen Löcher und warf endlich unwillig das seltsame Gefäß zur Seite. Zäune, Türen, Treppen, Körbe, selbst Stühle und Bänke dienten zur Unterhaltung der Lagerfeuer. Der Schweinehirt von Veitsberg, der sich auf dem Felde nicht sicher fühlte, suchte beim Herannahen der Franzosen sein Borstenvieh schnell noch in die Ställe zu bringen. Als er jedoch sein Vieh die Straße vom Gasthof hinauftrieb, erschienen vom Lachenberg her französische Reiter, hieben den Schweinen mit ihren Säbeln die Köpfe ab und schleppten die Tiere fort.

*) Im Wilhelmi`schen Hause zu Cronschwitz steht jetzt noch ein von den Franzosen aufgebrochener Kleiderschrank, ebenso eine Lade, die mit Kleidern gefüllt, im Garten eingegraben war.

Mehr Glück hatte der
Kuhhirt, der eiligst sein Hornvieh in die dichtbewaldeten Schluchten des Fuchsloches trieb, unterhalb Zossen am linken Ufer der Elster, dort blieb er unentdeckt und kehrte nach Abzug der Feinde in das Dorf zurück, freilich gab es für das Vieh keinen Halm Heu und Stroh mehr, doch freute man sich ob des gelungenen Streiches. Der Wirt Kaspar T. zu Veitsberg, der zurückgeblieben war, hatte sein Silbergeld in zwei alte Schöpftöpfe aus Kupfer und seine Goldstücke in eine Schweinsblase getan und vergrub alles im Schuppen unter dem Gänsestall; um aber die Feinde zu täuschen, scharrte er in den auf dem Hofe befindlichen Düngerhaufen ein Loch und legte daneben einen leeren Topf. Die eindringenden beutesuchenden französischen Soldaten erkannten aber bald seine List, glaubten seine Worte, daß der Reichtum schon gestohlen sei, nicht, und forderten ihn auf, sein Geld zu schaffen. Da er solches nicht tat, stießen sie ihn mit dem Kolben, damit er nach dem Orte liefe, wo der Schatz verborgen sei. Da er sich auch jetzt noch nicht rührte, verlor einer der Soldaten die Geduld und versetzte ihm einen derben Stoß in der Hoffnung, daß ihn derselbe gefügig mache, allein dieser war zu kräftig gewesen; besinnungslos sank der Wirt zu Boden nieder und verstarb, ohne das Bewußtsein wiedererlangt zu haben. Da niemand um das Geheimnis wusste, blieb der Schatz verborgen unter dem Gänsestall ruhen; erst nach ungefähr 70 Jahren, als ein späterer Besitzer des Gasthofes eine Dreschmaschine bauen, der Nachbar aber zur Aufstellung des Göpels nichts von seinem Garten abtreten wollte, musste jener Gänsestall abgerissen werden. Dabei kam das vergrabene Geld wieder ans Tageslicht und wurde vom Besitzer freudestrahlend in einer Backmulde in seine Wohnung getragen. Doch kehren wir wieder in die Kriegszeit von 1806 zurück; der 13. Oktober sollte für die französische Armee ein Ruhetag sein, die Soldaten ließen waschen, wuschen selbst, andere zogen auf benachbarte Ortschaften, um Beute zu machen oder zu genießen. Die an dem Morgen dieses Tages im Hauptquartier eingehenden Nachrichten, aus denen Napoleon ersah, daß die Preußen und Sachsen bei Weimar und Jena ständen, veranlaßten ihn jedoch sofort selbst dahin zu eilen. Schon um 4 Uhr nachmittags langte der Kaiser auf dem Landgrafenberg bei Jena an. Da er den größten Teil der Armee Hohenlohe`s übersehen konnte, glaubte er, die Gesamtarmee des Feindes vor sich zu haben, und noch am „Nachmittag erhielten seine Marschälle die Weisung, ihre Marschleistungen auf das äußerste zu steigern, um Lannes, dessen Lage als kritisch bezeichnet wird, zu Hilfe zu kommen“. Im Lager zu Wünschendorf traf die Nachricht um Mitternacht ein. Kaum vernahmen die in den Häusern einquartierten Soldaten die Hornsignale, so packten sie so schnell als nur möglich ihre Tornister, bei welcher Arbeit die zurückgebliebenen Einwohner gerne halfen, und eilten hinaus in das Lager. Ein bei dem Bauer M. im Quartier liegender Soldat hatte auf seinem Beutezuge irgendwo einen großen Schnapsvorrat entdeckt, sich gütlich getan und noch eine große Flasche voll mitgebracht. Aufgeschreckt von den Alarmsignalen griff er nach seiner Flasche; da er aber noch genug hatte, schnallte er sie mit Hilfe seines Wirtes oben auf den Tornister, brachte diesen glücklich auf seinen Rücken und stürzte den vorauseilenden Kameraden nach, aber o weh! Mit lautem Krach stieß er an die obere Türpfoste der niederen Stubentür an, so daß die Flasche zerbrach und ihr Inhalt sich ihm in den Hals ergoß; fluchend verließ er das Haus.
Dem abziehenden Heere mussten alle Pferdebesitzer der Umgegend Spanndienste leisten, und die angesagten Lieferungen an Heu und Hafer mußten nachgefahren werden. Auch die Untitzer, welche bei Großebersdorf schon erfuhren, daß die Franzosen nahe seien, mußten vorher schon den Sachsen Spanndienste leisten bis über Burgau nach Jena. Dort hielten die Wagen dichtgedrängt in einer Gasse. Als durch sächsische Reiterei die Ankunft der Franzosen gemeldet wurde, schirrte der Bauer Bieräugel aus Untitz die Pferde ab, ließ den Wagen im Stich und floh mit seinem Nachbar Zipfel und den Tieren. Glücklich erreichten sie das „Wolfsgefärther Holz"; hier ließ B. den Knecht A. mit den Pferden warten. Er selbst ging bis zur Wolfsgefärther Mühle, um auszuforschen, ob der Weg nach Untitz sicher sei.*) Währenddessen erschienen im Holz Franzosen, zogen Flintenhähne auf und stießen mit dem Bajonett nach dem Knecht, um zu erfahren, wo die Bagagewagen verborgen ständen, die er gefahren habe, und raubten dann die Pferde. Als später Kriegsvergütungen ausgezahlt wurden, verlangte B. Spannschädenvergütung. Deretwegen entspann sich ein großer Prozeß im Amt Mildenfurth, und noch 1810 mußte das „Hochadelige Gericht zu Endschütz" den Tagelöhner Joh. Gottlieb Arnold auf dem Jährigt, der im Oktober 1806 bei Peter Zipfel diente, als Zeugen vernehmen, da derselbe nebst anderen Leuten aus Endschütz und Letzendorf auch bei jener Spannung dabei war. Der Gutsbesitzer Kühn zu Untitz hatte 200 Taler erspart, und als er hörte, daß Krieg ausgebrochen sei, meinte er, das Geld sei in seinem Hause nicht sicher. Kurz entschlossen packte er die Silberstücke sorgfältig ein, legte das Bündlein nebst mancherlei wertlosen Dingen auf ein Reff (wie es die Rußbuttenleute trugen), nahm dieses auf seinen Rücken und wanderte nach Gera zu seinem Schwager, denn dem wollte er das Geld aufzuheben geben. Allein dieser nahm es nicht an. So trug es K. wieder heim und überlegte auf dem Wege, wo er es verbergen könne, denn eingraben wollte er es nicht. Da fiel sein Augenmerk auf das Hoftor, welches mit einem Dächlein versehen war. Als am Abend das Gehöft menschenleer war, stieg er eilends empor, zog einige Dachziegel heraus, legte die Taler, die in einem großen Strumpfe ruhten, auf den Torbogen und schob die Ziegel wieder sprgfältig an ihren Ort.

*) Aus den Dörfern und von der Straße wurden Pferde mitgenommen und Rittergutsbestitzer und andere Landwirte haben Pferde un sonstiges Vieh in diesen Tagen bei aller Vorsicht verloren; denn alle Dörfer lagen voll Franzosen (gerichtsakten Endschütz).

R. hatte sein Geld gut versteckt, denn es blieb unentdeckt. Auch nachdem die Feinde abgezogen waren und R. nichts mehr für seinen Schatz zu fürchten hatte als höchstens die Besteuerung zu Kriegsbeiträgen
(in B. wurde ein Einwohner wegen Verheimlichung von Kapital-Interessen bei Regelung der Kriegskostenbeiträge mit 97 Talern gestraft), konnte er sich nicht entschließen, seinen Schatz dem geheimnisvollen Orte zu entnehmen, und so kam es, daß er ihn ganz vergaß. Als 1872 ein neuer Besitzer des Gehöfts jenes Dächlein ausbessern ließ, fand sich noch unversehrt der Strumpf mit den 200 Talern.
Der Bauer Schmöller aus Cronschwitz arbeitete in jenen Oktobertagen auf seinem Felde nahe Weida. Als er in der Greizer Straße Franzosen anrücken sah, eilte er mit seinen Zugtieren so schnell als möglich heim, im Dorfe überall den Nachbarn die Nachricht zurufend.
Wie ein Lauffeuer verbreiteten sich seine Worte im Dorfe.
Die Bewohner eilten auf die Straße, um aus Sch.'s Munde noch mehr zu erfahren und um zu beratschlagen, was zu tun sei. Auch der Pfarrer Hecht war herbeigekommen und ermahnte die Leute, nicht zu fliehen, die Franzosen seien ja auch Christen. Zudem verstände er ihre Sprache und würde schon mit ihnen in Güte fertig werden. So blieben die Einwohner ruhig in ihren Häusern, das Vieh aber brachten sie in aller Stille nach einer einsamen, waldumsäumten Elsterwiese, dem „Fischerwehricht", wo es die Feinde auch nicht fanden. Im Hofe des Bergschmöllers schnitt der Fleischer eben einem auf der Leiter hängenden Schwein den Leib auf, um die Eingeweide herauszunehmen, als einige französische Soldaten den Hof betraten. Kaum erblickten sie das geschlachtete Tier, so nahmen sie es von der Leiter, luden es dem Einspruch erhebenden Besitzer auf den Rücken und zwangen ihn, ihnen dasselbe nachzutragen. Der herbeieilende Pfarrer, der mit den Kriegern unterhandeln wollte, wurde bedroht und geschlagen und entfloh. Am kleinen Abendholz, wo ein Lager aufgeschlagen werden sollte, nahm man freudestrahlend das Schwein ab, und nachdem B. zum Lohne einige Schläge mit der flachen Klinge über den Rücken erhalten hatte, konnte er wieder gehen. Der Hausbesitzer Funke hatte seine Kühe und Schweine auch der Obhut des Hirten auf dem Fischerwehricht anvertraut. Nur wegen der Gänse, von denen einige in wenig Tagen zur Kirmse ihr Leben lassen sollten, war ihm bange. Um sie vor den Feinden zu erretten, verbarg er sie in einem abgelegenen Stall und überbaute denselben mit Strohbündeln. Die eindringenden Soldaten durchsuchten das Gehöft, nahmen mit, was ihnen brauchbar erschien, aber - die Gänse fanden sie nicht, da sie sich in der frischen Streu recht wohl fühlten und ganz still waren. Als die Franzosen den Hof verließen, schlug der Wind mit lautem Krach das Hoftor zu, und der altersschwache Riegel klapperte hellklingend am Haspen. Diesen wohlbekannten Klang vernahm auch der Gänserich in seinem dunklen Versteck und erhob sein lautes Geschnatter mit voller Kraft, freilich zum Verderben der ganzen Gänsefamilie; denn jene kehrten sofort zurück, entdeckten den Gänsestall und nahmen hohnlachend nachträglich die fetten Martinsvögel alle mit. Der Gänserich hatte zu früh gejubelt.
Bei dem wohlhabenden Hausbesitzer Heymer drangen auch Soldaten ein und forderten mit Ungestüm Geld. Er versprach, sofort solches zu bringen, lief nach der Oberstube, schloß seinen Kleiderschrank auf, nahm den schweren Spartopf unter einem Haufen Lumpen hervor und wollte eine Anzahl Geldstücke herausnehmen. Doch da sind auch schon die Franzosen im Oberstübchen bei ihm. Es entsteht ein Getümmel, und noch ehe er sich versieht, hat ihm einer den Geldtopf entrissen, eilt mit demselben die Treppe hinab zum Tor hinaus in ein Nachbarhaus, das er vorher scheinbar von den Bewohnern verlassen gefunden hat und versteckt den Topf unter einen breiten, an der Wand befestigten Bank, ohne dabei einen Mann, der in einem nahe der Decke befestigten Bett hinter dem altmodischen Kachelofen saß, zu bemerken. Der Hauseigentümer hatte alles mit angesehen, getraute sich aus Furcht aber nicht sein seltsames Versteck zu verlassen, um den geheimnisvollen Topf zu untersuchen. Inzwischen erschien auch jener Soldat wieder, zog den Topf hervor, warf noch einige Hände voll Geld, das er seinen gefüllten Taschen entnahm, hinein und verschwand mit seiner Beute.
Nachdem die Feinde
abgezogen waren, und die Einwohner sich von ihren Kriegserlebnissen erzählten, merkte Sch. gar bald, dass der in seiner Stube versteckt gewesene Topf seines lieben Nachbars Spartopf war.
Zuweilen mögen die Soldaten ihren Raub an einem Ort, der sich leicht wiederfinden ließ, vergraben haben, und mancherlei dunkle Gerüchte wissen von Männern zu erzählen, die nach dem Kriege die Gegend durchstreiften, z.B. bei Großdraxdorf, Wernsdorf, Liebschwitz, Thränitz, um einen Schatz zu heben. Im letzteren Orte soll einmal ein Fremder einen Bauer aufgefordert haben, ihm eine kleine, aber sehr schwere Kiste nach Gera zu bringen, von der die Bewohner vermuteten, daß sie einen zur Kriegszeit vergrabenen Schatz enthielt. In Weida übergab ein Soldat seinem Hauswirt N. eine große Summe Geldes unter der Bedingung, daß er dieselbe gewissenhaft aufbewahre und niemandem etwas davon sage. Wenn er nach einiger Zeit zurückkehre, werde er dieselbe abholen und dem Wirt einen großen Teil derselben zum Lohn überlassen. Allein er kehrte nie wieder. Doch denken wir wieder zurück an Cronschwitz.
Hier hatten die französischen Soldaten so manche Schandtat ausgeführt. Allein
nicht alle waren Rohlinge, wie folgender Vorfall beweist: Als Frau P. zu Cronschwitz einen Soldaten auf ihr Haus zukommen sah, entfloh sie eiligst in das nahe Buschholz des Kirchberges, um sich zu verstecken; doch der Kriegsmann hatte sie bemerkt, stürmte er ihr nach, holte die vom Schreck halbgelähmte Frau ein, packte sie heftig am Arm und - erklärte ihr in schlechtem Deutsch, daß er daheim auch Weib und Kind habe und sie von ihm gar nichts zu fürchten brauche. Als er in ihrem Haus die große Armut und Dürftigkeit sah, besorgte er Lebensmittel und schenkte ihr einen kleinen Geldbetrag.
Auch ein Gerücht mag mit verzeichnet werden, das von den Alten zu Wünschendorf, Cronschwitz, Großdraxdorf und Mosen, als auf Wahrheit beruhend, erzählt wird und sich hartnäckig erhält: Zwischen Endschütz und Mosen jagte, wahrscheinlich am 11. Oktober, dem Tage des Gefechtes bei Tinz, ein reitender Trompeter durch, verfolgt von einem Trupp feindlicher Reiter, die erst von ihm abließen, als er in den großen Waldungen des Schlüssel- und Rechenberges verschwand.*) In wilder Hast ritt er den steilen mit uraltem, knorrigem Eichgebüsch bewachsenen und mit losem, graublauem Schiefergestein bedeckten Abhang hinab und sprengte in der Nähe des hohen Steines, einer mit graugrünen Flechten bewachsenen Felsenrippe (jetzt zwischen den beiden großen Steinbrüchen liegend) hinab in die schäumenden Fluten der Elster, durchschwamm sie und erreichte glücklich das flache linke Ufer. Als er sah, daß er seinen Feinden entronnen war, setzte er seine Trompete an und blies aus dankerfülltem Herzen den Choral: Nun danket alle Gott. Die Töne lockten den Einwohner Sonntag aus Cronschwitz herbei. Ohne sich lange zu besinnen, eilte er wieder heim, holte sein scharfgeladenes Gewehr, schlich sich am Rande des Ziegenberges an den nichts ahnenden Soldaten heran und schoß ihn ohne jede Ursache vom Pferde, um vielleicht das letztere für sich zu bekommen.
Im nahen Hilbersdorf erschienen am 12. Okt. auch zwei Franzosen und drangen gewaltsam in ein verschlossenes Gehöft ein. Rasch liefen einige Bewohner des Ortes herzu, um die Eindringlinge zu erschießen. Doch gelang es dem auch herbeieilenden Pfarrer, sie zum Wohle des ganzen Dörfleins von dem unglückseligen Gedanken abzubringen. Nach ungefähr einer Viertelstunde traf ein ganzer Schwarm beutegieriger Soldaten ein, der alle Häuser ausplünderte und danach mit großer Hast sich auf das im Wipsentale liegende Lichtenberg stürzte, um auch dort sein Räuberhandwerk zu betreiben, wobei der Bauer Haubenreißer erschossen wurde.

*) Auf den Feldern zwischen Tinz und Bieblach fand am 11. Oktober ein Gefecht statt zwischen französischen Husaren und sächsischen Johann-Dragonern.

Recht übel erging das auch dem benachbarten, heute zum Königreich Sachsen gehörigen Orte Liebschwitz, welches sich am Fuße des mit Buschholz bewachsenen Zoitzberges hinstreckt. Der Besitzer des Rittergutes, Landkammerrat Aug. v. Ziegenhierd, hatte schon vor dem Einzug der Franzosen seinen Silberkoffer, eine eiserne Geldkassette, Tischzeug und Hausgerät von besonderem Wert in seine Behausung nach Gera bringen lasen. Auf dem Heimweg bei Pforten wurden ihm von französischen Soldaten, die die seichte Elster durchwatet hatten, ein Bajonett und eine gespannte Pistole vorgehalten und Uhren, Wertsachen und Geld, welches im Wagen verborgen lag, abgenommen. Wie es dem Orte selbst erging, darüber hat genannter Herr recht genaue Aufzeichnungen hinterlassen unter dem Namen: Nachrichten von Liebschwitz, gesamelt von Joh. Ferd. Aug. von Ziegenhierd in perpetum suam memoriam. Ein Abschnitt mag wörtlich folgen:
„Den 13. Okt. kamen
von der französischen leichten Infanterie, welche ihr Lager bei Oberröppisch gehabt, eine Anzahl nach Liebschwitz und fangen an zu plündern, alle Türen sind aufgehauen, Kisten und Kasten aufgebrochen, verschiedene Leute beschädigt .... In diesem Tumult sind im hiesigen Dorfe (Von den Bauern in „verzweifelter Wut") vier Franzosen getötet worden, davon einer in die hinter dem Hofe befindliche Kalkgrube geworfen und mit Steinen bedeckt, zwei hinter der Pfarre ins Holz und einer in dem herrschaftlichen Krautgarten eingehackt worden. Die übrigen Franzosen entfernten sich zwar hierauf, kommen aber verstärkt wieder, schießen auf die Dächer, davon die hiesige Pfarre und Schmiede in Brand geraten, auch weil von den Franzosen auf die herbeikommende Spritze nebst dabei befindlichen Personen geschossen worden, gänzlich in Feuer aufgegangen. Die Schule hat auch zu brennen angefangen, man hat sie aber noch gerettet. Den 16. rückte das eilste Chasseur Regiment zu Pferde in hiesige Dörfer ein, und kamen davon der Stab und wohl 500 Mann als Strafkommando nach Liebschwitz. Was nun von der vorigen Plünderung etwa noch übrig war, wurde noch mitgenommen, alle Türen des neuen Hauses wurden aufgesprengt, alle verschlossenen Schränke und Kommoden mit Aufhauung der Türen und Schubfächer geöffnet und ausgeräumt, die gefundenen Federbetten an die angezündeten Wachtfeuer geworfen, daß solche teils ganz verbrennet, teils versengt auch von darauf geschlachtetem Vieh verunreinigt worden. In den Stuben des neuen Hauses lag das Stroh auf zwei Ellen hoch und auf solchem haben sie beständig Tobak gerauchet. Was nicht fortzubringen war, haben sie mutwilliger Weise verdorben, darunter Wettergläser, Porzellan und Steingut, davon häufige Scherben zu sehen waren."

Vom Gerichtsherrn wurde eine strenge Untersuchung vorgenommen, die Akten nach Dresden geschickt, aber von einer Bestrafung der Totschläger ist nichts bekannt.
Durch die Plünderung ging dem Herrn von Ziegenhierd auch eine kostbare Waffensammlung, die er besonders schätzte, da sie Waffen enthielt, die seine Vorfahren in so manchem Krieg geführt, oder die ihnen für hervorragende Tapferkeit in heißer Schlacht verliehen worden waren, verloren. Seinen Schaden berechnet er mit Ausnahme der Sammlung auf 883 Taler 4 Groschen.

Der Gutsbesitzer Diebler zu Zschorta verbarg mancherlei Habseligkeiten in einem schmalen Wandschrank, als er vom Feinde hörte, schob er einen uralten, gebrechlichen Kleiderschrank vor denselben und öffnete die buntbemalten Flügeltüren so weit, daß die wenigen altmodischen Kleidungsstücke auf den ersten Blick gleich zu erkennen waren. Dann streute er in die Hausflur, auf die enge Treppe und in die Kammern Bettstroh, stellte in die Wohnstube auf den eichenen Tisch Tasse, eine Kanne, Töpfe mit Butter- und Fettresten, alles wüst durcheinander.
Während er noch so beschäftigt war, erschien seine Nachbarin Frau Thamisch und bat, ihr doch
einen Beutel mit Geld aufzubewahren. Lange stand D. unschlüssig in der Hausflur, plötzlich aber kam ihm ein guter Gedanke, hastig ergriff er den schweren Beutel, eilte damit durch Hof und Garten an den Teich zu den drei alten Weiden, von denen eine schon seit längerer Zeit hohl war und schleuderte mit sicherem Wurf den Schatz durch die sich oben befindliche Öffnung in das Innere der Weide. Nach kurzer Zeit drangen auch schon die Feinde in das Gehöft ein und stürmten mit lautem Geschrei durch Kammern und Böden; als sie aber überall die Unordnung und scheinbare Verwüstung sahen, dazu leere Töpfe, zerbrochene Schüsseln und umgestoßene Tassen, verließen sie kopfschüttelnd das Haus.
Später sägte D. in
aller Stille jene hohle Weide ab, holte schmunzelnd den Beutel seiner guten Nachbarin und einen Strumpf, gefüllt mit eigenem Gelde, heraus, und öffnete auch den verborgenen Wandschrank.

Am 11. Oktober kamen versprengte Sachsen von Saalfeld her nach Waltersdorf, hielten vor der Schenke an und nahmen einige Erfrischungen zu sich. Es waren 6 Mann vom Regiment „Max" - Chemnitz, 6 sächsische Dragoner, 1 preußischer Husar und etliche preußische Füsiliere. In ihrem Gefolge befand sich auch eine Marketenderin, Hanne Meinhardt aus Waltersdorf, deren Mann als Soldat beim Zwickauschen Regiment stand. Alle zogen nach Sorge.*) Der Lehrer Plöttner hielt gerade Betstunde, da schrie jemand zur Tür hinein: „Die Franzosen kommen!" Vom Besitzer des Rittergutes Rüßdorf, Friedrich Wunderlich, dem sie das Bajonett auf die Brust setzten, hatten sie 200 Gulden erpresst. Als sie über die Elster gesetzt sein wollten, befand sich der Kahn gerade am anderen Ufer. Den Fährmann Rose, der auf Wunderlichs Befehl an einer seichten Stelle durch die Elster watete, um den Kahn zu holen, begleitete ein Franzose, jederzeit zum Schuß bereit, wenn er entfliehen würde. Vor dem Rittergut W.s, bei der Linde, stand der Vogt Mich. Barth mit seinen Leuten. Die Franzosen machten zuerst Miene, in das Rittergut zu gehen, allein wegen der großen Menschenmenge, die zusammengelaufen, gehen auch sie nach Sorge weiter. Einige Waltersdorfer waren willens, die Franzosen im Holz zwischen Waltersdorf und Sorge zu überfallen und ihnen den Raub abzunehmen, z.B. Mich. Jung am Mühlberg ein guter Schütze, Joh. Freund und Mich. Piehler, doch ließen sie sich von ihrem Vorhaben abbringen.
In Berga erschienen in jenen Oktobertagen ganz unvermutet 5 Franzosen vom Korps Soult. Sie nahmen ihren Weg gerade in das Haus des Oberpfarrers A. Nachdem sie tüchtig gegessen und noch mehr Wein getrunken hatten, erhielten sie eine größere Summe Geld und verließen das Haus. Ganz ähnlich verlief auch ein Besuch, den sie dem Einnehmer Hoffmann abstatteten. Bei dem Müller entdeckten sie zwei alte, wertvolle Uhren, die sie sorgfältig einsteckten. Um sein Eigentum zu erretten, bot der Müller Geld, allein die Franzosen zeigten, als sie merkten, daß er Geld habe, wenig Neigung, die Uhren herauszugeben. Erst als er als Auslösung für eine Uhr 30 Taler bot, zeigten sie sich gewillt, dieselbe wieder herauszugeben. Kaum lagen die blanken Silberstücke auf dem Tische, so raffte sie einer von den französischen Eindringlingen mit hastigem Griff zusammen, und im Augenblick waren die 5 Franzosen nebst den 2 Uhren und den 30 Talern verschwunden.

*) Dem Ort Sorge war die Sorge (Versorgung der Herrschaft mit Wild auferlegt, vielleicht auch die Fürsorge für dasselbe.

Einige Schriftstücke aus jener Zeit mögen in Abschrift folgen:
Daß in Zschorta, Teichwitz und Kleindraxdorf von dem Großherz. Badenschen Husaren-Reg. den 4. Dezember 1807 3 Offiziere, 8 Unteroffiziere, 3 Trompeter, 100 Gemeine und 110 Pferde bequartiert gewesen und mit Lebensmitteln und Fourage versehen worden sind, solches bescheinigt hiermit
Zschorta, d. 4. Dez. 1807                   A. v. Anderten Rittmeister u. Escad. Chef.
Großh. Badisch-Husaren Reg.

3 vierspännige Wagen u. 6 angeschirrte Pferde, als

                      Teichwitz 1 Wagen u. 5 angeschirrte Pferde
5 Meilen          Zschorta 1 Wagen u. 1 angeschirrtes Pferd
                       Kleindraxdorf 1 Wagen

Daß in Zschorta von dem Reg. von Tammerer Königl. Württembg. Truppen den 8. Dez. 1807 1 Offizier, 2 Bediente, 1 Pferd 5. Corp. u. 85 Gemeine bequartiert gewesen und mit Lebensmittel und Fourage versehen worden, welches hiermit bescheinigt
De Rau, Leut. im Königl. Württemb. Chev. Leg. Reg. Herzog Heinrich usw.

                  Teichwitz u. Zschorta 1 vierspännige Wagen,
                   Württemb. Chev. Escad. 3 vierspännige Wagen,
4 Meilen      Teichwitz 1 vierspännigen Wagen u. 2 Pferde,
                   Zschorta 1 vierspännigen Wagen u. 2 Pferde,
                   Kleindraxdorf 1 zweispännigen Wagen u. 2 Pferde,
Königl. Bayrische Escad.:

5 Meilen     Teichwitz einen vierspännigen Wagen
                   Zschorta einen vierspännigen Wagen
Vom Großh. Badenschen Husaren Reg., welches am 4. Dez. 1807 allhier einquartiert, habe ich 8 Mann und 8 Pferde gehabt, welche ich gegeben habe:

1 Sch. 1 Viertel Hafer
2 Viertel Hafer u. 2 große Bund Heu den Spannbauern
1 Viertel Hafer den Bauern von Zerbitz
6 Pfd. Rindfleisch 21 Groschen,
4 Pfd. Schweinefleisch 16 Groschen,
Backwaren 9 Groschen,
Zucker, Kaffee, Tabak 13 Groschen 3 Pfennige,
Branntwein 16 Groschen,
Bier 14 Groschen
Gesamt: 3 Thaler 17 Groschen 3 Pfennige

Derselbe erhielt von der Württembergischen Infanterie von der Kompanie des Hauptmanns Collenbach 9 Mann, welche ihm 4 Taler 6 Groschen Aufwand verursachten. Die Einquartierung von der Württembergischen Leib-Eskadron am 9. Dezember kostete ihm 5 Taler 8 Groschen.
Andere Einwohner von Zschorta berechneten ihre Unkosten bei der Einquartierung mit 29, 32, 62 Talern.
"Das Dorf Zschorta lieferte den 12. Dez. 1807 von 6 Hufen (von der Hufe 3 Thaler) 18 Thaler in die Kreis Kommission zu Weida, welches hiermit pflichtgemäß bescheinigt
Zschorta, den 12. Dez. 1807. Gottfr. Diebler, Amtsrichter."
Das Dorf Zschorta
erhält an französischen und anderen fremden Marsch-, Verpflegungs-, Ration- und Spann-Kosten vom 1. Juni 1807 bis Dezember 1807 354 Taler 5 Groschen. Von dieser Summer wurden alle rückständigen Steuern abgezogen, so daß der Gemeinde rund 260 Taler verblieben.
"Aus der Amtssteuer Einnahme zu Weida, auf höchsten Befehl vom 1. Okt. 1812, daß auf Kriegsaufwand für die Durchzüge fremder Truppen des jetzt laufenden Jahres muß gegeben werden
2 Thaler 16 Groschen von der Hufe den 2. Nov.
0 Thaler 0 Groschen 11 Pfennige von jedem gangbaren Schock,
9 Quatember auf den 2. Nov.,
9 Quatember u. 10 Pfennige auf den 14. Dez. 1812
ohne Rest, halb bar, halb in Kassenbillets.
30. Okt. 1812               Gottfr. Diebler, Amtsrichter."

Aehnliche Abgaben "mußt lt. vorhandener Anweisung viele Jahre gegeben werden, oft zweimal jährlich".

"Zur Unterhaltung des Wachthauses allhier mit Holz und Licht ist bereits eine halbe Klafter Flößholz und Oel gekauft worden. Solchem nach haben endesbenannten Amtsrichter auf jede Hufe zwei Groschen zusammen zu legen und morgen, als den 21. anhero zu bezahlen.
Wünschendorf, d. 20. Dez. 1805                    E. Fischer
Der Gemeinde zu Großfalka, Untitz, Meilitz, Zossen, Veitsberg, Zschorta.

Das Seifersdorfer Kirchenärar zahlte 1807: 28 Aßo 16 Pfennige zur Kriegskontribution.
In den Jahren 1808 und 1809 erhielten manche Gemeinden "Französische Marsch-Kosten Zahlung". Zschorta erhielt:
am 25. Juni 1808 die Summe von 31 Talern 12 Groschen
am 21. März 1809 die Summe von 18 Talern 22 Groschen
am 29. Dez. 1809 die Summe von 37 Talern 20 Groschen
an Steuern gutgeschrieben:

Rekruten-Tabelle Zschorta.
Was im Jahre 1808 die Rekruten gekostet haben vom 17. Okt. an bis den 28. Dez. 1808: Publiciert im Amt Weida den 8. Okt. 1808, daß die zusammengeschlagenen Ortschaften als:
Zschorta nach 6 Hufen - Scheffel
Kleindraxdorf nach 1 Hufen 12 Scheffel
Wittchendorf nach 7 Hufen 3 Scheffel
Dittersdorf nach 5 Hufen - Scheffel
Großdraxdorf nach 5 Hufen - Scheffel
das Neumühlische Zickra nach 5 Hufen 22 Scheffel
Endschütz nach 6 Hufen 16 Scheffel
Großfalka 6 Hufen 9 Scheffel
Cronspitz, welches zu ist geschätzt worden 1 Hufen 12 Scheffel
Gesamt: 45 Hufen 2 Scheffel

einen tüchtigen Rekruten nach Chemnitz abzuliefern, den 17. Okt. 1808. Da nun alle jungen Mannschaften diesen Contingent den 11. Okt. 1808 nach Weida ins Amt mußten gestellt werden und keiner das Maß hatte, so mußte einer gekauft werden, wozu sich der Großfalkaer Richter
Weidner einen Weg nach Gera machte, um daselbst einen zu kaufen, wo derselbe auch einen brachte den 13. Okt., der sich mit Namen Weber aus Wittenberg nannte, aber aus Gera war, wo wir belogen waren.
Dieser wurde auch in Chemnitz den 17. Okt. abgeliefert, aber bald, den 1. Dez. 1808 seinen Abschied wieder hatte, weil derselbe ein Ausländer war. Nun mußten wir einen anderen schaffen an seiner Stelle. Dieser Weber wurde gehandelt vor 120 Taler gut Geld, zu diesen sollten die Ortschaften von der Hufe 2 Taler geben, das andere Geld wolle Großfalka tragen. Hierauf nun aber, als wir einen anderen schaffen mußten, hat das Contingent solches dem Richter von Großfalka übergeben . . . . gehandelt wurde nunmehr Joh. Christoph Salomo Löfler, der bei der Kommission in Chemnitz abgeliefert und sei von letzterer auch daselbst Quittung erteilt worden . . . .

Specification
was von den Rekruten, welche den 13. Okt. 1808 nach Weida ist gebracht worden und was auf dem Marsche nach Chemnitz ist aufgegangen:
- Thaler 20 Groschen - Pfennige für 2 Kannen Branntwein
- Thaler 4 Groschen - Pfennige für Semmeln
- Thaler 6 Groschen - Pfennige für Tabak
- Thaler 10 Groschen - Pfennige für 2 Portionen Essen
- Thaler 6 Groschen 8 Pfennige Bier
1 Thaler 8 Groschen - Pfennige solange er beim Bothmann gewesen
- Thaler 16 Groschen - Pfennige dem Reservemann und
- Thaler 8 Groschen - Pfennige noch Zulage
- Thaler 8 Groschen - Pfennige Botenlohn nach Endschütz
1 Thaler 8 Groschen - Pfennige dem Botenmann für Nachtquartier
- Thaler 4 Groschen - Pfennige Essen beim Abmarsch der Rekruten
6 Thaler 2 Groschen 8 Pfennige was in Weida ist aufgegangen
3 Thaler 5 Groschen 10 Pfennige Zehrung für den Rekruten auf 3 Tage nach Chemnitz
- Thaler 8 Groschen - Pfennige für den Feldscher
- Thaler 8 Groschen - Pfennige für den Aktuarius Hertzmann, die Registratur zu machen
1 Thaler 9 Groschen 3 Pfennige demselben für den Rekruten
2 Thaler - Groschen - Pfennige dem Rekruten zur Auslösung auf 2 Tage
- Thaler 6 Groschen - Pfennige den Rekruten zu bewachen in Chemnitz
7 Thaler - Groschen - Pfennige für die Wächter in Weida und dne Transport zu tun
1 Thaler 8 Groschen - Pfennige dem Sergeant
6 Thaler - Groschen - Pfennige für einen anderen Reservemann zu stellen
4 Thaler 12 Groschen - Pfennige für den Mann, der den Rekruten hat zugewiesen
- Thaler 6 Groschen - Pfennige für Mühe und Wege dem Großfalkaer Richter und den Lieferschein
1 Thaler 8 Groschen - Pfennige die Mittwoch, da er den Rekruten hat in Gera geholt
- Thaler 16 Groschen - Pfennige den Freitag, da er hat die Rekruten messen lassen
10 Thaler - Groschen - Pfennige auf 6 Tage als Abgeordnete nach Chemnitz
- Thaler 14 Groschen 2 Pfennige zwei Rekruten zu speisen in Weida
14 Thaler 12 Groschen - Pfennig zum Angeld dem Rekruten
- Thaler 4 Groschen - Pfennige dem Hutmann i. Großfalka, daß er zu seinem Sohn ist gegangen nach Köfeln
- Thaler 12 Groschen - den Rekruten in Weida zu besehen dem Herrn T.

Es kostete nun Zschorta 17 Thaler 18 Groschen 9 Pfennige, damit ist Weidner bezahlt worden den 28. Dez. 1808.
Gottfried Diebler - Richter daselbst

Gera mußte vom 1. Jan. 1813 bis 31. Mai 1814 verpflegen: 18 000 Offiziere, 400 000 Soldaten, 150 000 Pferde und
500 000 Taler Kriegskosten, 40 000 Taler Lazaretkosten, 50 000 Taler Transportkosten, 30 000 Taler für Ausrüstung der "Reußischen Truppen" zahlen. Blücher zog im Juni 1813 durch Gera, am 23. übernachtete Kaiser Franz Josef daselbst; es hatte zu der Zeit ungefähr 7 000 Einwohner.
3 Taler 12 Groschen Vestungs-Demolitions-Gelder nach Dresden sind dato richtig abgeliefert worden.
Weyda, d. 25. Juni 1811 Joh. Friedr. v. Brandenstein

Die Freiheitskriege brachten unserer Heimat oft und viel Einquartierung, dazu auch schwere Lieferungen und Spanndienst. Schon im April 1813 rückten Preußen ein, denen bald Kosaken folgten, die ziemlich lange blieben und während der Zeit den Einwohnern viele Dinge stahlen, um sie irgendwo zu verkaufen. Später folgten auch Franzosen. In einem alten Schriftstück fand sich über die Preußen folgende Bemerkung: „ Am 1. April 1823 hab' ich neun Mann reitende Jäger im Quartier gehabt, haben sich aber gut betragen, hingegen der alte O. hat rechte Prügel von ihnen gekriegt." Ein Teil der Lützower, die bei Plauen den Franzosen Kanonen, Pulverwagen und Lebensmittel abnahmen, soll durch Weida gekommen sein. Unter ihnen waren Leutnant Schmidt, ein Jenaer Student, und ein Tischler Spindler aus Gera. Sie nahmen in Gera französische Gendarmen gefangen.
Für die durchziehenden Truppen war in Wünschendorf in einem Hause ein Lazarett eingerichtet worden. Der Besitzer E. überreichte deswegen der Gemeinde eine Rechnung, aus der einige Stellen wörtlich folgen mögen:
„Den 5. Okt. hat E 2 Mann krank bekommen von B. Badisch Regiment bis den 12. Okt,. So rechnet er täglich 4 Gr. vor Salz, Pfeffer, Licht, Holz, so ist es in 8 Tagen 1 Taler 8 Gr. Danach kam ein Leutnant von dem Regiment, der logierte in der Oberstube, da rechnet er täglich 4 Gr., so sind 10 Tage, ist die Summe 1 Thlr. 16 Gr. Den 24. Okt. kamen wieder 3 Kranke herein, hernach immer mehr bis den 16. Nov., dann sind die Kranken ins Hauptlazareth gekommen, 24 Tage, 4 Gr. macht 4 Thaler. Dann hat er wieder drei Schuhmacher bekommen, für Holz, Salz, Pfeffer, Licht und Durst 12 Gr. Ein Fähnrich hat 16 Tage in der oberen Stube gelegen, wurde dann in das Lazareth gebracht, 2 Thlr. 16 Gr. Für Fenster, Schüsseln und Töpfe, welche zerbrochen 1 Thlr. 12 Gr."
Den Truppen mußten die Landleute Hafer, Heu, Stroh und Holz liefern und Spanndienste leisten. Einige Bauern aus Mosen mußten bis Würzburg spannen, wo sie dann entflohen. Der Bauer Helm aus Großfalka, scheint auch bei dieser Spannung beteiligt gewesen zu sein. Ihm verhalf ein Bäcker zur Flucht, für den er Holz fahren sollte. In welcher traurigen Lage sich 1813 die Einwohner unserer Dörfer befanden, lassen folgende Schriftstücke erkennen:
Verzeichnis der bei der Gemeinde Zschorta im
Amt Weida auf das Jahr 1813 nach gangbaren Schocken in Rest verbliebenen Kavallerie-Verpflegungs-Geldern. Restanten: Michel, Geyer, Weiser, Peuker, Schweizer, Diebler.
Ursachen der Reste: Unaufhörliche Kriegs-Br. durch
Lieferungen, harte russische Kavallerie Einquartierung und Mißwachs verschiedener Jahre. Deshalb sind Restanten ganz mittellos und wirkt keine Exekution, weil die Armut ohne Grenzen ist. Zschorta, den 4. Sept. 1814. Die Gemeinde allda. Gottfr. Diebler. Amtsrichter.

Im Jahre 1814 gehörten sämtliche Bauern von Zschorta zu den Restanten. Das Verzeichnis trägt die Bemerkung: „Dermaliges wahres Unvermögen wegen Mißwachs verschiedener Jahre und der vielen Kriegsprästationen durch Lieferungen und Einquartierungen entstandener Dürftigkeit."

In den Jahren nach 1813 hatten die 52 Orte des Etappenbezirks Weida noch oft Einquartierung, für die Vergütung gewährt wurde. So erhielten im Jahre 1817 folgende Orte Einquartierungs- und Furagevergütung:

Teichwitz 17 Tlr. 23 Gr. 10 Pf. und 18 Tr. 11 Gr. für Furage,
Kleindraxdorf 1 Tlr. 7 Gr. 2 Pf. u. 3 Tr. 11 Gr. für Furage,
Hohenölsen 27 Tlr. 7 Gr. 11 Pf. u. 24 Tr. 20 Gr. für Furage,
Staitz 13 Tlr. 11 Gr. - Pf.,
Göhren 7 Tlr. 16 Gr. 2 Pf.,
Döhlen 7 Tlr. 10 Gr. 6 Pf.,
Dörtendorf 16 Tlr. 1 Gr. 4 Pf.,
Schüptitz 23 Tlr. 17 Gr. 6 Pf.,
Steinsdorf 12 Tlr. 6 Gr. 5 Pf.,
Schömberg 7 Tlr. 16 Gr. 2 Pf.,
Loitsch 5 Tlr. 10 Gr. 4 Pf.,
Endschütz*) 6 Tlr. - Gr. 6 Pf.,
Letzendorf 6 Tlr. 11 Gr. 10 Pf.,
Großfalke 5 Tlr. 18 Gr. 10 Pf.,
Wolfersdorf 24 Tlr. 7 Gr. 8 Pf.,
Weida 903 Tlr. 17 Gr. - Pf. und 251 Taler für Furgae.

In demselben Jahre zahlte das Etappenbüro zu Weida auch

1189 Taler 9 Groschen Spanngelder,
888 Taler 7 Groschen für Furage,
391 Taler 7 Groschen für Aufwand im Büro,
45 Taler - Groschen für Gebühren,
14 Taler - Groschen Reise- und Zehrungskosten,
12 Taler 17 Groschen für Medikamente, Holz, Oel, Licht.

Der Rentboden zu Weida gab zur Verstärkung des Etappen-Furage-Magazins daselbst 500 Scheffel Zinshafer für 619 Taler.

*) Im Winter 1813 - 14 hatte Endschütz 12 Wochen lang russische Kürassiere im Winterquartier, so daß der gehegte Tag erst am 15. März 1814 gehalten werden konnte.

Auch im Jahre 1818 wurden noch Einquartierungs-Vergütungen ausgezahlt:

Wünschendorf 143 Taler 10 Groschen,
Veitsberg 55 Taler 23 Groschen,
Cronschwitz 14 Taler 6 Groschen,
Zschorta 19 Taler 18 Groschen,
Zossen 77 Taler 2 Groschen,
Großdraxdorf 52 Taler 11 Groschen usw.

Siehe auch Seite 129.

An Spanngeldern, für Furage, Botenlöhnen, Rittgebühren, Reise- und Zehrungskosten, Oel, Holz, Licht, für kommandierte Husaren usw. mußten über 2000 Taler beschafft werden. Im Jahre 1817 hatte der Neustädter Kreis 2683 Taler und 1818 sogar 4534 Taler Kriegsaufwand. Diese Summen mußten zum Teil durch Steuern aufgebracht werden. In alten Steuerbüchern von Wünschendorf finden sich aus jener Zeit regelmäßig jeden Monat Quittungen über bezahltes Soldatengeld bis zum Jahr 1822, in welchem Jahre der Impost*) eingeführt wurde. Ein kleiner Bauer zu Wünschendorf zahlte monatlich 10 Groschen 2 Pf. Soldatengeld.

„Es ist mit Genehmigung des hohen General-Gouvernements und der Königl. Sächs. Landesregierung die unterzeichnete Kreis-Deputation ermächtigt worden, zur Bestreitung der außerordentlichen Kriegslasten. Eine Anleihe von 50 000 Rthlr. auf den Kredit der Stände des Neustädter Kreises zu eröffnen. Es werden daher alle Kapitalisten des In- und Auslandes hiermit aufgefordert und gebeten, dieses durch die Zeitumstände nötig gewordene Unternehmen zu unterstützen. Die Bedingungen dabei sind folgende:

1. Die dargeliehenen Kapitalien werden mit 5 pr. Cent verzinset, und der Darleiher erhält dagegen eine gewöhnliche Kreis Obligation auf den Inhaber gestellt, und mit Zinsleisten versehen.
2. Die Zinsen werden halbjährig bezahlt ...
3. Die Aufkündigung ist halbjährig und steht beiden Teilen frei.

Wir dürfen hoffen, daß bei der Pünktlichkeit, womit der Neustädter Kreis eine frühere, beträchtlichere
Anleihe zurückgezahlt hat, dieses neue Unternehmen bald zu stande kommen werde, und versprechen . . .
Neustadt a. d. Orla, den 28. Mai 1814
Königl. Sächs. Deputation des Neust. Kr.
B. von Taube. D. Alster."

*) Der Ompost wurde entrichtet von im Lande geschlachteten Vieh, von fremdem Fleisch, Speck, Schmer, Talg, Fett, Würsten, Lichtern, Seife, Wein, Essig, Bier, Breyhahn, Branntwein, Spiritus, Rum, Rauch- und Schnupftabak, Wachslichtern, Spielkarten usw.

1 Ochsenstier, 1- 2 Jahre alt 1 Taler 9 Groschen - Pf.
1 Schwein über 150 Pfd. - Taler 18 Groschen - Pf.
1 Pfd. Fleisch, Wurst - Taler - Groschen 4 Pf.
Wein, 1 Eimer vom Ausland 4 Taler - Groschen - Pf.
Ungarischer Ausbruch, 1 Bouteille - Taler 6 Groschen - Pf.
1 Eimer Essig v. Ausland 1 Taler 8 Groschen - Pf.
1 Eimer Bier 1 Taler 12 Groschen - Pf.
1 Eimer Branntwein 8 Taler - Groschen - Pf.
100 Zigarren - Taler 2 Groschen - Pf.

Ein Beispiel aus "guter alter Zeit".
"EIn Pferdefrongut zu Zschorta, 3/5 Hufe = 18 Scheffel. Gottfried Diebler.

53 gangbare Steuerschock,
3 1/2 Pf. von jedem gangb. Schock Soldatengeld.
5 Gr. zu jedem Quatember.
10 Thaler 5 Gr. - Pf. Quat. Steuer,
10 Thaler 16 Gr. 2 Pf. Steuer,
7 Thaler 17 Gr. 6 Pf. Soldatengeld,
1 Thaler 15 Gr. 41/2 Pf. Hufengeld,
1 Thaler 18 Gr. - Pf. Pfluggeld,
- Thaler 12 Gr. 6 Pf. Handgeld,
- Thaler 18 Gr. - Pf. Klosterzins,
- Thaler 1 Gr. - Pf. Landgeschoß,
- Thaler - Gr. 7 Pf. Kalbgeld,
- Thaler 4 Gr. 6 Pf. Armenlast,
- Thaler 1 Gr. 6 Pf. Schafschergeld,
- Thaler 13 Gr. 6 Pf. Straßengeld,
- Thaler 19 Gr. - Pf. Brandkasse, zwei Termine,
- Thaler 7 Gr. 6 Pf. Postensteuer,
- Thaler 4 Gr. - Pf. Opfergeld dem Pfarrer,
- Thaler 2 Gr. - Pf. dem Schullehrer,
- Thaler 9 Gr. 6 Pf. Fleischsteuer,
- Thaler 16 Gr. - Pf. für die Krummet-Frone,
2 Thaler - Gr. - Pf. für die ?,
3 Schfl. Hafer nach Weida, Landspann,
3 Viertel Korn nach Mildenfurth,
1 Metze 5 Kannen Pfarr-Dezem,
1 Schef. dem Hirten,
1 Viertel 2 Metzen dem Schmied,
diejenigen jährlichen Abgaben und Erbgefälle, so auf dem Pferdefrongut liegen."

Zu den Lasten, die die Freiheitskriege unserem Lande verursacht hatten, trugen auch die am Krieg beteiligten Mächte bei; so zahlt an das Großherzugtum Sachsen Weimar

Rußland 38 040 Taler auf die Zeit von 1815 - 1818
England 79 498 Taler auf die Zeit von 1815 - 1818
Preußen 46 826 Taler auf die Zeit von 1815 - 1818,
Frankreich 272 828 Taler auf die Zeit von 1815 - 1818
Holland 2 Taler im Jahre 1815
Bayern - Taler 14 Groschen im Jahre 1818
Reuß 114 Taler 6 Groschen im Jahre 1816 usw.

Am 18. Mai 1815 wurde der Friede zu Wien*) abgeschlossen zwischen Preußen und Sachsen, und preußische Kommissare erschienen im Kreise, um das Land in Besitz zu nehmen. Als sie aber nach Liebschwitz kamen, das zum Kreis Leipzig gehörte, also nicht zu den von Sachsen abgetretenen Landesteilen, erhob der Guts- und Gerichtsherr v. Ziegenhierd auf Liebschwitz herzhaften Einspruch, und so verblieben die ehemals v. Ziegenhierd'schen Besitzungen dem Königreich Sachsen nämlich: Liebschwitz, Taubenpreskeln, Lietzsch, Legefeld, Grobsdorf, Loitzsch, Hilbersdorf, Niebra, Pösneck und Rückersdorf. Am 15. Nov. kam der Neustädter Kreis dann an das Herzogtum Weimar, Karl August wurde Großherzog mit dem Prädikate „Königl. Hoheit".
Obwohl schon im ersten Pariser Frieden 1814 Preußen einen Zuwachs von 50 000 Seelen zugestanden und Rußland außerdem auch eine ähnliche Vergrößerung in Aussicht gestellt hatte, so erhielt im Frieden zu Wien Karl August doch nur die Enklaven und die „assekurierten Aemter" zusammen ungefähr 1700 Quadratkilometer mit 77 048 Einwohnern; denn man wurde nach und nach milder gegen Sachsen gesinnt.

*) Im 2. Artikel der Friedensbestimmungen heißt es: Se. Maj. der König v. Sachsen entsagen auf ewige Zeiten, für Sich und alle Ihre Nachkommen zu Gunsten Sr. Maj. des Königs v. Preußen allen Rechten und Ansprüchen auf die hiernächst angegebenen Provinzen, Gebiete usw. Die Grenze des Neustädter Kreises, der ganz an Preußen übergeht, bleibt unverändert. Die Hälfte des Amtes Ziegenrück behielt Preußen.

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Kaiserlich Russische Truppen in der Etappe Weida 1818

Von der schweren Batterie Nr. 17 lagen am 15. Dez. 1818 in Weida 2 Obriste, 250 Mann, 200 Pferde und der Brigadestab,in Köfeln 100 Mann und 93 Pferde. Von der leichten Batterie Nr. 17 lagen in Veitsberg 84 Mann, 30 Pferde, in Zossen 85 Mann, 83 Pferde, in Köckritz 55 Mann, 60 Pferde.

Am 17. Dez. kagen
in Wünschendorf 6 Oberoffiziere 80 Mann 90 Pferde
in Rußdorf 1 Offizier 250 Mann Infanterie
in Großfalka - Offizier 200 Mann Infanterie
in Endschütz - Offizier 100 Mann Infanterie
in Großdraxdorf - Offizier 150 Mann Infanterie
in Meilitz - Offizier 75 Mann Infaterie
in Untitz - Offizier 175 Mann Infanterie
in Sirbis 1 Offizier 150 Mann Infanterie
in Crimla - Offizier 100 Mann Infanterie
in Seifersdorf - Offizier 150 Mann Infanterie
in Zedlitz - Offizier 125 Mann Infanterie
in Wolfsgefärth - Offizier 125 Infanterie

Auch Unterröppisch, Liebsdorf, Köfeln, Köckritz, Cronschwitz, Zschorta, Clodra, Schömberg, Rohna, Hohenölsen, Teichwitz, Wittchendorf, Dittersdorf, Steinsdorf, Gräfenbrück, Loitsch, Schüptitz, Göhren, Neundorf, Grochwitz, Döhlen, Staitz hatten ähnliche russische Einquartierung.
Am 21. Dezember 1818 lag in Weida der Brigade- und Divisionsstab, das leichte Artillerie-Regiment 18 in Veitsberg, Zossen und Köckritz, der Artillerie Park Nr. 4 in Großfalka und Rußdorf, die Pionier-Komp. in Weida, das Kosaken-Reg. Grebzow in Kulmitzsch, Friedmannsdorf, Großkundorf, Teichwolframsdorf,Waltersdorf, Geißendorf. Das Kosaken-Reg. Krpoff lag in Berga, Eula, Markersdorf, Kundorf, Weida, Teichwitz, Zickra, Dittersdorf, Albersdorf, Wernsdorf.

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Die Holzbrücke und die große Eisfahrt 1830

Schon zur Zeit der Klöster befand sich zwischen Wünschendorf und Veitsberg eine Brücke über die Elster*), im Jahre 1576 wurden wegen Neubaues derselben Verhandlungen gepflogen, die auch zum Ziele führten. Im siebenjährigen Krieg scheint die Elsterbrücke für beide Parteien von Bedeutung gewesen zu sein, denn zuweilen lag monatelang eine Brückenwache dort. Am 27. Februar 1784 wurde die Brücke durch eine gewaltige Eisfahrt zerstört. Die jetzt vorhandene Holzbrücke, ein Kunstbau damaliger Zeit, wurde im Jahre 1786 vom sächsischen Staat errichtet; der Schömberger Forst lieferte die gewaltigen Baumriesen, der Pächter des Kammergutes Mildenfurth mußte die Hälfte der Fuhren leisten, während die Bauern des Kirchspiels Veitsberg, zu dem in jener Zeit auch Großfalka gehörte, die übrigen Frondienst-Fuhren verrichten mußten, dafür waren, aber auch der Pächter und jene Bauern samt denen, die zum Mühlzwang Mildenfurth gehörten, vom Brückengeld frei. Als der Bau fertig war und eine Probebelastung vorgenommen wurde, schaute der Baumeister, den seine Leute nur den „schönen Hans" nannten, von der Höhe des Bornberges zu; mit dem Zusammenbruch der Brücke sollte auch sein Leben enden, allein sein Werk bestand die Probe zur Freude aller Bauleute glänzend. Noch heute bewundert wohl jeder Fremde, der durch diese Brücke schreitet, den stolzen Bau und die gewaltigen Stämme, die in denselben eingefügt sind, ein Schindeldach**) und seitlicher Bretterbeschlag schützt alles Holzwerk vor Fäulnis. So manche Ausbesserungen mußten im Laufe der Zeit an der Brücke vorgenommen werden, ganz besonders umfangreich waren sie im Jahre 1830. Zu jener Zeit wurde der doppelte Bohlenbelag von den senkrecht stehenden Balken, die noch ungefähr 1,50 m tiefer als große Zapfen unter die Brücke hinunterragten, getragen. Durch die gewaltigen Eismassen der denkwürdigen Eisfahrt am 26. Februar 1830, die sich vor der Elsterbrücke stauten, wurden die Zapfen, nachdem sie denselben lange Widerstand geleistet hatten, so daß das ganze Flussbett, von der Brücke bis zum Wehr mit Eisblöcken vollgestopft war, abgebrochen, der Brückenboden fiel durch, und aller Verkehr durch die Brücke war auf viele Monate unterbrochen.

*) In Zeillers Itineravium Germaniae, druckt 1532 zu Straßburg, heißt es von Veitsberg ..... "allda eine gedeckte Brücke".
**) Ein Schock Schindeln kostete im Jahre 1652 drei Groschen; 1 Hauptstamm zu Schindeln und Faßholz kostete um 1540 fünf Groschen.

Um
wenigstens einen Uebergang für den Fußverkehr herzustellen, wurden an beiden Enden der Brücke Leitern angelehnt, auf die sich kreuzenden wagrechten Balken wurden Bretter gelegt, und so konnten Personen, wenn auch nicht ohne Gefahr, die Elster überschreiten. Da die Wasser- und Eismassen bei jenem großen Eisgang wegen der Verstopfung an der Holzbrücke ihren gewöhnlichen Lauf nicht nehmen konnte, bahnten sie sich einen Weg durch das Dorf überall Zerstörung und Verheerung anrichtend.


Haus Nr. 1, dem Bauer Schneider gehörig, stand gar bald vollständig unter Wasser, umgeben von tobenden Eismassen, da den Bewohnern die Flucht abgeschnitten war, eilten sie in die Oberstube, nur der alte Vater, der so manche Eisfahrt schon erlebt hatte, war nicht zu bewegen, seine Stube zu verlassen; mit unheimlicher Schnelligkeit stiegen die Wasser, er trat, da Wasser und Eis die Tür fest zupreßten, auf den großen eichenen Tisch, und als das Wasser noch höher stieg, kletterte der furchtlose Mann auf den altmodischen Kachelofen und glaubte sich schon gerettet - doch immer höher stieg die Flut - dazu fing auch der Ofen, vom Wasser aufgeweicht, an, sich unter der ungewöhnlichen Last zu neigen; nun rief er endlich um Hilfe. Da die Seinigen die Stubentür auch von außen nicht zu öffnen vermochten, suchten sie in aller Eile durch Dielen und Decke eine Oeffnung zu hauen, allein während dieser Arbeit, die bei dem Mangel an geeignetem Handwerkszeug nicht schnell genug ging, verstummten plötzlich die Rufe, der Kachelofen war zusammengesunken und der alte Schneider in seiner Wohnstube ertrunken; die Hilfe kam zu spät. Von dem Hause des Floßmeisters Weyrauch wurden drei Wände von der Strömung hinweggespült, so daß das Obergeschoß sich bedenklich nach vorn neigte, die Bewohner*) flohen aus der Oberstube und retteten sich auf den Scheunenboden. Das Haus des G. Knoll, zwischen Obermühle und Wehrkopf stehend, wurde von den tosenden Fluten ganz weggerissen und 37 Häuser von Wünschendorf so beschädigt, daß sie gestützt werden mußten; in der Obermühle ertranken drei Personen. Im ganzen Dorfe kamen vier Personen, eine Anzahl Pferde, 56 Rinder, fast alle Schweine und alles Kleinvieh in den Fluten um; Haus- und Ackergerät, Werkzeuge, Brenn- und Nutzholz, Heu, Stroh, Körbe führten die Wassermassen mit fort und vernichteten und verdarben viele Vorräte. Nach der Eisfahrt bot der Ort ein trostloses Bild. Nach Anordnung der Behörde wurden die Schäden festgesetzt: Haus Nr. 30 hatte einen Schaden von 479 Thalern, Nr. 35 einen solchen von 500 Thalern, Nr. 34 einen solchen von 608 Thalern usw.; dem Heilgehilfen Pl. Waren alle Salben und Pflaster verloren gegangen. Um den Geschädigten aufzuhelfen, wurde im Lande eine allgemeine Sammlung veranstaltet, die die Summe von 2000 Thalern brachte, zu welcher der damalige Großherzog Carl Friedrich noch 1000 Thaler hinzufügte. Es dauerte Jahre, ehe alle Schäden an Häusern, Gärten und Wegen beseitigt waren. Wohl wurde manches Wahrzeichen an jenen Eisgang angebracht, doch nur eins ist noch erhalten am Wohnhaus von G. Hartmann.

*) Als der Besitzer Weyrauch sein Haus wieder aufbaute und zwischen Wohnhaus und Scheune ein fester Giebel errichtet werden mußte, ließ er in demselben eine Tür herstellen und leicht mit Ziegeln aussetzen; daneben lehnte er eine Spitzhacke, damit bei eintretender Hochwassergefahr die Tür sogleich durchgeschlagen werden können und den Bewohnern ein Weg zur Flucht offen stünde.

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Kriegszeit 1870 - 71

Mit Gott für Fürst und Vaterland zogen 1870/71 ins Feld:
Heinrich Diezold - Veitsberg, Inf.-Reg. 83, gest. zu Buc bei Versailles.
Hermann Kühn - Untitz, 14. Husaren, gest. bei Sedan.
Hermann Mittenzwey - Zossen, Inf.-Reg. 94, vermißt.
Gottfr. Plarre - Großdraxdorf, Inf.-Reg. 94.
Franz Geinitz - Cronschwitz, Inf.-Reg. 94, ritter des Eisernen Kreuzes II. Klasse
Karl Geinitz - Cronschwitz, Inf.-Reg. 94.
Karl Schmöller - Veitsberg, Inf.-Reg. 94, Weißenburg, Wörth, Sedan, Armschuß.
Gottlieb Geßner - Wünschendorf, Inf.-reg. 94.
Heinrich Löscher - Wünschendorf, Inf.-Reg. 94.
Karl Tischendorf - Wünschendorf, Inf.-Reg. 94
Karl Friedrich - Wünschendorf, Inf.-Reg. 106, Sedan, Paris.
Heinrich Fickwirth - Wünschendorf, Inf.-Reg. 94.
Karl Focke - Zossen, 2. Ref.-Jäger-Bat.

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Wünschendorf

Die ältesten Nachrichten über den Ort, da jetzt Wünschendorf sich ausbreitet, lagen wohl gegen 2000 Jahre im dunklen Schoße der Erde, ungeschrieben, ungedruckt; getreulich bewahrte sie das Erdreich, bis Männer der schweren Arbeit sie ans Tageslicht beförderten. Brunnenbauer fanden auf einem Grundstück an der südlichen Seite des Mosener Weges in einer Tiefe von mehr denn 10 Metern im Jahre 1913 eine prähistorische Feuerstätte: Aschenreste, umlagert mit glatten, rissigen Kieselsteinen, und am Tage des Ausbruchs des Weltkrieges öffneten Steinbrucharbeiter bei ihrer Arbeit im Kalkwerk R. Völkel, östlich vom Bahnhof eine Kalksteinspalte, in der sich Skelette in hockender Stellung miteinander zugekehrten Gesichtern fanden.

Das die Spalte füllende Erdreich zeigte beiderseits deutlich die rundlichen Abdrücke der Hinterköpfe.
Umherstreifende Jägerhorden, deren ständiger Aufenthaltsort vielleicht die Lindenthaler Höhle bei Gera gewesen sein mag, mögen jene Spur ihres Daseins zurückgelassen und ihre Toten in die Felsspalte zur letzten Ruhe gesenkt haben.
Im Abraum der Spalte fand Schreiber dieser Zeilen einen Fellschaber, einen seltsam geformten Feuerstein, ein kleines Feuersteinmesserchen, einen durchlochten Biberzahn und die rechte Hälfte eines Unterkiefers vom Fuchs.
Auch die Funde auf dem Dachshügel: undurchbohrte Steinbeile beweisen, daß schon in der ältesten Steinzeit Menschen unser Elstertal als Jäger, Fischer und Sammler aufgesucht haben; sie jagten in der Eiszeit Mammut, Nashorn, Renntier.
Als von Osten her unaufhaltsam die Sorben, ein Stamm der Wenden, über die Elbe vordrangen, gelangten einzelne Sippen auch in unser Elstertal, und dürfte wohl durch eine derselben Wünschendorf als feste Siedlung, falls vorher nicht schon eine kleine Reihe Hütten vorhanden war, entstanden sein.
Wie alle sorbischen Orte, so erhielt auch die neue Niederlassung einen Namen, neuere Forscher auf diesem Gebiet, so die Herren Prof. Dobenecker, Geh. Archivrat Schmidt, Schleiz, Fabrikbesitzer Friedr. Pfeifer, Weida, neigen der Ansicht zu, daß die Bezeichnung Vaznici - Vaschnistorff einst der alte sorbische Name für Wünschendorf gewesen sein könnte.

Papst Gregor IX. bestätigt 1230 dem Kloster Mildenfurth seine Besitzung daselbst. 30. I. 57 Vaschnistorff ist ein altsorbischer Sippendorfname; Vaznici
= Siedlung der Sippe des Vaznja, Kurzform von Vadimir = Streitruhm, Vada = Streit, Mir = Ruhm, berühmt.*).

974. Als in Veitsberg Graf Attribo (Essicho) sein festes Haus und das Kirchlein erbauen ließ, siedelte er daselbst auch fränkische Ritter und Dienstleute an, und diese mögen das gegenüber auf dem rechten Elsterufer liegende Vaznici als wendisches Dorf - Wendendorf - bezeichnet haben.

Wenn es in der Ausstattungsurkunde des Klosters Mildenfurth I 38 vom Jahre 1209 heißt „slavica villa Mildenvorde", so dürfte vielleicht damit Vaschnistorff - Wünschendorf - gemeint sein. Wahrscheinlich hat Graf Attribo die in der Talebene von Wünschendorf liegenden Grundstücke der wendischen Bewohner zu einem größeren Gut zusammenfassen lassen, und dieses mußte die Insassen seines festen Hauses genügend mit Nahrungsmitteln versorgen.

*) Die Völker unserer Heimat. Von Friedrich Pfeifer, Fabrikbesitzer, Weida, S. 130

So erklärt
sich wahrscheinlich die Entstehung des einstigen Kammergutes von Wünschendorf, aber auch die Lage der Grundstücke der Landwirte des Ortes.
Zu jener Zeit dürfte schon ein Steg oder eine Brücke zwischen Wünschendorf und Veitsberg vorhanden gewesen sein, damit das „Tischgut" in Wünschendorf die Bewohner des festen Hauses in Veitsberg regelmäßig mit Lebensmitteln versorgen konnte, später auch für die Wallfahrer, welche die Veitskirche und die beiden Klöster besuchten.
1143 verließ Graf Erkenbert II. Veitsberg und sein festes zerstörtes Haus und siedelte auf die Burg zu Weida über.

Wir haben auch durch solche privilegien gehört, dasz ein schloss vor der kirchen Veitsberg gelegen hat und eine stadt, do das Wünschendorf liegt, die geheiszen hat Gleiszburg, do unser eltern einer geherrschet und sein wesen gehabt, genannt graff Heinrich von Osterode, den man die zeit geheiszen hat, den frommen grafen, der von dann hin auf Weyda schlosz und stadt geleget und gebaubet hat. (Geh. Archivrat Dr. Schmidt. III. Heft S. 20.)

1168 am 21. Oktober Einweihung der durch Erkenbert wieder aufgebauten Veitskirche durch Bischof Gerung von Meißen.
1193 Gründung des Klosters Mildenfurth durch Vogt Heinrich den Reichen von Weida.
1209. In der Schenkungsurkunde des Klosters Mildenfurth werden als schon vorhanden genannt: slavica villa Mildevorde = Wünschendorf, Conevicy = Cronschwitz, Trachinsdorf = Großdraxdorf, Czossen = Zossen.
1238 Gründung des Klosters Cronschwitz durch Gräfin Jutta.
1287 wird ein Henricus de Zossen genannt.
1333 hatte die Kapelle zu Köckritz ihren eigenen Priester: Dietrich.
1342 wird Schurtown = Zschorta genannt.
1342 am 26. Oktober tritt Nycclaus von Mosin unde Reynlin sin sun das Wasser und die vischserie in der Elster an die heiligen clostervrowen zcu Cronschwitz ab. sunnabende vor sente Symon unde Judetage. U. B. I. 848.
1351 saßen auf Mosen die Gebrüder Burgold und Reinlin.
1436 hielt Herzog Siegismund seine große Jagd im Elstertale ab.
1441 erhielt der Erzkretzschmar von Wünschendorf das Recht zu malzen, zu brauen und Bier vom Faß zu schenken.
1517. Bis zu diesem Jahr stand hinter dem Gasthof von Wünschendorf am Mosener Weg eine Kapelle.
1528 jagte Joh. der Beständige im Elstertal.
1544 Aufhebung der Klöster Mildenfurth und Cronschwitz. Auf dem Kloster Mildenfurth mußten folgende Einwohner von Wünschendorf Frondienste leisten: G. Baumgärtel, G. Müller, Joh. Bergner, Heinrich Schlutter, G. Crienitz, G. Schumann, Joh. Männel, G. Teller, Joh. Feustel, G. Trautloff, G. Friedrich, G. Weyrauch, G. Fischer, Joh. Obenauf, Fr. Zinkeisen, Aug. Geßner, Mich. Dix, Gottl. Zipfel, Gottfr. Knolle, G. Zippel, Chr. Löscher, Joh. Zschäck. Sie mußten Heu- und Grummetfrone, Ernte- und Handfrone leisten.

1545 tobte ein heftiger Streit wegen der Braugerechtigkeit der Wünschendorfer, ein Aktenstück von 134 Seiten zeugt davon.
1557 verkaufte Matthes v. Wallenrodt die Obergerichtsbarkeit über Wünschendorf, Untitz und Falke an den Herrn von Wildenfels auf Schloß Ronneburg für 800 Gulden.
1563 am Donnerstag nach Michaelis sprach die Gemeinde Wünschendorf an Hauptmann M. von Wallenrodt die Bitte aus, daß sich in Wünschendorf Handwerker ansiedeln dürfen.
1568 nahm Amt Ronneburg in Wünschendorf Aushebungen vor zum Krieg,
1618 - 1648 der dreißigjährige Krieg, die Einwohner von Wünschendorf haben viel zu leiden, müssen flüchten.
1625 am 14. Februar muß Wünschendorf laut Anordnung des Oberforstmeisters Römer sich in voller Anzahl an starken Mannschaften zur Wolfsjagd melden bei 8 Groschen Strafe.
1644 am 30. Januar wird den Untertanen von Wünschendorf nochmals ernstlich befohlen, sich zur Wolfsjagd zu stellen bei 10 Taler Strafe, von 14 Tagen zu 14 Tagen.
1647 brachte Hans Rogler die ersten Kartoffeln ins Vogtland.
1648 am 3. Juli wurde zu Wünschendorf und Endschütz wieder Korn geschnitten.
Von 1658 an mußte bei Hochzeiten und Kindtaufen Geld zu Glockensträngen gezahlt werden.
1670 hatte Wünschendorf im oberen Dorfe 20 Familien, in der Gasse 10 Familien, auf dem Anger 20 Familien, zusammen 97 Einwohner.
1670 lagen in der Gasse noch 2 Gehöfte in Schutt und Asche; die Gasse hieß früher „Schuhgasse" und wurde daselbst zur Klosterzeit an Wallfahrtstagen Markt abgehalten.
1671 nahm die Zeugmacherinnung von Weida dem Wollkämmer Müller zu Wünschendorf Werkzeug und Garn weg.
1694 brachte die Elster furchtbares Hochwasser, das in Wünschendorf unendlichen Schaden anrichtete.
1706 ließ der Herzog von Altenburg um Wünschendorf, Untitz und Falke Säulen setzen mit dem kurfürstlichen Wappen, damit diese Dörfer von schwedischer Einquartierung verschont blieben.
1719 wurde die Ziegenhütung im Walde verboten.
1732 am 4. September erhielt Joh. Zinkeisen einen Platz an der Kühkorbfichte zur Anlegung von Gartenbeeten. Rente 3 Groschen.
1733 brannte ein Stock vom Gemeindehaus zu Wünschendorf ab durch böswillige Brandstiftung.
Um 1733 wurden Kartoffeln auf Feldern angebaut.
1749 am 30. Dezember erhielt Michael Fischer einen Platz vom früheren Klosterbesitz zur Anlage eines Weinberges.
1756-1763 der siebenjährige Krieg.
1758 rückten grüne Husaren durch nach Gera.
1758 im November jagten 80 österreichische Reiter starke Lieferungen an nach Zwickau, ihre Anwesenheit mußte geheim gehalten werden.
1758 starke Lieferung an Haber, Heu, Häckerling und Brot für die Preußen nach Berga.

1759 Fortsetzung der Lieferungen, Einquartierungen, Aushebungen von Rekruten, an der Brücke Wachtpikett; österreichische Reiterei - Kroaten - verlangen von der verarmten Bewohnern ausgezeichnete Verpflegung.
1759 Ernte außerordentlich gering, Hagelschlag; 1 Schock gab kaum ein Viertel Körner.
1760 ungeheure Lieferungen an sächsische Magazine, aber auch an Preußen, dazu Boten stellen.
1761 die Brückenwache muß versorgte werden, jedes Haus übervoll von Einquartierung, die 20 Bauern mussten zusammen 78 Zentner Mehl, 113 Scheffel Hafer, 227 Zentner Heu abliefern. Große Teuerung: 1 Scheffel Korn 15 Taler, 1 Pfund Butter 1 Taler, 1 Paar raue Schuhe 2 Taler, 1 Elle grobe Leinwand 10 Groschen, 1 schlecht „Schnupftuch" 16 Pf.
1761 wird oberhalb des Wehres eine Schiffbrücke über die Elster geschlagen, über die die Reichsarmee abrückt.
1762 Zietenhusaren als Einquartierung; jedes Bauernhaus soll 40 Scheffel Haber, 20 Zentner Heu, 20 Zentner Stroh schaffen; alles Vieh nach Gera weggetrieben; Lazarett einrichten. Der Amtsrichter von Wünschendorf darf Nachts Licht und Feuer nicht ausgehen lassen, immer 3 - 5 Boten bereithalten.
1763 am 21. März Friedensfest im Kirchspiel.
1763 Wünschendorf klagt gegen Großfalka wegen Soldatengeld.
1766 Einwohner von Wünschendorf wollen auf Schloß und Amtshause Mildenfurth keine Nachtwachen mehr tun, müssen 19 Taler 22 Gr. Strafe zahlen.
1768 „Baumann" Hans Kurtze aus Wünschendorf repariert die Veitsberger Schule für 48 Taler 20 Gr. Wünschendorf zahlt davon 10 Taler 6 Gr.
1764 am 12. Dezember erhielt Rosina Fischer einen wüsten Fleck zur Erbauuung eines Hauses, 12 Gr. Rente.
1768 holen etliche Einwohner auf Schubkarren Salz in Sulza.
1769 am 29. August Großfeuer in Cronschwitz, 13 Bauerngüter sollen niedergebrannt sein.
1783 wurden amtlich die Namen der Personen festgestellt, die das Recht hatten, bei Hochwasser in der Elster mit Kratzhamen zu fischen.
1784 am 27. Februar wurde die Elsterbrücke durch eine gewaltige Eisfahrt zerstört.
1786 wurde die jetzt noch vorhandene Holzbrücke erbaut durch Hans Kurtze; und 3000 Reichstaler dazu verwendet.
1772 war ein schreckliches Hungerjahr; „im Mund und Schlund mehrerer Toten fand man Heu und Stroh, den Hunger zu stillen", junge Leute wandelten als Greise und Skeletts umher.
1773 erhielt Joh. Schreck einen wüsten Platz am „Forwergk Felle" am Mosener Weg, Rente 2 Gr.
1779 kaufte Amt Mildenfurth und Weida zusammen 1.400 Scheffel Salz für seine Einwohner,
1779 am 1. Mai richtete eine „Windsbraut" - Wirbelwind - und eine Wasserhose arge Verwüstung an, warf Knopf und Fahne des Spitzturms in ein Rübenfeld auf Gebind, ruinierte zu Veitsberg die Schule, stürzte Gebäude um, führte Betten, Kleider, Heu und Stroh durch die Luft, im „Churfürstlichen Gasthof" zu Wünschendorf (Kammergut) hat es eine Mauer, 2 Ellen stark, 3 Ellen hoch, 6 Ellen lang weggenommen und in den Garten geführt. Greuel der Verwüstung, warf Schafbrücke in die Weida.
1787 bei Zossen ein Schafjunge vom Blitz erschlagen.
1790 brannte der Schafstall zu Markersdorf bei Berga ab, 1100 Schafe und 403 Lämmer kamen in den Flammen um.
1792 am 9. März rückte ein Bataillon Preußen durch mit 6spännigen Wagen, Soldaten grüne Röcke, rote Aufschläge, zweistutzige Hüte.
1792 am 22. Juni marschierte Heer von 20.500 Preußen teils durch Wünschendorf (Reg. v. Wolfersdorf); Reg. v. Hohenlohe lag in Veitsberg im Quartier - führte 230 Wagen mit sich, darunter Pulver- und Geldwagen, und schweres Geschütz.


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Wünschendorfer Notgeld



Um den durch die beginnende Inflation verursachten empfindlichen Mangel an Kleingeld abzuhelfen, erhielt auch Wünschendorf nach langen Verhandlungen im Sommer 1921 die Erlaubnis von der Behörde, Notgeld herauszugeben. Es wurde beschlossen, zwei Serien in Umlauf zu setzen, jede sollte vier Scheine umfassen. Die eine Seite zeigte auf der Vorderseite der Scheine Illustrationen zur Sage vom Silberberg.

1. Webermeister Hansjörg Kühlemorgen ohne Sorgen.
2. Hansjörgen bei den Zwergen als Kegelaufsteller.
3. Kegel und Kugel sind dein, steck' flink sie alle ein.
4. Der Spuk ist aus; der Höllenhund fordert Kegel und Kugeln zum Schmaus.

Wert dieser Scheine je 75 Pfennig.

Die andere Serie brachte Abbildungen historischer Bauwerke der Heimat.

Den einen Schein zierte im Mittelfeld ein Bild der Veitskirche, während die beiden Seitenfelder den Glockenspruch der bei einem Trauergeläut in der Kriegszeit zersprungenen Mittagsglocke links lateinisch und rechts deutsch brachten.

Ein zweiter Schein zeigte in der Mitte das jetzige Hauptgebäude vom Kloster Mildenfurth, zur Linken einen Prämonstratenser Mönch in seiner weißen Tracht und zur Rechten das einzigartig schöne Rundportal der früheren Klosterkirche.

Auf einem dritten Schein erblickte man den östlichen Eingang der 1786 erbauten Holzbrücke über die Elster, einen mit 4 Pferden bespannten Frachtwagen vor dem geschlossenen Schlagbaum und das Haus des Brückengeldeinnehmers; im Gegensatz dazu als neuzeitliches Beförderungsmittel einen Güterzug und als Unterschrift den Notschrei des früheren, aus der guten alten Zeit stammenden, weitgefahrenen Fuhrwerksbesitzers, er fuhr mit seinem Frachtwagen bis Schwinfurt und Frankfurt a. M.. Karl Hilbert aus Veitsberg: Der Teufel hat den Dampf erdacht und uns Fuhrleute ums Brot gebracht!




Der 4. Schein führt uns in die Zeit der Holzflößerei auf der Elster, die linke Abbildung stellt einen Flößer beim Nachtrieb dar, das Hauptbild des Floßrechen oberhalb des Wehres mit Unmengen angetriebener Flößscheite und das rechte Seitenbild einen Flößholzdieb, an dem das Floßgesetz handgreiflich ausgelegt wird.
Jeder Schein dieser Serie hatte den Wert von 50 Pfennig. Die Rückseite aller 8 Scheine trug außer dem Wünschendorfer Wappen noch eine Bemerkung über die Dauer der Gültigkeit.




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Unsere im Weltkrieg 1914 - 18 im Feindesland gebliebenen Väter und Söhne

Alfred Pipping 25.08.1914 Emil Voigtmann
12.04.1917
Max Rümmelein 11.09.1914 Alfred Selzer
30.04.1917
Erich Pipping 03.11.1914 Albin Wirth
05.05.1917
Arthur Piehler 23.10.1914 Karl Kern
08.05.1917
Walter Bethmann 14.11.1914 Emil Kaiser
07.06.1917
Walther Leicht 19.11.1914 Paul Knoll
01.08.1917
Otto Hönig 20.01.1915 Erich Schumann
23.09.1917
Kurt Schmidt 17.03.1915 Ernst Meusel
09.10.1917
Otto Müller 29.04.1915 Oskar Schmutzler
10.10.1917
Friedrich Schiller 24.07.1915 Alfred Gruner
04.02.1918
Willy Uhlmann 01.08.1915 Otto Busch
03.04.1918
Oswald Schmeißer 05.08.1915 Max Helm
15.04.1918
Alfred Urban 15.08.1915 Richard Hammerer
02.05.1918
Ernst Pfeifer 18.08.1915 Franz Richter
23.07.1918
Alfred Lämmer 22.08.1915 Max Lippold
15.08.1918
Walter Hilbert 25.10.1915 Otto Piehler
15.08.1918
Willy Merbold 09.03.1916 Walther Römer
23.08.1918
Alfred Rost 09.03.1916 Hans Gräf
01.09.1918
Erich Hausmann 07.04.1916 Kurt Zehe
04.10.1918
Otto Grübner 26.05.1916 Max Römer
10.10.1918
Otto Eisentraut 07.06.1916 Richard Hilbert
27.10.1918
Max Dölz 26.08.1916 Max Schmidt
12.02.1919
Fritz Enders 15.10.1916 Arthur Röhlig
27.06.1919

Vermißt: Walther Reuß


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Sagen

1. Unweit des Zoitzberges in nördlicher Richtung liegt eine mit Bäumen bewachsene Bergkuppe, die den Namen
Büchsenberg führt. Die Einwohner der benachbarten Orte erzählen, daß im Bruderkrieg nach der Eroberung von Gera im Jahre 1451 der Kurfürst Friedrich hier sein Lager aufgeschlagen hatte, während sein Bruder, der Herzog Wilhelm, auf dem steilen am linken Elsterufer sich erhebenden Heerberg seine Zelte errichtet hatte. Im hellen Lichte der aufgehenden Morgensonne erblickte eines Tages einer von des Kurfürsten Kriegsmännern den Herzog Wilhelm, der in eins der Zelte ging. Schnell lief er zu seinem Herrn und sprach: „ Ich richte meine Donnerbüchse auf jenes Zelt und mache mit einem Schusse dem unseligen Krieg ein Ende." Der Kurfürst aber soll ihm entgegnet haben: „Schieß wen du willst, nur meinen Bruder nicht!" Diese milde Rede erfuhr der Herzog Wilhelm, und nach kurzer Zeit schlossen die feindlichen Brüder Frieden.

2. Am linken Elsterufer dicht bei dem Gasthof zur kleinen Mühle liegt im Wasser an einer etliche Meter tiefen Stelle ein gewaltiger graugelber, fast viereckiger Kalkfelsen, „der Nixenstein" genannt, der seit Jahrhunderten zur Zeit der Eisfahrt den mit furchtbarer Wucht anstürmenden Eisschollen trotzt. Hier war seit uralten Zeiten die Wohnung einer Nixenfamilie. Nur zuweilen verließ sie dieselbe, um ihr Sommerhaus in der stillen Einsamkeit unterhalb Großdraxdorf zu beziehen. Der alte Fischer E., der oft nächtlicher Weise noch an seinem Fischwasser saß am Fuße des geheimnisvollen Schloßberges, sah sie einst im Mondschein auf der blauen Flut dahinwandeln. Voraus eilten zwei liebliche Töchter, deren langes Haar goldgrün wie die Flügeldecken des prächtigen Laubkäfers Goldschmied schillerte, zuweilen lustig auf den Wellen hüpfend, so daß der Saum ihrer Kleider dieselben berührte, hinter ihnen bedächtig die beiden Alten daherschreitend.
Früher hatte die Familie ihre feine, mit zierlichen Kanten versehene Wäsche auf dem grünen Rasen bei Meilitz gebleicht*) und keiner der friedlichen Dorfbewohner wagte, sie bei ihrer Arbeit zu stören. Nachdem aber einmal ein Schäfer, der später auch in der Elster an einem großen Stein ertrank, der noch heute den Namen „Schafstein" führt, seine Herde durch die Hunde über die Wäsche hetzen und diese dadurch beschmutzen ließ, zogen sie in die Großdraxdorfer Flur, wo sie ganz ungestört ihr Wesen treiben konnten.

*) Schwimmt auf der Elster viel Gicht (Schaum), so hört man von einzelnen alten Leuten noch: die Nixen waschen.

Der Besitzer, auf dessen Wiese sie bleichten, mähte an der Stelle kein Gras, um sie ja nicht zu verscheuchen, und sein Weib betrachtete nur aus weiter Entfernung neugierig und mit scheuer Ehrfurcht die zarten Gewebe. Als bei einem Hochwasser jener Wiesenbesitzer in der Elster fischte, las sein Sohn, ein munterer Knabe von wohl zehn Jahren, die Fische auf; um eine gefangene Schmerle, die auf dem schlüpfrigen Boden schnell dem Wasser zurutschte, noch zu erhaschen, griff der Knabe hastig zu, verlor dabei aber den festen Boden und stürzte in die reißenden Fluten. Der unverzagte Vater suchte sogleich sein Kind zu retten; doch vermochte er es nirgends auf den schäumenden Wellen zu entdecken. In seiner Herzensangst schrie er: „Vater Nix, rette du mein Kind!" Und siehe, gar nicht weit vom Ufer tauchte plötzlich der Knabe empor; der Vater zog ihn freudig erregt heraus und eilte heim.
Am Nixenstein und in anderen tiefen Teilen wollen alte Leute dem seltsamen Spiel der Nixen zugeschaut haben, und noch jetzt verbieten manche Anwohner der Elster ihren Kindern streng, Steine in das Wasser zu werfen mit den Worten: „ Du wirfst ja die Nixenkinder tot." Als einmal ein Knabe in der Elster ertrunken war, hörte man die Meinung, ihn habe der Wassernix hineingezogen, da er oft Steine in das Wasser geworfen.
Die beiden Töchter des Bauers H. zu Meilitz veranstalteten einmal an einem Novemberabend eine Spinnstube und alle Burschen und Mädchen des Dorfes wurden dazu eingeladen. Jedes Mädchen hatte sein Spinnrad mit einem dicken Rocken blendendem Flachs, den ein buntes Band in etlichen Windungen zierlich umschlang, welches mit einer langen Busennadel mit beinahe haselnußgroßer, roter Kuppe festgesteckt war, mitgebracht. Schon sind alle Geladenen versammelt; hurtig drehen sich die Räder, flink greifen die Hände nach den Flachsfasern am Rocken und ziehen sie heraus, dabei den Faden bildend und oft werden die Finger benetzt, um mit raschem Zuge denselben zu glätten, ehe er der Spindel zueilt. Plötzlich klopft es eigentümlich leise an die Tür. Fragend schauen sich die Anwesenden an; denn es fehlt ja niemand mehr. Geschäftig erhebt sich der Bruder von seinem Schemel am altmodischen Kachelofen, eilt zur Tür hinaus und führt nach kurzem Gespräch noch zwei fremde Mädchen herein an den Tisch mit den Worten: „Das sind die beiden jungen Mädchen unserer gnädigen Frau von Raschau, ich lud sie schon vor einiger Zeit zur Spinnstube."
Nach kurzem Gruß sitzen sie bei den anderen, und geschickt fangen die Nadeln die Maschen. Mit neidischen Blicken schauen die Mädchen das prächtige Haar, in das seidene Bänder künstlich geflochten sind, und mancher Bursche bewundert die feinen Hände. Endlich ruht alle Arbeit, und Spiel und Tanz ergötzt die kleine Schar; doch ganz unvermutet scheiden jene beiden Mädchen, da sie nicht länger bleiben dürften. Da in den nächsten Wochen sich dieselben aber gar nicht einmal wieder sehen ließen, frug man nach und erfuhr, dass die gnädige Frau gar keine neuen Mädchen gehabt habe. Es waren die beiden Nixentöchter gewesen, die der Bruder im Uebermut eingeladen hatte, als er um Mitternacht am Nixenstein vorübergehend, vom Tanz aus der kleinen Mühle heimkehrte.

3. In Wünschendorf lebte in alter Zeit die fromme und fleißige Mutter Z. in einem niedrigen Häuschen am Röhrenstuhl. Den ganzen Tag saß sie auf ihrem Platze hinter dem kleinen Fenster und spann Wolle. Sie verließ ihn nur, um ihr kärgliches Mittagsmahl zu bereiten und zu verzehren, nach kurzer Zeit kehrte sie schon wieder zu ihrer Arbeit zurück und brachte nicht selten gleich ein Töpfchen mit Kaffee, den sie aus gerösteten Rübenwürfeln gekocht hatte, mit, um den ganzen Nachmittag ungestört spinnen zu können. Im vorigen Herbst hatte ihr eine freundliche Nachbarin einen Henkelkorb voll prächtiger gelben Rüben geschenkt; aus demselben hatte sie viele scharfkantige Würfel geschnitten, und als auf dem unweit ihres Häuschens liegenden Kammergut der Backofen geheizt und die Kirmeskuchen gebacken worden waren, hatte sie noch drei Kuchenbleche voll im heißen Ofen gedörrt, nun aber ging ihr Vorrat bald zu Ende. Auch ihr Holzboden war beinahe ganz leer; darum eilte sie an sonnigen Herbsttagen nach dem hinteren Schlüsselberg, um vom dürren Holze einen Vorrat für den Winter einzutragen. Als sie da eines Tages mit der schweren Last auf dem Rücken den schmalen Rand am Gemeindesteig dahinschritt, lag am Kuhkäfig unweit der Kühkorbfichte ein alter, lederner Ranzen, den sie, obwohl er ziemlich schwer war, mit nach Hause nahm.
Nachdem sie ihre dürren Aeste sorgfältig in die Ecke des kleinen Hofes gebaut hatte, schnürte sie behutsam das Ränzlein auf, und zu ihrem Schreck hüpfte ein kleines, graues Männchen (ein Gramannel) heraus, welches eiligst hinter den Ofen kroch und kläglich bat, doch während der Nacht an diesem Plätzchen bleiben zu dürfen. Mutter Z. willigte zaghaft ein, schaute während ihrer Arbeit oft ängstlich nach jener Ecke und schob, als sie zu Bett ging, den alten Holzriegel fest vor, während sie die Kettel an ihrer Kammertür innen gut in den Haspen legte.
Zeitig erhebt sie sich am frühen Morgen von ihrem harten Lager, eilt die steile Holztreppe hinab, öffnet beherzt die noch wohlverriegelte Stubentür, wirft einen scheuen Blick nach der Ofenecke, und da sie zu ihrem größten Erstaunen das Männchen nirgends ausfindig machen kann, bereitet sie sich eine Morgensuppe. Da fällt ihr Blick zufällig auch auf das Spinnrad und mit Entsetzen und Freude sieht sie, daß die gestern abgeweiste Spindel wieder dick vollgesponnen ist, und abermals muß sie die Weise drehen, ehe sie spinnen kann. Auch am anderen Morgen war die leere Spindel wieder voll des schönsten Garnes, und so geht es eine Zeit lang. Mutter Z. verbarg ihre Freude und schwieg. Seit ihr aber im vergitterten Beichtstuhl in der alten Veitskirche ihr Geheimnis entschlüpft war, blieb die Spindel leer.

4. Im Eselsgraben ist es nicht richtig das wissen alle Leute und auch schon die Kinder. Mühlknechte von Wünschendorf, die mit Ihren schwerbeladenen Eseln durch die dichtbewaldete Schlucht zogen, und Bauern, die in der Nähe auf dem Felde arbeiteten, sahen zuweilen eine starke, schwarzgekleidete Frau langsam zwischen den uralten Eichen dahinschreiten. Die Leute aus Falke, die in Weida eingekauft oder zum Jahrmarkt gewesen waren, eilten auf dem Heimweg, damit sie noch vor einbrechender Dunkelheit durch den Elselsgraben kämen, und war in Wünschendorf Kirmse, so trat man den Rückweg nur in größerer Gesellschaft an. Der Bauer Hans Veit aus Großfalke hatte nun einmal in der Obermühle zu Wünschendorf gemahlen und war erst gegen Abend fertig geworden, da der Mühlbursche einen Mühlstein nicht gut geschärft hatte. Als Veit bei einbrechender Dunkelheit durch den gefürchteten Wald fuhr, scheuten ganz unvermutet die Pferde, sprangen mit einem Ruck zur Seite und brachen die Deichsel ab. Er aber faßte sie mit scharfem Griff am Zaum, beruhigte die am ganzen Leibe bebenden Tiere, riß darauf das Beil aus seinem Platz am linken Vorderarm des Wagens, hackte die abgebrochene Deichsel an zwei Seiten glatt und suchte sie wieder einzuspassen. Allein die Pferde drängten unruhig zur Seite, und die Arbeit wollte Ihm nicht gelingen. Da auch gar niemand des Weges kam, der Ihm hätte Hilfe leisten können, rief er in seinem Unmut: „Gute Frau, hilf du mir!“ Und siehe, da steht auch schon die Gerufene vor ihm, und eiskalt überläuft es den sonst so beherzten Mann. Mit der Linken hält sie die Pferde, die im Augenblick lammfromm dastehen, mit der Rechten die Deichsel, und bald ist der Schaden ausgebessert. Noch ehe Veit Zeit hat, die Frau näher zu betrachten und sich bei Ihr zu bedanken, ist sie schon wieder in der Finsternis verschwunden mit der Mahnung auch die Späne mitzunehmen. Veit, der Holz genug daheim hatte, achtete nicht auf ihre Worte, schlug derb auf die Pferde ein und war froh, das er aus dem Eselsgraben hinaus war. Ohne einmal anzuhalten, fuhr er den Berg hinauf in den Hof hinein. Der Kleinknecht schirrte die Pferde ab und brachte sie in den Stall. Veit trug einen Sack Mehl in die Wohnstube und schüttete es gleich in den tiefen Backtrog, denn morgen sollte noch Brot gebacken werden. Die anderen Säcke aber trug er auf den Boden und schüttete das Mehl in die lange Mehlkiste. Nur das Gerstenmehl blieb im Sacke stehen. Aus ihm sollten an den nächsten Sonntagen Striezel gebacken werden. Während Veit den ersten Sack Mehl auf den Boden trug, drückte ihn etwas im Schuh. Doch erst, als die Arbeit erledigt war, zog er ihn aus, um nachzusehen. Als er den schweren Schuh umdrehte, fiel ein Span heraus, der im Eselsgraben, als er die Deichsel zurechthackte, hineingesprungen war; denn er hatte seine braunen Lederhosen an den Knöcheln mit Riemen fest zusammengeschnürt. Unwillig hob er ihn auf und warf ihn den Holzvorrat in der Hölle zu. Doch er fiel auf die großen, hellblauen Schieferplatten, mit denen der vordere Teil der Stube belegt war, nieder und gab einen seltsamen Klang. Schnell sprang Veits Knabe danach, hob ihn auf, und als ihn der Vater selbst noch einmal beschauen wollte, hatte er ein glänzendes Goldstück in der Hand. Blitzschnell erhob er sich und eilte zur Tür hinaus, dem Eselsgraben zu, um die Mahnung der guten Frau noch nachträglich zu befolgen. Schweißtreibend kam er an der betreffenden Stelle richtig an, doch nicht ein Span war mehr zu finden.

5. „Den holprigen Schenkenberg gehst du aber heute nicht hinauf“, dachte Meister Rühlemorgen, als er nach elf Uhr nachts aus der Innungsstube in der Untergasse in Weida heraustrat und die Geraische Gasse dahinschritt. Darum schlug er den ebenen Weg nach der Papiermühle*) ein, den er sonst um diese Zeit nie ging.
Heute waren seine Gedanken aber noch mit dem Beschluss der Innung, seinem Gevatter Heinrich Fischer zu Wünschendorf das Zeug vom Stuhle zu schneiden, wenn er nicht endlich vor der Weidaer Innung sein Meisterstück mache, beschäftigt. Deshalb dachte er an nichts anders und überschritt auch, ohne darauf zu achten, an einer schmalen Stelle den Oschützbach. Schon war er auch eine Strecke an der Papiermühle vorbei, da prallte er auf einmal ganz entsetzt zurück. Zu seiner Rechten, aus der schauerlichen Höllenschlucht des Papierberges, strahlt ihm blendend helles Licht entgegen, sein Ohr vernimmt von dort die hellen Stimmen lustiger Menschen und das Klappern fallender Kegel, und bald entdecken sein Augen auch eine große Anzahl kleiner, grauer Gestalten mit langen, wallenden Bärten. Es sind die Zwerge des Silberberges, die hier zum nächtlichen frohen Spiel vereint. Noch hat er sich von seinem Schreck nicht erholt, da sieht er zu seinem großen Erstaunen sogar einen jener Langbärte neben sich stehen und vernimmt die Worte „Komm, folge mir!“ Ganz willenlos schreitet er hinter dem Männchen her, hinein in die gefürchtete Schlucht, und schon glaubt er, am lustigen Kegelspiel teilnehmen zu sollen, als der Aufsteller ihm zurief, “Hier ist Dein Platz, tritt her!“ Auch dieser Aufforderung fügte sich der Meister, ohne ein Wort zu sagen. Wohl hatte er als Knabe so manchmal Kegel aufgestellt, aber heute dünkten ihm dieselben ganz besonders schwer, und die Arbeit erschien ihm recht mühselig. Doch ununterbrochen rollen die kleinen Kugeln, fallen die zierlichen Kegel. Die Ausgelassenheit der Bärtigen wird immer toller, und auch die Miene des Meisters heitert sich auf. Siehe, jetzt hüpft sogar einer aus der Schar vor Freude in die Höhe und klatscht in die schmalen Hände, da er eine „Neun“ getroffen. Nun ist auch des Meisters Zunge gelöst, und aus voller Kehle ruft er: „Alle neune – der Dreier ist meine!“ Doch schon naht das Ende des Spiels. Unbemerkt ist eins der Männlein zu ihm getreten und spricht mit wohlklingender Stimme

„Das Spiel ist aus
wir kehr’n nach Haus.
Kegel und Kugeln sind Dein Lohn,
eil’ und trag sie alle davon.“

Hocherfreut über solchen Lohn steckt er die drei Kugeln in die hinteren Taschen seines langen Rockes, nimmt die Kegel unter den linken Arm und schreitet stolz dem Ausgang der Schlucht zu. Allein, o Schreck, da steht plötzlich vor ihm der große schwarze Höllenhund mit feurigen Augen und weitaufgerissenem Rachen und will ihn nicht hinauslassen. Der Meister aber denkt „Dich will ich aber schon kriegen!“ Nimmt kurz entschlossen die kleinste Kugel , holt aus und wirft sie nach dem Tier. Doch das Tier hüpft mit einem Satz empor, fängt die kostbare Kugel mit seinem tiefen Rachen auf und verschluckte sie. Der Meister traute kaum seinen Augen; doch da ihm der Hund um einen Schritt näher gekommen ist, schleudert er unverzagt noch eine Kugel nach ihm, die derselbe abermals spielend erhaschte und hinunterwürgte. Durch einen schnellen Schritt ist der Meister zwar dem Ausgang näher gekommen; doch das Untier drängt sich immer mehr herbei. Da opfert er noch die dritte Kugel; allein sie hat das selbe Schicksal wie die anderen beiden Kugeln. Um sich vor dem Ungeheuer endlich zu retten, wirft er einen Kegel nach dem anderen nach demselben; aber alle verschwinden in seinem weiten Rachen, und nun hat der Meister noch zwei Kegel: den König und einen anderen gewöhnlichen Kegel. Auch diesen schleudert er mit voller Wucht nach dem Höllenhund; doch auch den erschnappt er und verzehrt ihn wie eine fette Bratwurst. In seiner Verzweiflung ergreift er nun hastig auch noch den König, und schon hat er zum letzten gewaltigen Wurf seine Rechte erhoben, da – schlägt es auf dem Wiedenturm ein Uhr, die schwärzeste Finsternis umgibt plötzlich den Meister, und alles ist im Augenblick verschwunden. Lange steht er und weiß selbst nicht, ob er träumt oder wach ist, doch der König, den er noch krampfhaft in der Hand hält, sagt ihm, daß es kein Traumbild und Schaukelspiel war. Endlich kommt er zu voller Besinnung, vermag seine Glieder zu rühren, schreitet langsam seinem Häuschen zu und bewahrte Schweigen über diese Nacht bis zum heutigen Tag.

*) So liegt auch unter der Stadt Weida gegen Norden eine ist (1619) wohlgebaute Papiermühle, so gut, schön und viel Papier macht" (Günther S. 1160).

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